Pfad des Feuers. Alexander Mosca Spatz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander Mosca Spatz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844260304
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ihn jetzt nicht. Aaron war hier und er war dafür bekannt, dass er immer etwas fand, egal wie akribisch und gründlich man Spuren beseitigte.

      Eines muss man dem Lord Marschall lassen … er hat für diesen Auftrag sofort den richtigen Mann gefunden und ihn perfekt mit eingebunden.

      Ethgar lehnte sich an sein Fensterbrett, spähte in die schummrige Dunkelheit in seinen Privatgemächern; er war nicht alleine.

      Auf seinem Schreibtisch saß, die Arme vor der Brust verschränkt, ein Mann. Er hatte langes schwarzes Haar, das er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden trug und eine lange Narbe zierte das Gesicht, zog sich von einer Seite diagonal zur anderen. Ethgar löste sich vom Fensterbrett und trat auf ihn zu, sah sie jedoch nicht an.

      „Es ist schlechter gekommen, als ich erwartet hatte – und schlimmer, als es hätte passieren sollen! Wir können froh sein, dass es bisher noch keinerlei Beweise gibt.“

      Der Mann lachte leise und stand auf, ging zu dem Fenster, von wo er sehen konnte, wie Aaron mit Luciana das Gelände der Residenz verließ.

      „Es hätte weit schlimmer kommen können, Eure Heiligkeit. General Aaron hätte mit noch mehr Paladinen hier auftauchen können … was Ihr ja zu verhindern wusstet, nicht zuletzt dank Eurer hervorragenden Beziehung zum Letzten Herrscher.“

      Ethgar fluchte leise und warf einen Stapel Papiere von seinem Schreibtisch. Die Papiere verbrannten in der Luft und fielen als Haufen Asche auf den rötlichen Teppichboden.

      „Ich kann es mir weder leisten, dass hier jemand herumschnüffelt, noch ihn zu töten! Der Orden weiß, dass er hier ist! Wenn er hier verschwindet, dann wäre das viel zu auffällig.“

      Der Mann zog seine Brauen in die Höhe und kratzte sich leicht am gepflegten Bart.

      „Um ihn zu schwächen, braucht es keinen Mord an ihm selbst … ich kenne General Aaron, vielleicht besser als jeder andere. Wir müssten nur eine Person verschwinden lassen, die ihm wichtig ist. Wie wäre es mit dieser …“

      „Nicht Luciana!“, fauchte der Erzbischof und der Mann verstummte augenblicklich wieder.

      Erzbischof Ethgar massierte sich die Schläfen, schloss die Augen und setzte sich auf den Schreibtisch.

      „So wie ich das sehe gibt es nur eine Möglichkeit, das Ganze zu beenden“, verkündete er schließlich und der Mann legte neugierig den Kopf schief.

      „Welche, Eure Heiligkeit?“

      Auf den Lippen des Erzbischofs breitete sich ein kaltes Lächeln aus und er blickte wieder in Richtung des Fensters.

      „Aaron hat einen jungen Adepten namens Sirian, der gerade bei seiner Schwester in der Hafenstadt verweilt. Parsnacta – Gasse, fünftes Haus. Du weißt, wo es ist?“

      Der Mann nickte ergeben und schickte sich bereits an, zu gehen, als der Erzbischof ihn noch einmal aufhielt.

      „Enttäusche mich nicht, Azard Ciantá!“, schärfte ihm der Erzbischof leise ein.

      III

      Wasser plätscherte an die hölzernen Stützen des Landungsstegs.

      Sirian starrte auf die grünen Fluten hinab, warf kleine Steine in das dreckige Wasser und beobachtete die kleinen Wellen, die sich dort ausbreiteten.

      Eine Entscheidung, dachte er in Erinnerungen versunken und legte nachdenklich den Kopf schief.

      Ich treffe hier eine Entscheidung und irgendwo anders hat sie eine Konsequenz. Wenn ich etwas tun würde, das irgendwo weit entfernt einen großen Fehler hervorruft … ich würde es nicht einmal bemerken.

      Sirian sah auf, stützte sich auf dem Landungssteg auf und schaute sich gelangweilt um.

      Dockarbeiter wuchteten schwere Säcke und Kisten auf die Schiffe, unter dem bellenden Gebrüll der Kapitäne, die noch unbedingt vor Sonnenuntergang ablegen wollten. Es herrschte geschäftiges Treiben, obwohl die wichtigsten Stunden der Hafenstadt noch nicht einmal angebrochen waren.

      Nachmittags, wenn die anderen Schiffe beladen waren, kamen die Schiffe des Händlerkönigs Savaron hierher, legten an und dann wurde jeder in der Nähe dazu gebraucht, so viel wie möglich so schnell wie möglich von den Schiffen herunter zu schaffen.

      Manchmal legten auch in der Nacht Schiffe an und man munkelte, das seien die Schiffe der Menschenhändler, die seit einiger Zeit wieder in Moréngard nach Beute suchten.

      Der Menschenhandel war ein großes Problem geworden in den letzten Jahren und die Hafenstadt von Moréngard hatte sich als der beste Platz herausgestellt, diesen zu zelebrieren.

      Solange Sirian sich erinnern konnte, hatte er hier gelebt, in den Schatten der hohen Gebäude der Hafenstadt.

      Und doch hasse ich diesen Ort mehr als jeden anderen …

      Noch immer plagten ihn die Erinnerungen an seine Familie und seine Vergangenheit, suchten ihn nachts in seinen Träumen heim und raubten ihm den Schlaf.

      Sein Vater war einmal ein Paladin gewesen, ein Verfechter des Ordens, bis seine Mutter gestorben war; dann hatte sich alles gravierend verändert. Seinem Vater war der Sinn für die Realität abhanden gekommen, alle möglichen Gründe für den Tod seiner Mutter gesucht und Stück für Stück den Verstand verloren. Während seiner Kindheit hatte er seinen Vater fürchten gelernt, wenn er nachts – angetrunken und schlecht gelaunt – nach Hause gekommen war und einen seiner Wutanfälle bekommen hatte.

      Mein Vater hat Geschäfte mit den Schmugglern gemacht und als er sie nicht bezahlen konnte, floh er hierher, um sich zu verstecken. Er hat sich nie um Melanie und mich gekümmert; kein einziges Mal! Wir waren ihm egal!

      Sirian rieb sich die Stirn und der pochende Schmerz in seinem Kopf ließ kurz nach, wich einer gähnenden Leere in seinem Kopf, die sich schlagartig mit Erinnerungen füllte.

      Sein Vater war gestorben und hatte ihn mit seiner kleinen Schwester alleine gelassen; eine Schwester, wegen der er sich immer zwischen seinem Vater und ihr hatte entscheiden müssen.

      Eine Schwester, die ihn immer daran gehindert hatte, auszubrechen aus der Hafenstadt, weil sie die gleiche erbliche Krankheit hatte, an der seine Mutter gestorben war – und sie deshalb jemanden brauchte, der sich um sie kümmerte.

      Mit einem Seufzen erhob Sirian sich, streckte sich genüsslich und blickte der breiten Häuserfront der Hafenstadt entgegen; hier an den Docks herrschte Licht – doch dort tief drinnen, in dem unendlichen Labyrinth der Hafenstadt, drang selbst am Tage kein einziger Lichtstrahl durch die Vordächer der einzelnen Etagen. Die Menschen hatten die Hafenstadt schon so gefunden, als sie vor knapp tausend und dreihundert Jahren hier gelandet waren, mit ihren Schiffen, und hatten sich entschlossen, die Stadt gleich zu beziehen.

      Sie hätten sie niederbrennen sollen … dann müsste niemand in diesem Drecksloch leben!

      Die Häuser der Hafenstadt ragten so hoch in den Himmel wie kein anderes Gebäude im ganzen Land und wenngleich aus Holz, so waren sie doch außerordentlich stabil; jedoch waren die Zugänge zu den oberen Etagen vollkommen zerstört, so dass die meisten Bewohner höchstens bis zur zweiten Etage kommen konnten. Jede einzelne Etage hatte ein kleines Vordach und je tiefer man kam, desto dunkler wurde es. Unten im Labyrinth waren Fackeln und Feuer verboten, weil ein Funke an der falschen Stelle, das ganze Viertel in eine tosende Feuerbrunst verwandeln konnte. So mussten die Bewohner Tag und Nacht für Beleuchtung innerhalb ihrer Häuser sorgen, die dank der Bullaugen nach draußen auf die schlammigen Gassen geriet.

      In Gedanken versunken schlenderte er das Landungssteg entlang, kalter Wind fegte ihm durch das kurze, braune Haar und er verzog das Gesicht; ein Gutes hatte das Labyrinth der Hafenstadt doch – nur selten verirrte sich eine Brise dort hinein, wenn es kalt war … im Gegenzug entwich auch die Hitze im Sommer nicht.

      Das laute Geräusch seiner Schritte erstarb, als er den Stein der Docks erreichte und direkt auf die alte Kräuterheilerin zuhielt, die schon alt war, seit er ein kleines Kind war.

      Ich