Abbildung 2: Situational Leadership Model nach Hersey & Blanchard (aus Rosenstiel, 1993, S. 345)
Hersey & Blanchards Modell ist im Kontext der Führungsentwicklung sehr beliebt geworden, auch wenn fehlende empirische Belege für die Gültigkeit des Modells beklagt werden (Neuberger, 1980). Man kann auch anmerken, dass die Definition der Situation der Führungskraft begrenzt ist. Es sollten auch andere situative Faktoren als die “Reife“ der Mitarbeiter berücksichtigt werden.
2.1.4 Bass: Transformative vs. Transactional Leadership
Bass (1990) stellt ein Modell vor, das nicht direkt auf den Ohio Studien aufbaut, auch wenn beide gewisse Ähnlichkeiten haben. Bass lehnt sich an Burns (1978) an, indem er zwischen ”Transformative Leadership” und ”Transactional Leadership” unterscheidet.
Transformative Führungskräfte motivieren die Mitarbeiter dadurch, dass sie an höhere Werte appellieren, so dass die Mitarbeiter sich über das hinaus einsetzen, was normalerweise von ihnen erwartet wird. Das wird dadurch erreicht, dass die Führungskraft Charisma besitzt (eine Vision hat und ein Gefühl gibt, eine gemeinsamen Aufgabe zu haben), inspirierend ist (hohe Erwartungen kommuniziert), individuelle Aufmerksamkeit und intellektuelle Stimulation (neue Ideen hat, die die Mitarbeiter herausfordern) gibt.
Führungskräfte mit „Transactional“ Führungsstil dagegen, passen sich an die Anforderungen der Organisation an und fördern Zielerreichung durch materielle Belohnungen (Contingent Reward). Sie machen deutlich, welches Verhalten für die Zielerreichung wünschenswert ist. Damit ähnelt diese Dimension zum Teil ”Initiating Structure“. Sie verlassen sich auch auf Management by Exception, d.h. dass mit Eingriffen gewartet wird, bis etwas falsch läuft. Bass & Avolio (1990) behandeln zwei Varianten von Management by Exception: Einer aktiven, bei der nach Fehler/Abweichungen gesucht wird und (wie früher) einer inaktiven, bei der das Eintreffen von Fehler/Abweichungen abgewartet wird.
Man kann nicht sagen, dass transformative Führung das Gleiche ist wie ”Consideration”. Es beinhaltet Teile, wie Visionen zu schaffen, Ideen zu generieren und Anforderungen zu stellen sind, die nicht direkt von ”Consideration” abgedeckt werden (vielmehr aber von dem Change-Konstrukt in den Kapiteln 2.1.5 und 2.1.6). Den Mitarbeitern Aufmerksamkeit zu widmen, stimmt mit ”Consideration” überein.
Das Modell will alte und neue Führungsstile unterscheiden. Die Aufteilung hat Parallelen zu der Diskussion um Leadership contra Management, die u.a. von Kotter (1990) geführt wurde. Bass hat gezeigt, dass Transformative Führungskräfte von ihrer Umwelt oft positiv beurteilt werden. Das gilt auch für Führungskräfte mit dem Transactionalen Führungsstil, wenn auch nicht in gleich hohem Ausmaß. Bass erwähnt auch eine dritte Kategorie, die er ”Laissez-Faire” Führungsstil (oder Non-Führungsstil) nennt, d.h. die Abwesenheit des Transformativen oder Transactionalen Führungsstil, die allgemein negative Konsequenzen mit sich zieht.
Effiziente Führung entspricht sehr hohen Werten auf den vier transformativen Verhaltensweisen, hohe Werte auf Contingent Reward, etwas von Management by Exception - aktiv, wenig von Management by Exception - passiv und minimal von laissez-faire Verhalten. Bei ineffizienter Führung ist das Verhältnis zwischen den Verhaltensweisen gerade umgekehrt.
Während transaktionale Führung zur erwarteten Leistung der Mitarbeiter führen soll, soll transformative Führung Leistungen über die Erwartungen hinaus (performance beyond expectations) erzielen. Diese postulierte additive Wirkung transformativer Führung wird Augumentationseffekt genannt (Bass, 1985). Statistisch bedeutet dies, dass Messungen von transformativer Führung unique Varianz in Erfolgskriterien erklären soll, d.h. über das hinaus was durch Messungen von transaktionaler Führung erklärt wird. Der Augumentationseffekt ist mehrmals bestätigt worden (Heinitz, Liepman & Felfe, 2005)
Bass Theorie ist auch kritisiert worden. MLQ (Multifactor Leadership Questionnaire, verschiedene Versionen) ist die von Bass entwickelte Methode zur Messung seiner Führungstaxonomie. Forscher haben Probleme, die Faktorenstruktur des MLQ‘s zu bestätigen. Die 4 transformativen Skalen korrelieren manchmal so hoch miteinander, dass in Frage gestellt wird, ob sie als getrennte Konstrukte betrachtet werden können (Northouse, 2004, S. 185). Contingent Reward gehört laut dem Modell zu transaktionaler Führung, korreliert aber normalerweise höher mit den ”Transformative” Skalen (Yukl, 2006, S. 264). Eine andere Kritik gilt der Behauptung von Avolio, Bass & Jung (1999), dass das Modell ein ”Full Range Model” der Führung sei. Michel, Lyons & Cho (2011) zeigen, dass Yukl‘s Fragebogen MPS (Managerial Practices Survey, Yukl, Wall & Lepsinger, 1990, zur Operationalisierung seines Flexible Leadership Model‘s, s. Kapitel 2.1.6), generell mehr und zu MLQ zusätzliche Varianz in Führungskriterien aufklärt.
2.1.5 Ekvall & Arvonen‘s CPE Modell
Unter den Modellen, die an die Ohio Studien anknüpfen, findet man einen Beitrag von Ekvall & Arvonen (1991); das CPE-Modell (Change, Production, Employee - Modell). Ekvall, Arvonen & Nyström (1987) diskutierten bereits früher ausführlich die zunehmende Wichtigkeit der Aufgabe von Führungskräften, Veränderungen zu managen. Ekvall (1988) nennt 1984 das Jahr, in dem in einem Datenmaterial ein Veränderungsfaktor hervortrat (als ein Nebenprodukt eines größeren Forschungsprojekts). Ekvall & Arvonen (1991) haben verschiedene Untersuchungen mit 360 Grad Feedback Formularen, vergleichbar den in den Ohio Studien durchgeführt. Sie haben dabei gezielt neue Items aus dem ”Veränderungsbereich” hinzugefügt. Als sie ihre Ergebnisse faktorenanalysierten fanden sie, dass außer den klassischen Ohio Dimensionen auch ein neuer Faktor hervortrat, der Fragen beinhaltete, wie sich Führungskräfte gegenüber Veränderungen in Organisationen verhalten. Sie bezeichneten diesen Faktor ”Change” und die klassischen Faktoren ”Employee” (manchmal auch ”Relation”) und ”Production” (manchmal auch “Structure“).
Abbildung 3: Ekvall & Arvonens CPE Modell (nach Ekvall & Arvonen, 1991, S. 25)
Ihre Untersuchungsergebnisse konnten repliziert werden, sowohl von ihnen selbst wie auch von Skogstad & Einarsen (1999) und Yukl, Gordon & Taber (2002, s. unten). Ekvall & Arvonen haben verschiedene Untersuchungen mit ihrem Modell durchgeführt, u.a. inwieweit situative Faktoren es beeinflussen, ob ein gewisser Führungsstil vorteilhaft ist (Ekvall & Arvonen, 1994, Arvonen & Ekvall, 1996) und wie verschiedene Führungsstile das Stresserleben der Mitarbeiter beeinflussen (Arvonen, 1995). Arvonen hat ein 360 Grad Instrument entwickelt, das Farax genannt wird und auf diesem Modell aufbaut.
2.1.6 Yukl & Lepsinger‘s Flexible Leadership Model
Yukl, Gordon & Taber (2002) und Yukl (2006) betrachten die drei Führungs-Dimensionen (Change, Task, Relation) als die besten Metakategorien, um Führung zu beschreiben. Yukl (2006) schreibt, dass in den 1990er Jahren diese drei Dimensionen in voneinander unabhängigen Untersuchungen in Schweden (Ekvall & Arvonen, 1991) und in den USA (Yukl, 1997) gefunden wurden. Yukl, Gordon & Taber (2002) zeigen in einer konfirmatorischen Faktorenanalyse, dass das dreidimensionale Modell den besten ”fit” bringt.
In Betracht der gemessenen Führungs-Dimensionen, sind sich das CPE-Modell von Ekvall & Arvonen (1991) und das Flexible Leadership Model von Yukl & Lepsinger (2004) sehr ähnlich. Es sind im Grunde die gleichen drei Führungs-Dimensionen, die gemessen und in verschiedenen Untersuchungen benutzt werden. Yukl & Lepsinger (2004) bauen aber viel mehr Führungstheorie in ihrem Modell ein. Ihr in dieser Hinsicht viel umfassenderes Modell wird unten dargestellt.
Die theoretische Basis des Modells sieht Yukl primär in den Zielen des Führens. So ist das Ziel von Task Behavior Effektivität und Reliabilität der Arbeitsprozesse, das Ziel von Relation Behavior Einsatzwille, Vertrauen und Kooperation und die Ziele von Change Behavior innovative Verbesserungen und Anpassung an externe Veränderungen. Diese Idee wird in Yukl & Lepsinger‘s (2004) Flexible Leadership Model weiter entwickelt. Das Modell baut ganz auf den drei Führungs-Dimensionen auf. Das Flexible Leadership Model sei eine ”comprehensive explanation of the challenges facing leaders and the requirements for effective leadership”