Juristische Grundkurse - Strafrecht - Allgemeiner Teil. Hans-Peter Richter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans-Peter Richter
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844256468
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sich durch sachgerechte Anwendung der Äquivalenztheorie lösen. Bis zum Tod des A wirken nämlich beide Giftmengen zusammen auf den Körper des A ein. Dieser resorbiert das Gift beider Täter bis zur tödlichen Grenzmenge und dies ist der Zeitpunkt, den es mit der Conditio-Formel zu untersuchen gilt. Denkt man sich dort das Gift des einen Täters weg, so würde das verbleibende, resorbierte Gift des anderen unter der tödlichen Grenzmenge liegen. Folglich entfiele der Erfolg. Dass das im Glas verbliebene Gift auch noch resorbiert worden wäre und somit später ebenfalls den Tod bewirkt hätte, ist eine sog. Ersatzursache, deren Hinzudenken unzulässig ist. Somit gelangt man zum richtigen Ergebnis, dass sowohl X wie Y für den Tod des A kausal wurden.

      Es bedarf also nicht der verschiedentlich in diesen Fällen behaupteten Modifizierung der Äquivalenztheorie!(unzutreffend daher z.B. Wessels-Beulke AT, Rn 157).

      Überholende Kausalität

      Damit beschreibt man Fälle, in denen ein Kausalverlauf angelegt ist, der einen bestimmten Erfolg herbeiführen würde. Nun tritt eine neue Ursache ein, die die Fortwirkung der vorherigen Bedingung vollkommen beseitigt und unabhängig von ihr den gleichen Erfolg herbeiführt.

      Bsp.: Patient P stirbt am ärztlichen Kunstfehler. Er wäre ohnehin eine halbe Stunde später an einer verdorbenen Blutkonserve gestorben.

      Da es auf den Erfolg in seiner konkreten Gestalt ankommt, gelangt man unter Anwendung der Conditio-Formel zum Ergebnis, dass ein Hinwegdenken des Kunstfehlers zum Fortfall des Todes durch Kunstfehler führen würde. Der Tod durch eine verdorbene Blutkonserve weist eine andere Gestalt auf und darf daher nicht zur Untersuchung der Kausalität in Betracht gezogen werden.

      Alternative Kausalität

      Alternative Kausalität bezeichnet Fälle, in denen zwei oder mehrere Kausalverläufe angelegt sind, die alle zum Erfolg führen würden, aber nur allein einer davon den Erfolg verursacht.

      Bsp.: A läuft jeden Samstag durch den Wald. Seine Frau pflegt ihm bei der Rückkehr in einem Glas ein erfrischendes Getränk auf der Terrasse bereitzustellen. X schleicht sich an das Glas und schüttet eine tödliche Menge von dem Gift 1 ins Glas. 10 Minuten später tut Y das gleiche, da er von der Tat des X nichts weiß. Jedoch verwendet er das Gift 2, das anders als Gift 1 erst nach Stunden seine tödliche Wirkung entfaltet. A nimmt seinen Erfrischungstrunk und stirbt sofort. - Bis zum Tod des A wirkt hier allein das Gift 1 auf den Körper des A ein. Dieser resorbiert daher nur das Gift von X bis zur tödlichen Grenzmenge und dies ist der Zeitpunkt, den es mit der Conditio-Formel zu untersuchen gilt. Denkt man sich dort das Gift des X weg so entfiele der Erfolg – dass der Tod dennoch durch das Gift des Y eintreten würde, bleibt als unbeachtliche Ersatzursache ohne Bedeutung. Denkt man sich dagegen das Gift des Y weg, so würde das Gift des X dennoch tödlich gewirkt haben. Daher entfiele der Erfolg nicht, also gelangt man zum Ergebnis, dass zwar X, nicht aber Y für den konkreten Tod des A kausal wurde - bei Y bleibt es bei einer versuchten Tat.

      Hinweis: die Bezeichnungen Doppelkausalität und Alternative Kausalität werden nicht überall in gleicher Weise verwendet! So werden z.T. beide Fälle gleichgestellt.

      Kumulative Kausalität

      Kumulative Kausalität bezeichnet Fälle in denen mehrere unabhängig voneinander gesetzte Ursachen erst in ihrem Zusammenwirken gleichzeitig den Erfolg herbeiführen.

      Bsp.: A läuft jeden Samstag durch den Wald. Seine Frau pflegt ihm zu seiner Rückkehr in einem Glas ein erfrischendes Getränk auf der Terrasse bereitzustellen. X schleicht sich an das Glas und schüttet eine für sich nicht tödliche Menge Gift ins Glas. 5 Minuten später tut Y das gleiche, da er von der Tat des X nichts weiß. Nachdem sich das Gift aufgelöst hat, nimmt A seinen Erfrischungstrunk und stirbt sofort, da beide Gifte zusammen tödlich wirken. - Bis zum Tod des A wirken beide Giftmengen zusammen auf den Körper des A ein. Dieser resorbiert das Gift beider Täter bis zur tödlichen Grenzmenge und dies ist der Zeitpunkt, den es mit der Conditio-Formel zu untersuchen gilt. Denkt man sich dort das Gift des einen Täters weg, so würde das verbleibende, resorbierte Gift des anderen unter der tödlichen Grenzmenge liegen. Folglich entfiele der Erfolg. Somit gelangt man zum richtigen Ergebnis, dass sowohl X wie Y für den Tod des A kausal wurden.

      Wiederholungsfragen zum 1. und 2. Kapitel

      32 Fragen

      (Um die Antwort zur jeweiligen Frage zu erhalten, blättern Sie eine Seite vor.)

      1. Frage:

      Wie ist der Prüfungsaufbau gegliedert?

      Antwort 1. Frage:

      1. Tatbestand

       a) objektiver Tatbestand

       b) subjektiver Tatbestand

       2. Rechtswidrigkeit

       3. Schuld

       4. Strafe

      2. Frage:

      Was wird in den Vorschriften des Bes.Teils nur beschrieben?

      Antwort 2. Frage:

       Meist nur der objektive TB des jeweiligen Delikts, nur ausnahmsweise Rechtswidrigkeit und Vorsatz

      3. Frage:

      In welchem Umfang ist auf den Punkt „Strafe“ einzugehen?

      Antwort 3. Frage:

       Nur insoweit, als Strafausschließungs- oder aufhebungsgründe in Frage stehen

      4. Frage:

       Was bleibt vor allem außer Betracht?

      Antwort 4. Frage:

       Strafzumessungsfragen

      5. Frage:

       Welche gedankliche Vorarbeit hat man bei Erstellung des Gutachtens durchzuführen?

      Antwort 5. Frage:

       1.Erfassung des Sachverhaltes;

       2. Erfassen der Fallfrage

       3. Aufsuchen der einschlägigen Straftatbestände

      6. Frage:

       Wie beginnt das Gutachten?

      Antwort 6. Frage:

       Mit einem Einleitungssatz (Fragestellung)

      7. Frage:

       Inhalt dieses ersten Satzes?

      Antwort 7. Frage:

       Täter, in Betracht kommender Straftatbestand und untersuchte Handlung

      8. Frage:

       Was versteht man unter Subsumtion?

      Antwort 8. Frage:

       Prüfung, ob ein konkreter Sachverhalt von der abstrakten Norm erfasst wird

      9. Frage:

       In welche Schritte unterteilt man den Subsumtionsvorgang?

      Antwort 9. Frage:

       Fragestellung, Definition, Herausarbeitung des Sachverhaltes, Prüfung, ob Sachverhalt Definition ausfüllt, Ergebnis

      10. Frage:

       Wann ist ein Verhalten tatbestandsmäßig?

      Antwort 10. Frage:

       Konkrete Umstände entsprechen den abstrakten Merkmalen einer im Gesetz beschriebenen, mit Strafe bedrohten Handlung

      11. Frage:

      Was ist das wesentliche Element der Erfolgsdelikte?

      Antwort 11. Frage:

      Der Eintritt eines bestimmten, im Tatbestand näher beschriebenen Erfolges

      12. Frage:

      Was versteht man unter Kausalität?

      Antwort 12. Frage:

      Die Abhängigkeit eines Erfolges von einem Verhalten, sog. Ursachenzusammenhang

      13. Frage:

      Was ist nach der Äquivalenztheorie als Ursache anzusehen?

      Antwort