Schritt 3 ist dann die Darlegung des untersuchten (konkreten) Sachverhaltes. Also:
Formulierungsvorschlag:
Tatobjekt ist hier die Vase des B.
Schritt 4 stellt den eigentlichen Kern der Subsumtionsarbeit dar, die Feststellung, ob der unter 3. festgestellte konkrete Sachverhalt unter das abstrakte Tatbestandsmerkmal zu subsumieren ist. Man prüft mithin, ob Kongruenz zwischen Tatbestandsmerkmal und Sachverhalt gegeben ist. Also:
Formulierungsvorschlag: Die Vase des B weist Umrisse auf und man kann sie anfassen, sie verfügt daher über die typischen Eigenschaften körperlicher Gegenstände und ist somit ein körperlicher Gegenstand.
Dies erscheint bei diesem einfachen Beispielsfall alles recht übertrieben, es soll jedoch nur das System erläutern. An dieser Stelle Ihres Gutachtens ist regelmäßig eigene Argumentation nötig, die inhaltliche, sachverhaltsbezogene Diskussion wird hier ihren Platz finden.
Der 5. Schritt enthält schließlich das Ergebnis der Prüfung:
Formulierungsvorschlag:
Also ist die Vase eine Sache.
In gleicher Weise verfährt man mit dem Merkmal fremd und dem des Zerstörens.
Sind alle Tatbestandsmerkmale erfüllt, so ist der objektive Tatbestand gegeben. Ergibt die weitere Prüfung dann auch, dass der Täter den subjektiven Tatbestand verwirklicht, sich rechtswidrig und schuldhaft verhalten hat, so hat er sich gemäß der geprüften Vorschrift strafbar gemacht. Das Gutachten schließt dann mit dem Satz:
Formulierungsvorschlag:
Also hat sich A gem. § 303 strafbar gemacht.
Merken Sie sich also folgenden Ablauf der Subsumtion:
1. Obersatz bilden
2. Definition des untersuchten Merkmals
3. Darlegen des untersuchten Sachverhalts
4. Subsumtion
→ Deckungsgleichheit von Definition (2.) und Sachverhalt (3.) feststellen
5. Ergebnissatz
Nach diesem Gedanken- und Arbeitsschema laufen alle strafrechtlichen Falllösungen ab, freilich nicht immer so einfach wie hier.
Beachten Sie: Auch bei noch so komplizierten Fällen, z.T. mit mehrfach verschachtelten Subsumtionsvorgängen, ist die gedankliche Prüfung stets in gleicher Weise wie hier vorgeführt durchzuführen.
Hinweis: in der traditionellen universitären Lehre werden nur vier Subsumtionsschritte aufgeführt. Das Vorgehen ist jedoch mit dem hier oben dargestellten identisch, denn die Schritte drei und vier oben werden in dem traditionellen Aufbau lediglich in einem Schritt zusammengefasst!
2. Kapitel – Tathandlung, Kausalität und Zurechnung
Die Tathandlung
Es muss als Anknüpfungspunkt für strafrechtliche Verantwortung immer zunächst nach einem Verhalten des Täters gesucht werden. Dieses kann in einem Handeln oder einem Unterlassen liegen.
Zu den Unterlassungsdelikten siehe Juristische Grundkurse, Band 7, Strafrecht, Allg. Teil 2
Was sich hinter dem Begriff der Handlung exakt verbirgt, wird von verschiedenen Handlungslehren unterschiedlich beurteilt. So gibt es einen kausalen, sozialen und finalen Handlungsbegriff.
In der Rechtslehre hat sich überwiegend die finale Handlungslehre durchgesetzt, der auch in diesem Buch gefolgt wird, während die Rechtsprechung noch weitgehend der kausalen Handlungslehre anhängt.
Streng genommen wird meist keine rein finale oder rein kausale Handlungslehre vertreten, sondern die Ansätze gehen lediglich von dem einen oder anderen Leitbild aus. Teils werden einige dieser Ansätze auch als soziale Handlungslehre bezeichnet.
Vgl. näher zu den einzelnen Ansätzen die Übersicht bei Joecks, Stuko, Vor § 13, 6 ff.
Für die Fallbearbeitung ist dieser Unterschied zunächst ohne Bedeutung. Dort wo er sich auswirkt wird im weiteren Verlauf des Kurses auch darauf eingegangen.
Das erfasste Verhalten muss
tatbestandsmäßig
sein, d.h. die konkreten Umstände müssen den abstrakten Merkmalen einer im Gesetz beschriebenen und mit Strafe bedrohten Handlung entsprechen. Bei zahlreichen Strafvorschriften des Besonderen Teils des StGB handelt es sich um Erfolgsdelikte. So auch bei den in diesem Buch behandelten Delikten der §§ 211, 212, 223, 224, 303. Das Charakteristikum dieses Deliktstypus ist es, dass ein dort beschriebener Erfolg eintritt, z.B. der Tod eines Menschen (§§ 211, 212), eine Körperverletzung (§§ 223 ff), die Zerstörung einer Sache (§ 303). Diese Erfolge beruhen stets auf irgendeiner Ursache, meist einem menschlichen Verhalten. Ihre Aufgabe ist es, zunächst zu untersuchen, ob ein bestimmtes, im Sachverhalt dargelegtes Verhalten zu diesem Erfolg geführt hat. Als tatbestandsrelevantes Verhalten kommt
jedes von einem menschlichen Willen getragene Handeln oder Unterlassen
in Betracht.
Die Kausalität
Die Beziehung zwischen dieser Handlung und dem Erfolg muss in Form eines Ursachenzusammenhanges - Kausalität - vorliegen.
Kausalität bezeichnet einen Ursachenzusammenhang zwischen Tathandlung und Taterfolg
In der Feststellung, dass eine Tathandlung, ein Taterfolg und die diese beiden Komponenten verknüpfende Kausalität gegeben ist, erschöpft sich oftmals die Prüfung des objektiven Tatbestandes eines Erfolgsdeliktes. Kausalität wird zwar im Ergebnis oft mit einem rein naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang übereinstimmen, aber vom gedanklichen Ansatz her handelt es sich um eine Ursächlichkeit im Rechtssinn.
Im Strafrecht folgt man bei der Kausalitätsprüfung im Grundsatz der sog.
Äquivalenztheorie
Danach sind
Ursache alle Bedingungen, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele
Um zu prüfen, ob Kausalität i.S.d. Äquivalenztheorie vorliegt, nimmt man folgende Gedankenoperation vor:
→ 1. man denkt sich die Handlung (Bedingung) des Täters weg
→ 2. man prüft, was mit dem Erfolg dann geschehen würde
→ 3. Gelangt man zu dem Ergebnis, dass es ohne diese Handlung nicht zu dem Erfolg kommen konnte, der Erfolg also entfiele, so liegt Kausalität zwischen Handlung und Erfolg vor. Anderenfalls fehlt es an der Kausalität.
Der Erfolg ist dabei möglichst genau zu beschreiben. So genügt es streng besehen nicht, wenn A den B erschießt vom „Tod des B“ als dem Erfolg zu sprechen. Strafrechtlich relevant ist nämlich nur der Tod durch den Schuss des A, nicht etwa irgendein anderer Eintritt des Todes, z.B. durch Altersschwäche. Genau der exakt herausgearbeitete Erfolg muss dann bei Anwendung der Kausalitätsformel entfallen!
Die vorstehende Gedankenoperation bezeichnet man auch als
„conditio sine qua non“ Formel.
Dadurch werden freilich sehr viele Verhaltensweisen erfasst, die nicht alle strafrechtsrelevant sein können. Welches kausale Verhalten jedoch als unbeachtlich und welches als beachtlich anzusehen ist, wird an anderer Stelle (z.B. bei der Zurechnungsfrage) zu erörtern sein.
Abweichend davon wird nach anderer Ansicht die Kausalität nicht nach der Äquivalenztheorie, sondern nach der Adäquanztheorie bestimmt. Diese berührt jedoch auch gleichzeitig Zurechnungsfragen und daher soll auf die Adäquanztheorie erst im Rahmen der Zurechnung näher eingegangen werden.
Ähnlich geht die „Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung“ vor. Danach ist ein Verhalten dann Ursache eines Erfolges, wenn dieser mit dem Verhalten durch eine Reihe von Veränderungen in der Außenwelt gesetzmäßig