Werwolfsgeheul. Melanie Ruschmeyer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Melanie Ruschmeyer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847650645
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gesamte, uns gegenüberliegende Wand. Von hier aus und von der Veranda mit ihren etlichen Sitzmöglichkeiten und der Schaukel konnte man sich die malerische Landschaft ansehen und in ihr versinken. Die Sonne küsste gerade den Horizont und wollte mit dem blutrotem Meer verschmelzen. Die ganze Umgebung trug eine solche Schönheit in sich, das ich stundenlang zuschauen konnte. Das Spiel von Ebbe und Flut, das Krähen der Möwen, dem Zischen der Brandung und der Wind in den nahegelegenen Bäumen. Einfach Himmlisch!

      Li begann im Keller zu poltern und warf mich wieder aus meinen Tagträumen. Ich war einfach gedankenverloren mitten im Raum stehen geblieben, während Josy sich bereits auf eine der Sessellehnen gesetzt hatte. Kritisch linste sie zur Kellertür und ich glaubte den Spott in ihrer Haltung genau zu erkennen.

      ››Was hat er vor?‹‹, fragte ich sie und hob nachdenklich eine Braue.

      Sie seufzte. ››Ich fürchte nichts Gutes. Vielleicht kabelt er seinen PC vom Internet ab, oder hakt sich rein, um ihn zu ärgern. Egal was es ist, ich denke, gleich gibt es Zoff.‹‹ Genervt fasste sie sich in ihr gewelltes Haar und wühlte darin herum. Sie hatte längst aufgegeben ihren Mann von seinem Kleinkrieg gegen Marc und seiner PC-Sucht abzubringen.

       Ist ja sein Bier

      , hatte sie immer wieder gesagt, aber es war glasklar, dass es ihr ebenso wenig gefiel, wie die ständige Lautstärke aus Marcs Zimmer. Dennoch fanden fast alle Mitbewohner, dass Li es nur noch schlimmer machte. Der Frieden zwischen den Fronten wurde so oft gestört, dass es einem hin und her glich. Einer allerdings hatte dabei seinen Spaß und amüsierte sich köstlich; Grayson. Er war stets der Erste, wenn es darum ging Marc eins auszuwischen.

      Wir gingen auf die Veranda und setzten uns in die Schaukel, um den schönen Sonnenuntergang zu beobachten. Das makabere Blutrot hüllte meinen weißen Bademantel ein und verfärbte ihn schimmernd. Immer wieder erinnerte es mich an die Tage der Durstnot. Zu sehr hatten sich damals meine Augen an den Schleier aus Tod, Verderben und Verfärbung gewöhnt. Hier war es anders, ich konnte es abschalten, wenn ich mich von meiner Umgebung abwandte. Es war nur ein Naturschauspiel und ich musste nicht mit einem Kontrollverlust rechnen, der von meinem Hunger getrieben wurde.

      Das nahe gelegene Meer rauschte und brachte eine gewaltige Woge aus salziger Luft mit sich, die meine Haare sanft streichelte und durchzog. Er war einfach allgegenwärtig.

      ››Wir hätten auch so gerne Kinder‹‹, flüsterte Josy plötzlich und zog die Beine eng an den Körper. Die Kette der Schaukel klapperten. Ihre traurigen Augen schauten in die Leere auf das weite Meer hinaus und als sich ihr Mundwinkel langsam verräterisch nach unten bewegte, wurde ich aktiv.

      ››Aber eigentlich ist es schon etwas paradox, das überhaupt auch nur ein Vampir Kinder bekommen kann‹‹, lenkte ich ein und legte meine Hand mitfühlend auf ihre Schulter.

      Ich hatte mich daran gewöhnt Handschuhe zu tragen, denn ich wollte niemanden eine Fähigkeit entreißen, die nur der jeweiligen Person gebührte. Doch in diesem Augenblick waren meine leichenblassen Hände ohne Schutz. Vermutlich wäre ich prompt zurückgewichen, wenn es mir aufgefallen wäre, doch Josy trug eine dunkle Sportjacke, die ihren gesamten Oberkörper umhüllte. Selbst wenn ich mit meinen Berührungen sehr vorsichtig sein musste, weil ich viel Respekt vor ihr und ihrer Gabe hatte, musste ich dennoch genau in diesem Moment für sie da sein. Es war wichtig ihr zu zeigen, dass jemand für sie da war.

      Wieder ergriff sie das Wort, doch sehr leise und zitternd: ››Sicher, irgendwie schon, aber dennoch haben manche dieses Glück und ich wünschte, ich sei damit gesegnet worden. Es ist wie … wie, als würde etwas fehlen in meiner Beziehung.‹‹

      ››Kinder sind sicher etwas schönes, denke ich zumindest. Allerdings solltest du dich daran festhalten, dass du Li hast. Auch wenn dir etwas fehlt, oder euch, habt ihr immer noch einander. Es gibt auch viele Menschen, die keine Kinder bekommen können. Die stehen trotzdem zu einander und gehen durch Dick und Dünn.‹‹

      ››Ach, Sarah‹‹, sagte sie abweisend, als hätte ich überhaupt nichts verstanden, ››Li und ich werden IMMER durch Dick und Dünn gehen, egal was passiert. Egal wie lange eine Ewigkeit dauern mag, wir werden es zusammen herausfinden, darum geht es nicht.‹‹

      Sie löste sich von einem imaginären Punkt auf dem Meer und ihre roten Katzenaugen schauten mich voller Gefühl an. ››Es wäre nur eine Vollendung Leben entstehen zu lassen, welches aus einer liebevollen Beziehung entstanden ist.‹‹

      Lächelnd legte ich den Kopf schief und erwiderte ihren Blick. In diesem Augenblick kam es mir fast so vor, als wäre ich ein Tier mit dem sie wieder einmal auf einer völlig anderen Eben zu sprechen schien. Keiner konnte sie in diesem Moment verstehen, außer mir. Ihre Gefühle und Empfindungen sandte sie regelrecht über diesen Weg herüber. Ich war eine Frau, genauso wie sie. Zwar war mir dieses Bedürfnis noch fremd, aber ich begann mich zu fragen, wann wohl auch ich so denken würde wie Josy. Die Ewigkeit - wie sie eben so schön erwähnt hatte - war lang und sie würde mir viel Zeit für solche Gedanken lassen. Doch wollte ich diesen überhaupt nachgehen? In Josys Gesicht las ich keine Verzweiflung, aber einen Wunsch, der vermutlich schon ziemlich lange bestand.

      ››Wie soll denn dieses Kind ver … ‹‹ Versorgt werden, wollte ich eigentlich gerade fragen, als plötzlich ein ohrenbetäubendes Gebrüll aus dem Haus kam. Reflexartig drehte ich mich zum Fenster hinter mir um. Marc stampfte die Treppe herunter, die Zigarette qualmend aus dem Mund hängend, ein Gesicht wie eine geballte Explosion und so angespannte, zitternde Fäuste, dass die Knochen weit heraus stachen.

      ››Ist das deine Art witzig zu sein?‹‹, knurrte er zähnefletschend zu Li herüber, der gerade breit grinsend aus seinem Keller kam.

      ››Was denn?‹‹, fragte er und setzte eine gekonnte Schauspielermiene auf. ››Ich hab bis eben meine Serverkonfigurationen überarbeitet.‹‹

      Drohend hob Marc eine Faust und Li musterte sie schief. ››Verarsch´ mich nicht!‹‹

      Josy neben mir begann leiste zu kichern und legte die Hand vor den Mund, um den Ton zu dämpfen. Wir wussten beide zwar nicht genau was ihr Mann angerichtet hatte, aber eines war klar: Marc war wohl gerade der Saft für sein Spiel genommen worden!

      ››Ich hab ehrlich nichts gemacht, was soll denn los sein?‹‹, fragte Li erneut mit Unschuldsmiene und ich konnte gar nicht fassen wie überzeugend er klang.

      Man merkte Marc seine Verwirrung regelrecht an. Er schaute seinem Gegenüber mit zusammengekniffenen Augen an und dachte wohl darüber nach, ob dieser sich nur dumm stellte, oder wirklich nichts mit der Tat zu tun gehabt hatte. Li untermalte seine Frage und zuckte unwissend mit den Schultern, auch seine Lippen verzog er dabei.

      ››Ich hab nen bekloppten Virus! Der frisst sich gerade durch meine Festplatte!‹‹, maulte Marc, zeigte anschuldigend die Treppe rauf und sein Blick wurde langsam weicher.

      Li lachte lauthals los. ››Ach komm, da meinst du, ich sei das gewesen? Hey, wo du dich überall rumtreibst, wenn du zockst, ist dir wohl nicht einmal ansatzweise klar, was?‹‹

      Marc begann mürrisch zu gurgeln und sein Körper bebte vor Wut. ››Kannst du den wenigstens entfernen?‹‹

      ››Gönn´ dir mal eine Auszeit. Ich hab nämlich auch gerade etwas anderes vor, vielleicht nachher, ja?‹‹

      Verärgert blies er seine Wangen auf und hauchte die qualmige Zigarettenluft direkt in Lis Gesicht. ››Und ich glaub immer noch, dass du das warst!‹‹

      ››Weißt du, was ich glaube?‹‹, konterte Li und verschränkte die Arme abwertend vor der Brust. Er wartete kurz und als keine Antwort kam, erhob er drohend die Stimme: ››Wenn Celest bemerkt, dass du hier deinen qualmenden Vergasungsstummel geschwungen hat, bist du so gut wie Asche!‹‹

      Erschrocken zuckte Marc zusammen, riss seine Augen weit auf und drehte sich rasch um. Als er die Treppe herauf eilte, konnte ich mir das Lachen nicht mehr verkneifen und stellte fest, dass auch Josy sich den Bauch halten musste. Der Trübsinn von eben war abrupt vergessen und ihr herzliches Lachen