Das FSI Führungsstilinventar und das Integrative Führungsmodell. Stefan Lindstam. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefan Lindstam
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737572057
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sein. So schreiben z.B. Brown & Trevino (2006) ”We suspect that being low on ethical leadership is not equivalent to being high on unethical leadership … A leader can be weak in terms of visable ethical leadership and have done nothing wrong to earn the label of an unethical leader.” (S. 610).

      In diesem Kapitel wurde bis jetzt theoretisch über die drei Kategorien des Führungsverhaltens gesprochen. Geht man zu den Operationalisierungen dieser Konstrukte über, sieht es nicht mehr so eindeutig und ”trennscharf” aus. Wenn man das Konstrukt ”Problematische Führung” sowie die dazugehörenden Messmethoden betrachtet, mag die Trennung zu den anderen beiden Kategorien recht klar sein. Undeutlicher ist die Trennung zwischen Führungsstildimensionen und ”Vorbildliche” Führungsdimensionen, insbesondere wenn man die Operationalisierungen betrachtet.

      Die hier vorgeschlagene Definition von Führungsstil betont, dass es ”in der Population häufig vorkommende” Verhaltensmuster sein sollen, d.h. Verhaltensmuster, die große Variation zeigen. Wo genau die Grenze ist, wann ein Verhalten genügend ”häufig vorkommend” ist, ist schwierig objektiv zu schließen, es gibt aber Anhaltspunkte. Zum Beispiel sollte es einfach sein, bei Skalen, die auf die Messung von Führungsstildimensionen zielen, große Varianzen in den Rohwerten zu erzielen. Bei Skalen die ”Problematische Führung” und auch ”Vorbildliche Führung” messen sollen, sollte es deutlich schwieriger sein, große Varianzen zu erzielen, zumindest wenn man bei ”normalen” Führungskräfte-Populationen die Daten erhebt.

      Es gibt eine Analogie zur Persönlichkeitsforschung; nämlich die Abgrenzung zwischen klinischen Eigenschaften/Skalen (Schizophrenie, Depression, Psychopathie etc.), und Eigenschaften/ Skalen der ”normalen Persönlichkeit” (Extraversion, Offenheit, Gewissenhaftigkeit etc.). Die klinischen Skalen wollen psychische Probleme messen. In Normalpopulationen bekommen solche Skalen kleine Varianzen, in klinischen Gruppen können sie jedoch durchaus große Varianzen haben (Cattell, 1979).

      Es muss gesagt werden, dass Skalen, die für die Messung von ”Vorbildlicher Führung” konstruiert worden sind, doch große Varianzen in den Rohwerten aufzeigen können. Dies hängt damit zusammen, dass nur die Extremwerte in der Skala (oder eine Kombination von Extremwerten, z.B. 9,9 bei Blake & Mouton, 1964) auf das zu messende Konstrukt hinweisen. Vorbildliche Führungskonstrukte sind Ziele, die man als Führungskraft anstreben sollte. Eher wenige Führungskräfte dürften aber diese Ziele vollständig erreichen (z.B. zeigen Charisma + sind inspirierend + zeigen individuelle Aufmerksamkeit + zeigen intellektuelle Stimulation = Transformative Führung).

      Hier werden ein paar Grundlagen bezüglich Kompetenz und Stilmessung beschrieben. Abbildung 5: Charakteristika von Fähigkeits-, Kompetenz- und Stil-Items stellt Charakteristika von Fähigkeitsitems (z.B. eine Intelligenzaufgabe), Kompetenzitems (z.B.” Ich kann gut Mitarbeiter motivieren”) und Stilitems (z.B. ”Unabhängig um welche Aufgabe es sich handelt, instruiere ich meine Mitarbeiter bei der Aufgabenverteilung sehr genau”). In Abbildung 5: Charakteristika von Fähigkeits-, Kompetenz- und Stil-Items wird vereinfacht von nur zwei Antwortalternativen ausgegangen. Bei Kompetenzitems werden aber öfters Einstufungsskalen (Likertskalen) als Antwortalternativen benutzt und bei Fähigkeitsitems gibt es normalerweise mehrere falsche Antwortalternativen.

Abb 5 dr arb

      Eine Kompetenz zu besitzen ist bedeutungsgleich damit, eine Fähigkeit zu besitzen und daher sind Kompetenzskalen vom Messziel den psychometrischen Fähigkeitstests (z.B. IQ Tests, Wissenstests) zuzuordnen. Sie bedienen sich aber bei der Messung von Messtechniken entsprechend den Stil-Tests (genauer Cattell‘s, 1946, Q- und L- Daten, d.h. Selbst- und Fremdbeurteilungen). Damit werden die Probleme der Selbst- und Fremdbeurteilungen aktuell (Selbst- bzw. Fremdkenntnis, Impression Management und Haloeffekte) und zwar verstärkt, denn es ist meistens sehr deutlich, welche die ”bessere” Antwortalternative ist.

      Bei Stilitems geht es um typisches Verhalten, Gedanken oder Gefühle einer Testperson, wenn sie vor einen gewissen Reiz (Situation) gestellt wird. Dabei wird nicht im Voraus entschieden ob eine gewisse Reaktion die richtige oder falsche ist, sondern es werden Reaktionen zur Auswahl gegeben, die man meint häufig vorkommende, sich ausschließende Reaktionsweisen von Personen in der aktuellen (abgefragten) Situation widerzuspiegeln. Die Items müssen aber nicht Forced-Choice Format haben (s. Kapitel 4.1.1), sondern es können durchaus auch Items sein, bei denen man die Situation und die Reaktion beschreibt und dann eine mehrstufige Ratingskala z.B. ”Stimmt überhaupt nicht” bis ”Stimmt genau” als Antwortmodus verwendet. Stilitems können auch Traitratings sein (z.B. ”Ich bin ein sehr aktiver Mensch”). Die Vorteile und Nachteile verschiedener Itemformate werden in Kapitel 4 diskutiert.

      Es wird klar, dass es Vorüberlegungen sind, bezüglich was gemessen werden soll, die zwischen Kompetenz- und Stilitems unterscheiden. Will man offensichtlich richtiges bzw. falsches Verhalten und damit Kompetenz-/Fähigkeitskonstrukte messen oder will man häufig vorkommende Reaktionen bei gewissen Situationen messen, ohne Vorüberlegungen was generell richtig/gut bzw. falsch/schlecht ist.

      Die traditionellen Führungsstilskalen sind fast ausschließlich Fremdratings, d.h. Mitarbeiter beurteilen ihre Vorgesetzten. Manchmal werden auch Kollegen, übergeordnete Chefs und die Führungskraft selbst als Beurteiler involviert (sog. ٣٦٠ Grad Feedback).

      Hier wird behauptet, dass einige der verbreiteten, traditionellen Führungsstilskalen eher Kompetenz- als Stilskalen sind. Dass dieser Umstand näher behandelt wird hat damit zu tun, dass er einige interessante Konsequenzen hat.

      Hier wird argumentiert, dass Ursachen für die Kompetenzmessung der traditionellen Skalen sind, dass:

      1 Die Skalen zum Teil aus Fragen bestehen, die direkte Kompetenzratings sind.

      2 Die Konstruktionsweise, wobei man a) typischen Verhaltensweisen von Führungskräften sammelt und dann b) als Antwortmodus eine Frequenzrating benutzt, zu einer indirekten Kompetenzmessung führt.

      Um Punkt 1. zu verdeutlichen werden hier ein paar Beispiele gezeigt. Zuerst von LBDQ (Leader Behavior Description Questionnaire) von Ohio State University (1957 Version, aber sie sind auch in der Form XII, 1962, genau gleich oder ähnlich vorhanden). Die Antwortskala ist ein Frequenzrating (Always, Often, Occasionally, Seldom, Never).

      ”5. Acts as the real leader of the group, 28. Is willing to make changes, 30. Fails to take necessary actions, 36. Lets other people take away his/her leadership in the group”.

      Es dürfte klar sein, dass eine Führungskraft die ”Never, Never, Always, Always” als Ratings bei diesen Fragen bekommt, für nicht besonders tauglich gehalten wird. Diese Fragen sind eine Auswahl zur Verdeutlichung. Andere Fragen sind nicht ähnlich ”wertend” sondern neutraler, z.B. ”22. Emphasizes the meeting of deadlines, 24. Encourages the use of uniform procedures”. Immerhin sind einige Fragen deutlich wertend und können deswegen als direkte Kompetenzeinschätzungen der aktuellen Führungskraft betrachtet werden.

      Obwohl nicht gleich deutlich, haben auch neuere Instrumente einen ähnlichen Aufbau:

      Ekvall & Arvonens Fragen zum CPE Modell (s. Kapitel 2.1.5): ”Makes quick decisions when necessary, is considerate, gives clear instructions”. Die Antwortalternativen sind: ”Seldom or never, Sometimes, Often, Most of the time”.

      TLI (Transformational Leadership Inventory) von Podsakoff (Heintz & Rowold, 2007): ”7. Pflegt die Zusammenarbeit unter Arbeitsgruppen, 11. Bringt die Gruppe dazu, gemeinsam für ein Ziel zu arbeiten, 22. Ist ein gutes Vorbild, dem man leicht folgen kann”. Die Antwortalternativen sind: Nie, Selten, Manchmal, Oft, Immer).

      Die