Ein kurzer Wink nach hinten und das Murren verstummt.
Uns ist schon seit langem bekannt, dass ihr hier her kommen würdet, darum haben wir das große Meer für euch frieren lassen und euch den Weg bereitet. Seht wir haben auch Hütten errichtet, wie sie bei uns üblich sind. Darin könnt ihr euch ausruhen und neue Kraft sammeln, denn wir benötigen Hilfe von euch. Nur einen kleinen Dienst. Doch dazu später mehr. Nun suche sich ein jeder für sich und seine Familie ein Haus. Alsbald werden wir euch essen bringen lassen. Dass es euch an nichts fehlt, dafür werden unsere Helfer sorgen.
Alamon winkt und urplötzlich kriechen aus den Rundhütten unsäglich viele Wesen, die nicht alles Menschen sein können. Auch sie tragen schwarze Umhänge, aber im Gegensatz zu den gottgleichen Alben ist ihr Kopf sichtbar und unverhüllt.
Ja, dafür sorgen wir, grölen viele Mäuler und es klingt irgendwie hässlich.
Mit einem unsichtbaren aber spürbaren Lächeln neigt sich der große Alamon und gibt den Weg zu den zugewiesenen Hütten frei.
Im Augenblick kann ich nicht denken. Gleich einer Herde Vieh trotten wir los und verteilen uns.
Zuerst schaue ich, ob nicht jemand in dieser seltsamen Herberge auf uns wartet. Nein, sie ist völlig leer. Nacheinander kommen Morgentau und lieblicher Sonnenstrahl mit unserer Habe hinein. Während meine Zweitfrau unsere Sachen verteilt und Decken zum Sitzen auslegt, blickt mich meine Sonne fragend stumm an.
Du erwartest doch wohl jetzt nicht von mir eine Erklärung, oder? Ich habe nicht gesehen, was Stummer Fisch gesehen hat. Ich weiß nicht, ob das hier gut oder schlecht ist. Ich hab noch nicht mit Wakan-Tanga gesprochen.
Das wirst du auch nicht, mischt sich Morgentau ein. Du bist kein Medewiwin. Mein Vater war einer und was er sah war wahr. Du bist nur eine Puppe und ein Handlanger für Adlerblick, unseren Häuptling.
Dann sage mir doch, will ich wissen, was wir davon zu halten haben. War es das, was dein Vater gesehen hat? Was sollen wir hier in dieser unwirtlichen Welt?
Die einschmeichelnde besänftigende Wirkung der Worte des Alben ist verschwunden. Ich fühle mich äußerst unbehaglich und in Gefahr.
Niedergeschlagen muss Morgentau zugeben, dass sie darauf keine Antwort hat. Sie hat nur übersetzt, was ihr der Vater mit Zeichen gezeigt hat.
Hier, meine süßen Häppchen, leckeren Fisch für euch. Lasst es euch schmecken, plärrt eine hässliche Stimme von draußen und ein Bündel getrockneter Fisch fliegen herein. Er durftet recht gut und wir essen, trotz aller Ängste und Sorgen, gierig.
Diese Nacht machte ich kein Auge zu.“
„Für den Empfang hatten die Alben dafür gesorgt, dass die Verbannten sich in ihren Eishütten verstecken sollten und erst auf Geheiß Alamons hervor kommen sollten.“, reißt mich Gilbret aus den Bildern. Nun sollten die Schergen dafür Sorge tragen, dass keiner das Dorf verlassen könne. Aber es war ihnen verboten, den Menschen etwas anzutun. Noch war das böse Spiel für sie nicht eröffnet. Mit hässlichen und giftigen Bemerkungen durch die offenen Eingänge schüchterten sie die Neuankömmlinge ein. Sie johlen und lärmen zwischen den kalten Hütten, als gäbe es eine große Feier. Es wurde für alle eine unruhige und beängstigende Nacht.“
„In dieser Nacht nun“, fährt Gilbret fort, „berichtet Lunarus von seiner Entdeckung. Höchst erstaunt nimmt Alamon diese Nachricht zur Kenntnis und verfällt in tiefes Grübeln.
Das ändert an meinem Plan für morgen nichts, meint er dann. Ich muss wissen, ob unsere Macht im Krater irgendwie erreichbar ist. Für die weitere Verwendung der Menschen aber ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. Ich habe da schon so meine Vorstellungen. Das wird die Verbannten überhaupt nicht erfreuen. Ihr vermeintliches Spielzeug wird am Ende mit ihnen spielen; sehr grausame Spiele.“
„Es kommt ein neuer Morgen.“, erzählt nun wieder Lachsfänger.
„Alles aus den Hütten, ruft Lunarus, der mit der weiteren Betreuung der Menschen bedacht wurde. Und wie wir betreut wurden. Nicht eine Minute wurden wir aus den Augen gelassen. Die Meute umlagerte uns wie eine Beute.“
Lachsfänger zeigt mir wieder packende Bilder. Mit langen Stangen schlagen die Verbannten auf die Dächer der Eishütten, um die Menschen heraus zu treiben.
„Furchtsam, wie gejagtes Wild, drängen wir uns zu einem wahllosen Haufen zusammen. Unseren Häuptling hat man irgendwo in der Mitte zu finden. Irgendwie ist es passiert, dass ich ganz vorne zu stehen komme.
Macht euch bereit, den großen Alamon mit freudigen Hochrufen zu begrüßen, verlangt Lunarus. Die Worte sind zwingend und keinem gelingt es, bei des Alben Anblick zu schweigen. Wir alle schreien unser Hoch aus vollem Halse. Sind wir noch einer eigenmächtigen Regung fähig? Ich glaube nicht. Zumindest nicht, solange wir uns einem schwarz Vermummten gegenüber sehen.
Alamon spricht zu uns: Sicherlich würden unsere Diener es freudig begrüßen, würden wir euch nun allesamt auf den Berg jagen, uns etwas von der Kraft, die in diesem Vulkan schlummert, zu holen. Es gäbe herrliche Kämpfe, denn jeder wöllte der Erste sein. Aber wir haben größeres mit euch vor. Ihr sollt unser Volk werden, das wir mehren wollen und mit dem wir gegen die Götter Krieg führen wollen. Daher begnügen wir uns damit, einen Einzigen zu beauftragen. Nun, wen nehmen wir denn?
Mit diesen Worten ist der Albenfürst einfach so in unseren Haufen hinein gegangen. Wären wir frei in unserem Willen, er käme nicht mehr lebendig aus unserer Mitte heraus. So aber hat er Macht über uns und kann sicher sein, dass ihm kein Leid geschieht. Jeder weicht vor ihm zur Seite und ein breiter Weg entsteht. Vor Hauptling Adlerblick bleibt er stehen.
Natürlich, sagt er. Wer ist besser für solch eine gefährliche Arbeit geeignet, als der Oberste dieses Stammes.
Er legt ihm seinen Arm auf die Schulter, vielleicht aber auch nur die Hand. Sie steckt tief im Ärmel und ist nicht zu sehen.
Nun lieber Adlerblick, dir gebührt die Ehre auf den Berg und in den Krater hinab zu steigen. Dort sollte dir auffallen, was uns von Wert ist. Finde es und bring es mir. Beeile dich.
Unser Häuptling hat gänzlich die Gesichtsfarbe verloren. So blass habe ich noch keinen unseres Volkes gesehen. Er wendet sich wortlos um und läuft eiligst los. Der Berg war damals noch nicht so hoch wie heute. Noch wurde nicht allzu viel Lava aufgeschüttet.
Wir sehen zu, bis er oben am Rand angekommen ist. Dann steigt er hinein. Die Alben und ihre Schergen lassen uns allein. Wortlos warten wir. Nicht im Geringsten kommt ein Wille zum Widerstand auf. Wir haben uns nichts zu sagen.
Am Erschrecken einiger unserer Gruppe erkenne ich, dass erneut ein Alb erscheint. Ich spüre es förmlich. Wen werden sie nun erwählen? Mit Bangen erwarte ich, meinen Namen zu hören. Sie kennen uns. Vielleicht können sie unsere Gedanken lesen.
Warum denn eigentlich nicht. Du bist ein schlauer Kerl, höre ich Alamon in meinem Rücken. Dreh dich nur um zu mir. Du weißt, dass ich mit dir rede, Lachsfänger.
Ob ich will oder nicht, ich muss ihn ansehen.
Der Auftrag ist der Gleiche. Doch gib acht, dass du nicht auch abstürzt, Sonst schick ich dir deine beiden Weiber hinterher, droht er.
Willenlos gleich einer Puppe mach ich mich auf den Weg. Je höher ich komme, desto freier fühle ich mich wieder. Der Bann Alamons lässt nach. Ich kann frei denken. Offensichtlich können die Alben und ihre fürchterlichen Diener nicht hierher. Vermutlich haben sie hier keine Macht. Ich müsste unseren Stamm hierher bringen. Irgendwie würde sich dann vielleicht ein Weg finden, den Alben zu entkommen.
Ich hab ja schon gesagt, dass du ein schlauer Kerl bist, drängt sich Alamons Stimme in meine Gedanken. Der Ton passt überhaupt nicht zu der Abneigung, die ich gegenüber dem Alben empfinde. Er