Pfad des Feuers. Alexander Mosca Spatz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander Mosca Spatz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844260304
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du nachts nicht mehr dein Haus, Versteck oder Lager verlässt, ist das klar? Die Chancen einen Einbruch zu hören und zu entkommen sind allemal größer, als die, nachts einen Mörder mit einem Stilett abzuwehren. Und nun das Letzte, das allerdings nur die jetzige Situation betrifft“, Aaron hielt kurz inne und kratzte sich am Kinn, abwägend, ob er es sagen sollte.

      „Hast du schon einmal etwas von einem gewissen Azard Ciantá gehört?“

      Luciana legte die Stirn in Falten und dachte nach.

      Ja, der Name sagt mir etwas. Ich erinnere mich an eine Akte in den Archiven der Stadtgarnison, als ich meine Aufnahmeprüfung ablegen musste. Allerdings weiß ich nicht mehr, was er getan hat.

      „Der Name kommt mir bekannt vor“, erwiderte sie schließlich und nickte. Aarons Lächeln gefror, er wandte den Blick ab und rieb sich zögernd am Kinn.

      „Nun dieser Azard war einmal ein Paladin des Ordens, einer der besten. Eines Tages schlug er dem Letzten Herrscher vor, Ragnir aus seiner jetzigen Position zu entlassen und dafür ihn als den Lord Marschall des Ordens unter dem Letzten Herrscher einzusetzen. Der lehnte ab, nicht zuletzt mit der Begründung Ragnir sei der beste Krieger des Landes. Das schmeckte Azard ganz und gar nicht und nachts versuchte er, Ragnir ins Totenreich zu schicken. In dieser Nacht verpasste Ragnir Azard im Schwertkampf eine Narbe übers ganze Gesicht und verhängte das Todesurteil über Azard. Er und seine Männer flohen durch die Unterstadt, das ganze heißt in den Büchern 'Der Umsturz'. “

      Aaron machte eine kurze Pause und ließ seine Halswirbel knacken.

      Mit einem Schlag erinnerte sich Luciana an jene Nacht, denn sie hatte die Konsequenzen der Flucht am eigenen Leibe gespürt.

      Ich habe einen Mann namens Damien vor Azard und seinen Männern gerettet, als sie ihn einkesseln wollten. Ich kannte damals fast alle Geheimgänge und Schlupfwinkel in der Unterstadt und den Slums und so habe ich Damien versteckt.

      „Ich erinnere mich … aber die Paladine haben Azard gefasst und getötet, oder? Ich habe es nicht weiter mitverfolgt, aber am Tag darauf gab es eine Massenhinrichtung von abtrünnigen Paladinen; Statthalter und erster Kronrichter Lyras hatte sie zum Tode verurteilt“, erzählte sie in Erinnerungen versunken und Aaron räusperte sich leise, sah beschämt zur Tür.

      „Das ausgerechnet hier zu sagen, ist vielleicht nicht das Klügste, aber ich muss.“

      Er beugte sich zur ihr herüber, sein Mund kam ihrem Ohr ganz nahe.

      „Es gibt Gerüchte, dass Azard beim Erzbischof untergetaucht sei und ihm jetzt diene. Einige Paladine haben die Massenhinrichtung wegen des Erzbischofs überlebt und sind nun bei ihm, um für ihn zu töten. Seine Morde sind die, die wie Unfälle aussehen und die niemand aufklären kann. Azard ist kalt, grausam und er ist verdammt gut. Gib also dem Erzbischof keinen Grund, dich loswerden zu wollen.“

      Luciana erwiderte lange Zeit nichts, dann verzog sie das Gesicht und brachte ein gequältes Lächeln zustande. Sie bezweifelte, dass der Erzbischof ihr Böses wollen könnte. Nicht, nachdem er sie so gut behandelt hatte.

      „Ich verstehe mich ganz gut mit dem Erzbischof, mach dir keine Sorgen. Wieso kann der Orden den Erzbischof nicht einfach befragen und die Altstadt durchsuchen?“

      Aaron stöhnte leise und erhob sich wieder.

      „Hast du dich noch nie gefragt, wieso der Erzbischof und Ragnir sich so hassen?“

      Luciana schüttelte den Kopf. Es war ihr peinlich, dass sie nicht über all diese Dinge Bescheid wusste, was auf ihre Herkunft zurückzuführen war, aber dafür konnte sie ja nun schließlich nichts. Außerdem traute sie ihrer Stimme im Moment nicht. Sie wollte Aaron nicht sehen lassen, dass er ihr Angst gemacht hatte. Azards Name war ihr vielleicht nicht mehr bekannt gewesen, doch seine Taten sprachen für sich. Sei es nun wegen ihrer Erfolge oder den Grausamkeiten.

      Als sie ihren Blick hob und Aaron in die Augen sah, da erblickte sie einen tief sitzenden Schmerz in seinem Gesicht, ein Aufblitzen von Trauer.

      Ich werde das Gefühl nicht los, dass dahinter mehr steckt, als nur eine simple Warnung, dachte sie und rückte etwas näher an Aaron heran.

      „Woher weißt du so gut darüber Bescheid?“, fragte sie flüsternd und der Ausdruck verschwand sofort aus Aarons Gesicht, so schnell, dass Luciana beinahe gedacht hätte, sie hätte es sich nur eingebildet. Aber sie hatte es gesehen, da war sie sich sicher!

      „Ich … ich habe ihn gejagt in jener Nacht und in den Tagen danach. Ich war es, der ihn nicht finden konnte und ich war es, der herausfand, wo er steckt … hier! Allerdings durfte das niemals an die Öffentlichkeit geraten. Azard ist für die breite Masse tot und wenn ich mein Wissen herausposaune, werde ich es sein“, Aaron zuckte mit den Achseln und schüttelte den kalten Griff der Erinnerungen ab, „Egal. Er kommt.“

      Er legte ihr eine Hand auf die Schulter und bedeutete ihr mit einem Nicken, aufzustehen. Schritte näherten sich. Schnell stand Luciana auf, ordnete schnell ihre Haare und ließ kurz die Schultern kreisen. Langsam öffnete sich die Tür und ein Spalt schwachen Lichts fiel in den Raum. Der Diener baute sich auf der Schwelle auf und seine etwas ausladenden Hüften ließen ihn beinahe die ganze Tür ausfüllen.

      „Eure Heiligkeit wird euch nun empfangen. Dennoch warne ich die werten Gäste vor, sollten sie Eure Heiligkeit zu sehr stören oder belästigen werde ich sie mit einem kräftigen, aber dem Letzten Herrscher wohl gefälligen Tritt in den Hintern aus dieser Residenz befördern.“

      Daran zweifelte Luciana zwar sehr und sie musste sich ein Kichern verkneifen, doch wollte sie es nicht herausfordern.

      „Gut, dann bringen Sie uns bitte nun zu Eurer Heiligkeit“, unterbrach Aaron den Diener in seiner Warnung.

      Der Hausangestellte führte sie aus dem Zimmer hinaus, auf die große Treppe und auf die Galerie der großen Eingangshalle hinauf. Der Ausblick war wunderschön, das Bild auf dem Boden konnte man erst richtig erkennen, wenn man dort oben stand.

      „Eure Heiligkeit hat sich gestern spät zu Bett begeben und entschuldigt deshalb, dass sie euch im Speisesaal während des Frühstücks empfangen muss. Die werten Gäste können sich zu Eurer Heiligkeit begeben und falls einer von ihnen Hunger hat, könnte ich dem ebenfalls etwas zu Essen bringen.“

      Sein Tonfall ließ befürchten, dass er das Essen, vergiften könnte; daher antwortete keiner der beiden. Sie liefen in den Ostflügel der Residenz, durch Korridore voller Bilder der Vorgänger des Erzbischofs, Flure, die von silbernen Rüstungen flankiert wurden. Luciana pfiff leise und konnte sich gar nicht satt sehen an dem Reichtum, der hier einfach so im Haus herumstand. Reichtum, für den sich Bewohner der Slums gegenseitig abschlachten würden. Aaron widerte das alles an, er verzog das Gesicht und lief schnell an den besonders wertvollen Stücken vorbei. Vor einer großen Tür machten sie halt.

      Die Tür bestand aus Wasser und die Klinke war aus feinem Glas gemacht. Es war eine Wand aus Wasser, doch das Wasser lief nicht ab, sondern blieb in der Luft schweben. Überwältigt tastete sie mit zitternden Fingerspitzen an die Oberfläche der Tür. Das Wasser verlor nicht seine Form, blieb weiterhin eine solide Tür, doch sie wurde nass.

      „Mit Levitation in der Luft gehaltenes Wasser. Eine Augenweide, wenn man nichts von Magie versteht“, stichelte der Diener, legte die Hand auf die Glasklinke, die irgendwie mit dem Wasser verbunden war, und öffnete sie. Ohne ein Geräusch zu machen schwang die Tür zur Seite auf und gewährte den Blick auf den Speisesaal.

      Die Bezeichnung Zimmer, oder Raum wäre nicht mehr ausreichend gewesen . Der Saal war sehr lang, jedoch nicht sehr breit und das musste er auch sein, denn der Tisch, der in der Mitte des Saals stand, erstreckte sich fast über die gesamte Länge des Saals. Aus dunklem, schwerem Holz musste der Tisch so viel wiegen wie sieben ausgewachsene Ochsen. Die linke Wand war komplett aus Glas, offenbarte eine wundervolle Aussicht auf den Garten des Erzbischofs. Über ihnen prasselte ein Feuer auf einem großen Kronleuchter und tauchte den ganzen Raum in ein gemütliches Licht, das nur von den tanzenden Schatten der Flammen an den Wänden gestört wurde. Ganz am Kopfende des Tisches saß der Erzbischof