Das FSI Führungsstilinventar und das Integrative Führungsmodell. Stefan Lindstam. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefan Lindstam
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737572057
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Yukl, Wall & Lepsinger, 1990).

      Das Modell besteht aus vier Komponenten: Organisatorische Effektivität (Organizational Effectiveness/Performance), leistungsbestimmende Faktoren (Performance Determinants), Situationsfaktoren/Variablen (Situational Factors) und direkte und indirekte Formen der Führung (direct and indirect Forms of Leadership). Mit organisatorischer Effektivität meint Yukl das langfristige Wohlergehen und Überleben der Organisation. Die organisatorische Effektivität hängt von drei leistungsbestimmenden Faktoren (LBF) ab: 1. Effektivität & Prozessreliabilität, 2. Human Resources & Relationen und 3. Innovation & Anpassung.

      Die Integrierung des dreidimensionalen Führungsmodells folgt, indem postuliert wird, dass die drei Führungsstile sich dazu eignen, unterschiedliche leistungsbestimmende Faktoren zu fördern. So ist Aufgabenorientierung (Task Behavior) geeignet um Effektivität & Prozessreliabilität zu stärken, Relationsorientierung (Relation Behavior) um Human Resources & Relationen zu stärken und Veränderungsorientierung (Change Behavior) um Innovation & Anpassung zu stärken. Das Flexible Leadership Model trennt dabei zwischen direkter Führung (konkretes Verhalten in Führungssituationen) und indirekter Führung. Die letztere beschreibt Programme, Managementsysteme und formelle Strukturen, die von (vor allem höheren) Führungskräften implementiert werden können, um leistungsbestimmende Faktoren zu beeinflussen. Solche Programme/Strukturen/Systeme können teilweise konkretes Führungsverhalten ersetzen (oder verstärken) in Bezug auf dessen Einfluss auf die leistungsbestimmenden Faktoren. Die Situation wird berücksichtigt, indem sie den Einfluss der leistungsbestimmenden Faktoren auf die organisatorische Effektivität moderiert. Durch eine auf die Situation angepasste Stärkung (oder Schwächung) der leistungsbestimmenden Faktoren wird die organisatorische Effektivität erhöht. Im Folgenden werden die Beziehungen der Konstrukte des Flexible Leadership Models (Yukl & Lepsinger, 2004) mit Beispielen erläutert.

      Situation A: Die Strategie der Organisation ist es, Produkte und/oder Dienste zu niedrigeren Preisen als die Konkurrenten anzubieten. Hintergrund dieser Strategie ist z.B., dass die Organisation auf einem reifen Massenmarkt mit harter Konkurrenz tätig ist, oder es kann sein, dass der Markt fragmentiert ist und das obere Management zu der Entscheidung kommt, dass ein Anbieter fehlt, der auf niedrige Preis setzt (die niedrige Preisnische ist noch nicht besetzt).

      Leistungsbestimmende Faktor: Effektivität & Prozessreliabilität, d.h. das Einsetzen von Personal und Ressourcen auf eine kostenminimierende Weise (Produktivität steigern). Bei Prozessreliabilitiät geht es um eine Produktion von Produkten oder Diensten, die Verzögerungen, Fehler, Qualitätsprobleme und Unfälle minimiert. Diese beiden Ziele können potentiell einander entgegenwirken, aber durch z.B. weitgetriebene Standardisierung können auch beide erreicht werden.

      Passendes direktes Führungsverhalten (Führungsstil): Aufgabenorientierung (Task Behavior/ Initiating Structure), d.h. ein Führungsstil bei dem folgendes betont wird: Planung mit eher kurzem Zeithorizont; Klärung von Rollen und Zielen; Überwachung von Prozessen und Leistung; Lösung von operativen Problemen.

      Passende indirekte Führung (formale Programme, Management Systeme und formale Strukturen): Zielsetzungsprogramme (z.B. MBO, Null Fehler); Qualität- und Prozess-verbesserungsprogramme (z.B. Reeingineering, TQM, Six Sigma); Kostenreduktions-programme (z.B. Downsizing, Outsourcing, Just-in-time); Performance Management Systeme (Zielsetzung, Feedback, Leistungsbeurteilung); Organisatorische Strukturveränderungen (z.B. funktionelle Spezialisierung, Formalisierung, Standardisierung); Anerkennungs- und Anreizsysteme (fokussiert auf die Belohnung von Effektivität und Reliabilität).

      Situation B: Die Strategie der Organisation ist es, qualifizierte Dienste zu liefern, die von Experten ausgeführt werden. Diese Situation setzt einen hohen Grad an Fähigkeit und Motivation der Mitarbeiter voraus. Weil die Mitarbeiter hoch qualifizierte Experten sind, können sie einfach zu einem Konkurrenten wechseln und/oder sich selbständig machen.

      Leistungsbestimmende Faktor: Human Resources & Relationen, d.h. Rekrutierung, Entwicklung und Bindung von fähigen und motivierten Mitarbeitern und das Sichern von gegenseitigem Vertrauen und guter Zusammenarbeit in den Arbeitsgruppen.

      Passendes direktes Führungsverhalten (Führungsstil): Relationsorientierung (Relation Behavior/Consideration), d.h. ein Führungsstil bei dem folgendes betont wird: Unterstützung und Förderung; Leistungen und Beiträge beachten; Fähigkeiten und Selbstvertrauen der Mitarbeiter entwickeln; bei Entscheidungen relevante Personen konsultieren; Mitarbeiter ermächtigen, ihre Arbeitsaufgaben mehr selbständig/autonom zu lösen; Vertrauen, Zusammenarbeit und Identifikation mit der Organisation fördern.

      Passende indirekte Führung (formale Programme, Management Systeme und formale Strukturen): HR Planung (Talent Management, Nachfolgeplanung, Rekrutierung und Auswahlprogramme); Mitarbeiter Entwicklungsprogramme (Schulungen, Mentorprogramme, 360 Grad Feedback, Assessment Centers); Empowerment Programme (Mitarbeiter Teilhabe- Programm, selbstregulierende Arbeitsgruppen, Mitarbeiterräte); Anerkennungs- und Anteilsysteme (Fokus auf der Verstärkung von Loyalität, Service, Fähigkeitserwerb); Qualität des Berufslebens (flexible Arbeitszeiten, Job-sharing, Kinderbetreuung, Sportmöglichkeiten); Karriereberatung und Teambuilding Programme (Sozialisations- und Assimilations-programme, Organisationsfeiern, systematische Anwendung von Symbolen, Ritualen und Zeremonien).

      Situation C: Die Organisation ist in einer Branche mit sehr kurzen Produktlebenszyklen und hartem Druck, ständig neue Produktmodelle zu entwickeln tätig. Die Strategie der Organisation ist es, an vorderster Reihe mit neuen Produkten auf dem Markt zu stehen und Innovationsleiter zu sein. Eine andere Situation kann sein, dass eine früher vor Konkurrenz geschützte Organisation durch politische Entscheidungen der Konkurrenz ausgesetzt wird. Dies stellt neue und große Anforderungen an einen Kulturwandel (in Richtung Kunden-/Marktorientierung) und damit zusammenhängende Veränderungen der Arbeitsweisen.

      Leistungsbestimmende Faktor: Innovation & Anpassung, d.h. passende Reaktionen auf Bedrohungen und Möglichkeiten, neue Wege zu finden um Materialien und Ressourcen zu akquirieren, Maßnahmen um den Absatz zu steigern.

      Passendes direktes Führungsverhalten (Führungsstil): Veränderungsorientierung (Change Behavior), d.h. ein Führungsstil bei dem folgendes betont wird: Überwachung der Umwelt; Identifikation einer relevanten Konkurrenzstrategie unter Berücksichtigung von Kernkompetenzen der Organisation und der Umwelt; formulieren und kommunizieren einer attraktiven Vision; interne und externe Unterstützung für die notwendigen Veränderungen aufbauen; das Implementieren notwendiger Veränderungen; kreatives Denken ermuntern; kollektives Lernen fördern.

      Passende indirekte Führung (formale Programme, Management Systeme und formale Strukturen): Innovationsprogramme (Intrapreneurprogramme, formelle Ziele für Innovation und Kommerzialisierung, Budget für Forschung und Produktentwicklung); Programme um Konkurrenten zu verstehen (vergleichende Produkttests, Benchmarking von Produkten und Diensten der Konkurrenten); Programme um Kunden und den Markt zu verstehen (Marktuntersuchungen, Fokusgruppen, Kundenpanelen, Kunden-Relationsteams); Kenntnisse erweitern (Consultants beschäftigen, joint ventures, best-practice von anderen Organisationen übernehmen); Programme für kollektives Lernen (kontrollierte Experimente, durchgeführte Maßnahmen überprüfen); Knowledge-Management Systeme (Expertenverzeichnisse und Netzwerke, best-practice Forums, Datenbanken für Knowledge-Sharing; Anerkennungs- und Anreizsysteme (fokussiert auf Belohnung von Innovation und Anpassung); Strukturveränderungen (kleine Produktabteilungen, Produkt Managers, funktionsübergreifende Entwicklungsteams, Gestaltung der Räumlichkeiten für höhere Kreativität, R&D Abteilungen); Wachstums- und Diversifikationsstrategien (Erwerb, strategische Allianzen, Auslandstöchter).

      Das Modell geht von den gut erforschten drei Führungsdimensionen aus und setzt sie in einen organisatorischen Zusammenhang. Yukl & Lepsinger (2004) betonen, dass das Modell umfassender ist als viele andere. Das Modell gehört eher, wie Mahsud, Yukl, & Prussia (2011) bemerken, zum strategischen Management; es verknüpft Führungsverhalten