Werwolfsgeheul. Melanie Ruschmeyer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Melanie Ruschmeyer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847650645
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ich sie loswerden sollte. Doch es war alles anders gekommen. Zwei der kleinen Vampirwölfe waren erkrankt. Sie hatten Fieber und Josy würde zu Hause bleiben müssen. Es war nicht so schlimm, wie es anfangs ausgesehen hatte. Trotz allem blieb sie bei den Kleinen und ihrer verängstigten Mutter.

      Manchmal hatte eben auch ich pures Glück, obwohl es mir trotzdem um die kleinen Welpen leid tat. Aber sie würden wieder gesund werden und das war die Hauptsache.

      Um mir wenigstens einen kleinen Vorsprung zu verschaffen, hatte ich einen Zettel hinterlassen, der meine Familie auf eine ganz andere Fährte bringen sollte:

       Ich habe mich so eben entschlossen nach Deutschland zu fliegen und das Grab meiner Mutter aufzusuchen, auch wenn ich nicht genau weiß, ob es wirklich existiert. Es war mehr eine Kurzschlussreaktion, denn der Todestag von Alexanders Mutter hatte mich wach gerüttelt. Auch ich hoffe einen Ort zu haben, an dem ich Trauern und meine Mutter besuchen kann. Ich entschuldige mich schon jetzt für meine aufbrausende Art, aber es ließ mich nicht mehr los. Ich werde zurück sein, sobald ich mich richtig von ihr verabschieden konnte.

       Alles Liebe,

       Sarah

      Eigentlich war das schon ziemlich gemein, denn Alexander hatte mir versprochen mich zu diesem Grab zu begleiten. Genau auf diese Geste vertraute ich im stillen. Er sollte sich überstürzt aufmachen und mich suchen. Die Zeit, die ich dabei gewann, wäre von unschätzbarem Wert. Allerdings nutzte ich seine Zuwendung schamlos aus, was mich in jeglicher Hinsicht sehr traf. In meinen Augen gab es aber keine andere Möglichkeit.

      Vermutlich würde Alex anfangs keine großen Nachforschungen anstellen. Obgleich mir Li wohl sehr schnell auf die Schliche kommen würde, dass ich einen ganz anderen Flug angesteuert hatte, als es den Anschein hatte.

      Wieder einmal nervte mich der Verkehr und ich fluchte innerlich über meine eigene Dummheit nicht das Motorrad genommen zu haben. Irgendwie hätte ich das Teil schon zum Laufen gebracht und das Fahren wäre sicher mit den Vampirinstinken eine Leichtigkeit gewesen. Okay, ich gab zu, dass sich hier die erste Lücke in meinem Plan auftat und ich hoffte, dass ich mich nicht noch mehr Fehldiagnosen gegenübersah.

      Genervt zuckte mein linkes Auge und ich krallte mich in das Lenkrad. Dabei gab ich Obacht dass meine Fingernägel nicht meine Lederhandschuhe löcherten. Genau genommen hatte ich genügend Zeit mich in aller Seelenruhe aus dem Staub zu machen und trotzdem wollte ich jede Sekunde herausholen, die ich nur finden konnte. Alles stand im Zeichen der Panik und füllte mich komplett aus wie ein Ballon, der sich unaufhörlich aufblies. Adrenalin suchte sich seine Wege und reizte mich extrem. Wie die Lava in einem Vulkan heizte es mich an und wollte mich zum explodieren bringen. Doch trotz meiner eigentlich gut durchdachten Planung, ließen mich die negativen Gedanken nicht alleine. Alles kreiste um die Zeit und all dass was ich damit verband. Ich war mir sicher, dass Li sehr schnell die richtigen Schlüsse ziehen würden. Vielleicht auch zu schnell?! Alexander, so hoffte ich, würde sich in diesem Augenblick nichts von ihm sagen lassen. Er wäre getrieben von seinen Schuldgefühlen mich alleingelassen zu haben.

      Mein Puls raste wie von einem Marathon getrieben. Die Gedanken waren so wild, dass ich sie nicht bändigen konnte. Immer wieder aufs Neue schoben sie sich an die Oberfläche und raubten mir den Verstand. Ich wünschte mir wenige Minuten der Klarheit, in denen es nicht an den Schläfen pochte. Fühlten sich so die Verbrecher, wenn sie wussten, dass ein Verbrechen vor ihnen lag? Oder fühlten sie sich so, wenn sie bereits wussten, dass ihnen jemand auf den Fersen war?

      Warum war dies so schlimm für mich, wenn ich doch bereits eine Flucht hinter mir gehabt hatte? Gut, ich hatte damals geglaubt einen Plan gehabt zu haben, aber er war löchriger als ein Käse gewesen! Dennoch war ich den Maguire entkommen und hatte mich trotz allem nie einem derartigen Gefühlschaos gegenüber gesehen.

      Es traf mich wie ein Faustschlag. Die Erkenntnis war so klar, wie die Windschutzscheibe vor mir. Ein kleiner Funke signalisierte mir, das ich nicht nur aus Rache zu Carlos gehandelt hatte. Ich war wütend und zwar nicht nur auf ihn! Ich war auch wütend auf Alexander, der etwas vor mir verheimlicht hatte, was in meinen Augen so wichtig erschien. Nicht nur der Adrenalinkick wühlte mich auf, sondern auch die Tatsache, dass man mich erneut um Fakten betrügen wollte. War ich etwa wieder aus reiner Kurzschlussreaktion abgehauen?

      Ein bitterer Geschmack legte sich auf die Zunge. Noch konnte ich umdrehen. Meine Lider wurden schwer, als ich über das Für und Wieder nachdachte.

      Stets hatte ich meinen Weg finden wollen. Hatte stark sein wollen. Auch wenn ich es in den letzten Monaten oft bewiesen hatte, würde diese eine Hürde mir immer im Weg stehen. Drehte ich jetzt um, würde ich diesen Schritt wohl für den Rest meiner Ewigkeit bereuen.

      Ein lautes Knurren erfüllte meine Kehle und die magische Energie meines zweiten Ichs schien mich erschaudern zu lassen.

      Nein, ich durfte nicht zulassen, dass jemand anderes diesen Schritt tat. Er gehörte mir, mir ganz allein. Es war meine Aufgabe das Gleichgewicht zwischen Vampiren und Werwölfen wieder herzustellen und die Welt von einem Schandfleck zu befreien, der schon längst seiner Taten willen hätte ermordet werden müssen!

      Nicht noch einmal würde ich zulassen, dass jemand meinetwegen starb oder Schmerzen litt!

      Plötzlich brach ein Huporchester los und ich schreckte zusammen. Mehrere Fahrzeuge bremsten abrupt ab und betätigten wütend ihre Hupen.

      Ich war derart vertieft gewesen, dass mir nicht aufgefallen war, das ich eine rote Ampel übersehen hatte. Egoistisch fuhr ich weiter. Ich hatte es nun mal eilig, müssten die anderen halt warten!

      Aber auch ich sollte kurz darauf wie eine Schnecke vorwärts kommen, weil der Verkehr wieder einmal in dieser großen Stadt fast zum Erliegen kam. Das Hupen und der Lärm der Motoren wurde mir allmählich zu wider. Instinktiv musterte ich die hohen Gebäude der Metropole. Das Licht spiegelte sich in ihren Fenster und regnete in Staubkörnchen auf die unzähligen Passanten herab. Was hätte ich dafür gegeben einfach von Dach zu Dach springen zu können! Auch wenn ich früher als Mensch wohl niemals darüber nachgedacht hatte, war es mittlerweile für mich schon fast zur Normalität geworden. Es zerrte bereits bei geringem Stau an meinen Nerven. Wofür im Besitz unmenschliche Kräfte und übernatürliche Fähigkeiten sein, wenn sie hinter Verschluss bleiben mussten?

      Es dauerte eine halbe Ewigkeit bis ich den Parkplatz des Flughafens erreichte. Mein Handy ließ ich im Wagen, schützte es jedoch vor diebischen Blicken und packte es in die Beifahrerklappe. Ich verzichtete gerne auf dieses moderne Gerät, denn Li sollte nicht glauben, dass ich ihm meine Ortung über Satellit leicht machen würde.

      Um das Auto brauchte ich mir keine Sorgen zu machen. Wenn es wirklich irgendwann abgeschleppt werden würde, würde das Geld ohnehin für sich sprechen.

      Bei der Information erkundigte ich mich nach den beiden Flügen, die ich zuvor im Internet herausgesucht hatte. Wenige Plätze waren noch frei. Zwei Zwischenstopps musste ich in Kauf nehmen; Tokio und Shanghai. Allerdings würde selbst Li mich nicht mehr mit seinem privaten Jet einholen können, wenn man davon ausgehen konnte, dass er auf meinen gezinkten Brief hereinfiel. Auch der Flug nach Deutschland war mit Zwischenstopps verbunden und die Frau an der Information musterte mich fragend, da ich keine Begleitung für ein zweites Ticket bei mir hatte. Schließlich würde einer der gebuchten Plätze leer bleiben, aber das konnte sie nicht wissen. Doch schließlich war auch sie nur ein Geldeintreiber und hakte nicht nach.

      Ich bezahlte mit meiner Karte und begab mich in den Check-In. Alexander würde durch die Kontobewegungen sehr schnell herausbekommen wohin ich geflogen war, aber auch darum machte ich mir sonderlich wenig Gedanken. Die Zeit stand für sich und zwar für mich! Ganz egal was meine Gedanken versuchten mir einzureden, ich wusste doch, dass ich es schaffen würde.

      Eines jedoch überschattete alles. Es umfing mich wie ein Netz. Jeder Widerstand war zwecklos. Das imaginäre Netz schnürte mich ein; quetschte und drückte. Eine Ohnmacht ließ mich schwanken und ich sah mich gezwungen, auf einen der Wartesitze platz zu nehmen. Etwas packte mich und wollte mich in die tiefe Dunkelheit meines Unterbewusstseins ziehen. Die erste große Lücke meines gut durchdachten Plans holte mich ein und ich schnappte nach Luft.