Der Vorteil einer Bestimmung des Dienstgemeinschaftsbegriffs anhand der konkreten kirchengesetzlichen Ausgestaltung liegt darin, dass sich der Begriff der Dienstgemeinschaft objektivieren lässt und nicht einer subjektiven Auslegung preisgegeben wird, die – von Vorverständnissen oder bestimmten Interessen geleitet – willkürliche Züge annimmt218. Auch ist das Prinzip der Dienstgemeinschaft nicht schon dadurch zu bestreiten, dass auf ein fehlendes subjektives Element bei den Mitarbeitern abgestellt wird. Die Konkretisierung erfolgt ausschließlich durch den kirchlichen Gesetzgeber als dem maßgeblichen Organ innerkirchlicher Willensbildung. Es handelt sich insoweit um ein „objektives Strukturprinzip“219 und hängt gerade nicht von der subjektiven Einstellung der Mitarbeiter oder der Dienststellenleitung ab.220 Die Objektivierung der Begriffsbestimmung durch die Einbettung in das Bezugssystem des Mitarbeitervertretungsrechts begegnet deshalb auch der Kritik, die eine „Widersprüchlichkeit und Inkonsistenz der Dienstgemeinschaft“221 konstatiert.
Da der kirchliche Gesetzgeber selbst ebenfalls dem kirchlichen Auftrag verpflichtet ist, kann die Dienstgemeinschaft allerdings von ihm auch nicht in völlig willkürlicher Art und Weise mit Inhalt gefüllt oder gar zweckentfremdet werden; funktionell muss sie immer auf den kirchlichen Auftrag bezogen bleiben und darf diesem nicht widersprechen. Insoweit ist allerdings auch von einem Einschätzungsspielraum des kirchlichen Gesetzgebers auszugehen; erst wenn die Ausgestaltung der Dienstgemeinschaft offensichtlich dem kirchlichen Auftrag zuwiderliefe, wäre ein innerkirchlicher Handlungsbedarf anzunehmen. Aus diesem Grund muss jedoch auch jeder Versuch, der aus einem generellen Vorverständnis der Dienstgemeinschaft auf konkrete Anforderungen an den kirchlichen Gesetzgeber schließt, für die rechtliche Bestimmung des Dienstgemeinschaftsbegriffs als untauglich abgetan werden. Vielmehr muss umgekehrt die vom kirchlichen Gesetzgeber vorgenommene Ausgestaltung den Maßstab für die Konkretisierung der Dienstgemeinschaft setzen. Insoweit ist der für das Mitarbeitervertretungsrecht relevante Inhalt des Dienstgemeinschaftsbegriffs aus der jeweils gültigen Fassung des Mitarbeitervertretungsgesetzes zu ermitteln.
Die Präambel gibt den Hinweis, dass die Dienstgemeinschaft durch die Dienststellenleitung und die Mitarbeiter gebildet wird. Dies ist wenig überraschend, beinhaltet bei genauerer Betrachtung allerdings eine entscheidende Aussage. Denn Mitarbeiter sind nach § 2 Abs. 1 MVG-EKD insbesondere222 alle in öffentlich-rechtlichen Dienst- oder privatrechtlichen Dienst- und Arbeitsverhältnissen Beschäftigten einer Dienststelle. Für den Einbezug in die Dienstgemeinschaft kommt es folglich nicht auf den Rechtsgrund an, aufgrund dessen jemand im kirchlichen Dienst steht. Im Grundsatz hat dies zur Folge, dass die Dienstgemeinschaft im Mitarbeitervertretungsrecht für alle Personengruppen, die vom Mitarbeiterbegriff umfasst sind, auch die gleiche Ausprägung erfährt;223 ist indessen aus spezifischen Gründen eine unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Personengruppen geboten, so wird diese ausdrücklich durch das Kirchengesetz angeordnet; als ein Beispiel mag die unterschiedliche Ausgestaltung der eingeschränkten Mitbestimmung in Personalangelegenheiten (§§ 42 und 43 MVG-EKD) dienen.
Die Dienstgemeinschaft zwischen Dienststellenleitung und Mitarbeitern erfordert nach Auffassung des kirchlichen Gesetzgebers eine besondere mitarbeitervertretungsrechtliche Ausformung erst, wenn in einer Dienststelle in der Regel fünf Mitarbeiter beschäftigt sind, von denen mindestens drei wählbar sind, § 5 Abs. 1 MVG-EKD. Erst dann ist eine Mitarbeitervertretung als Repräsentativorgan der Mitarbeiter zu bilden. Unterhalb dieses Schwellenwerts wird nach Überzeugung des kirchlichen Gesetzgebers die Dienstgemeinschaft anderweitig gewahrt. Sobald der Schwellenwert überschritten ist, besteht allerdings die positive Vermutung, dass es zur Verwirklichung der Dienstgemeinschaft notwendig ist, eine kollektive Vertretung der Mitarbeiter einzurichten. Der Grund hierfür mag darin liegen, dass durch eine höhere Mitarbeiterzahl in verstärktem Maße unterschiedliche Gesichtspunkte und Einzelinteressen in Ausgleich zu bringen sind; dies soll unter Wahrung des kirchlichen Auftrages geschehen, sodass es einer konkretisierten Ausgestaltung der Dienstgemeinschaft bedarf. Verwirklicht werden soll die Dienstgemeinschaft zunächst innerhalb der einzelnen Dienststelle (§ 5 Abs. 1 MVG-EKD); jedoch kann auch Dienststellen übergreifend eine Mitarbeitervertretung als notwendig erscheinen, sodass gegebenenfalls zusätzlich eine Gemeinsame Mitarbeitervertretung (§ 5 Abs. 2 MVG-EKD) oder eine Gesamtmitarbeitervertretung (§ 6 MVG-EKD) zu bilden ist. Dass die Verwirklichung der Dienstgemeinschaft mittels einer Mitarbeitervertretung nicht im ausschließlichen Interesse der Mitarbeiter steht, sondern gleichermaßen die Dienststellenleitung für die Förderung der Dienstgemeinschaft mit verantwortlich ist, findet seinen Ausdruck darin, dass die Neubildung einer Mitarbeitervertretung gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 MVG-EKD auch durch die Dienststellenleitung initiiert werden kann; eine Eigeninitiierung durch die Mitarbeiter wird hierdurch selbstverständlich nicht ausgeschlossen.224
Für die weitere inhaltliche Konkretisierung des Dienstgemeinschaftsgedankens ist auf einige wesentliche Aspekte des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts einzugehen. Der Dienstgemeinschaft dient einerseits die Gewährleistung von Informations-, Anhörungs- und Mitbestimmungsrechten für die Mitarbeitervertretung.225 Die materiell-rechtlichen Gewährleistungen ermöglichen eine Teilhabe der Mitarbeiter an Gestaltungsprozessen; durch sie wird den Mitarbeitern eine Einflussnahme auf die Entscheidung ermöglicht, wie der kirchliche Auftrag im täglichen Zusammenwirken von Mitarbeitern und Dienststellenleitung zu verwirklichen ist. Ergänzt werden diese Gewährleistungen andererseits durch verfahrensrechtliche Vorgaben. Hierzu gehört beispielsweise § 33 MVG-EKD, durch den für das Verhältnis von Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung der allgemeine Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit genauer umschrieben wird. Ein weiteres Beispiel für die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Dienstgemeinschaft stellt der Verzicht auf eine erzwingbare Mitbestimmung im klassischen Sinne dar; der Gesetzgeber geht insoweit davon aus, dass die Verpflichtung von Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit sowie die verfahrensrechtliche Absicherung der Beteiligungsrechte ausreichen, um eine Teilhabe der Mitarbeiter zu sichern. Lösungen für Interessensgegensätze sollen grundsätzlich konsensual gefunden werden; das Konsensualprinzip wird dabei durch bestimmte Zuständigkeiten der Kirchengerichte nach § 60 MVG-EKD ergänzt, die wiederum dazu führen sollen, eine Einigung der Dienstvereinbarungsparteien zu forcieren. Auch die durch § 36 Abs. 3 MVG-EKD angeordnete normative Wirkung der Dienstvereinbarung kann als eine verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Dienstgemeinschaftsgedankens verstanden werden, da sie eine von den Dienstvereinbarungsparteien einvernehmlich getroffene Regelung in den Dienst- und Arbeitsverhältnissen unmittelbar und zwingend zur Geltung zu bringen sucht.
Bei der mitarbeitervertretungsrechtlichen Ausformung des Dienstgemeinschaftsgedankens durch den kirchlichen Gesetzgeber handelt es sich um einen dynamischen Präzisierungsprozess. Der Gesetzgeber kann durch Gesetzesänderungen die Voraussetzungen der Dienstgemeinschaft konkretisieren und durch zusätzliche Verfahrensregelungen ihre Verwirklichung sicherstellen. Ein Beispiel hierfür ist die erst durch den Neuerlass des Mitarbeitervertretungsgesetzes im Jahr 2013 eingeführte Vorschrift des § 63a MVG-EKD, mit der dem Kirchengericht erstmals die Möglichkeit eröffnet wurde, ein Bußgeld zu verhängen, falls ein Verfahrensbeteiligter die ihm durch das Kirchengericht auferlegten Verpflichtungen nicht einhält; die Vorschrift