Bitte, gib nicht auf.. Denise Docekal. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Denise Docekal
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752923889
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      Nickend wandte ich mich um und holte einen Kaffeebecher aus dem Schrank und startete anschließend die Kaffeemaschine.

      Wenn ich schon dabei war, machte ich mir auch gleich selbst einen.

      Als ich Adam seinen Becher überreichte, zuckte ich entschuldigend die Schultern: „Ich habe leider sonst nichts da. Ich war bisher noch nicht einkaufen.“, nicht mal Milch hatte ich gekauft, weshalb ich mich daran gewöhnt hatte, meinen Kaffee schwarz zu trinken.

      „Man merkt, dass du dir noch nicht so viel Mühe gegeben hast, was das Einrichten betrifft. Sieht aus, als wärst du erst vor ein paar Stunden eingezogen.“, um das zu unterstreichen, wies er auf die Kartons im Eingangsbereich.

      „Ich konnte mich bisher noch nicht durchringen.“, gab ich zu.

      „Verständlich.“, Adam trank seinen Kaffee auf einen Zug leer, stellte die Tasse ab und klatschte in seine Hände: „Dann gehen wir’s mal an.“

      Ich dachte, das wäre das Zeichen gewesen, dass er jetzt ging. Das dachte ich wirklich. Immerhin ging er auch in den Eingangsbereich. Aber anstatt sich seine Schuhe anzuziehen, bückte er sich, um einen der Kartons hochzuheben. Er schien gelesen zu haben, dass es auf dem Deckel ganz fett „Küche“ stand, denn er trug den Karton zu mir, um ihn auf der Theke abzustellen.

      Ich konnte ihn bei dieser Handlung nur verwirrt ansehen. Selbst als er das Klebeband abriss, um den Karton zu öffnen, war ich immer noch starr.

      Was machte er da?

      „Ist es okay, wenn ich Licht mache? Das wird sich im Dunkeln als ein wenig kompliziert erweisen.“

      „Ich ...“, ich konnte nichts antworten. Adam schien das als ein „Ja“ aufgefasst zu haben, denn er machte, nach kurzer Suche nach dem Lichtschalter, die Deckenbeleuchtung an. Kurz kniff ich die Augen zusammen. Meine Augen hatten sich bereits an das Dunkle hier gewohnt – ich schaltete wirklich selten abends und nachts Licht an – wodurch das Grelle in meinen Augen schmerzte. Adam ignorierte meinen verkniffenen Gesichtsausdruck und machte sich daran, den Karton auszupacken. Immer wieder fragte er mich, wohin ich was haben wollte.

      „Wohin mit den Töpfen?“ „Was soll ich mit den Geschirrtüchern machen?“ „Wie willst du Kochlöffel angeordnet haben?“

      Keine zwanzig Minuten später war die Küche eingerichtet und der Karton war leer.

      „Was soll das?“, endlich fand ich meine Sprache wieder.

      „Wir richten dich jetzt ein.“

      „Es ist drei Uhr morgens.“, rief ich, als ob das alles erklären sollte.

      Adam sah auf seine Uhr am Handgelenk: „Eigentlich ist es schon fast vier.“, er zuckte mit den Schultern: „Jetzt hat es doch auch keinen Sinn mehr, nochmal schlafen zu gehen.“, er deutete auf die weiteren acht Kisten: „Welcher Raum ist als nächstes dran?“

      Und so machten wir uns für die kommenden zwei Stunden daran, meine Wohnung einzurichten. Wir arbeiteten uns von Raum zu Raum – meine Eltern hatten wirklich jede einzelne Kiste beschriftet – bis wir wieder in meinem Schlafzimmer angelangt waren.

      Als wir beim letzten Karton angekommen waren, konnte ich schon ahnen, was sich darin befand. Ich wollte Adam noch davon abhalten ihn zu öffnen, aber ich war zu langsam. Als ich Adam hart schlucken hörte, wusste ich auch, dass meine Annahme über den Inhalt des Kartons, stimmte.

      „Ähm, willst du hier Bilder aufhängen?“

      Ich schüttelte den Kopf.

      Dazu konnte ich mich wirklich noch nicht durchringen.

      Adam nickte verständnisvoll und verschloss den Karton wieder. Anschließend hob er ihn hoch und packte ihn in die hinterste Ecke meines Kleiderschrankes. Dabei fiel sein Blick auf die wenigen Klamotten, die sich darin befanden: „Ich hatte eigentlich immer gedacht, dass ihr Mädels sehr viel mehr Kleidung besitzen würdet.“, Adam kratzte sich am Hinterkopf.

      „Wirf doch nicht alle Frauen in einen Topf!“, dieser verdammte Sexist.

      Als er meinen schnaubenden Tonfall hörte, drehte er sich lachend zu mir um: „Oh, tut mir leid, Eure Hoheit. Bisher hat sich dieses Vorurteil einfach immer bestätigt.“

      „Vielleicht warst du bisher auch mit nur einem Typ Frau zusammen.“, gab ich bissig zurück, dann nickte ich zu dem Reisekoffer, der bei meinem Schreibtisch stand: „Dort sind noch ein paar Klamotten von mir drinnen.“

      Adam nickte und ging zu dem Koffer.

      Wow, Moment mal.

      „Hey!“, rief ich, als er den Koffer auf mein Bett warf und anfing ihn zu öffnen.

      „Was denn?“, mal wieder saß Adam der Schalk in den Augen: „Glaubst du, dass ich noch nie Slips und BHs gesehen habe? Jetzt stell dich nicht so an, Mary. Ich habe gerade deine Tampons ins Badezimmer gestellt.“

      Meine Wangen liefen rot an. Verdammt, das hatte ich gar nicht mitbekommen.

      Adam öffnete meinen Koffer vollständig und wir fingen an meinen Kleiderschrank einzuräumen. Da ich noch nie viel Kleidung besessen hatte, ging das recht zackig und nach einer halben Stunde waren wir fertig.

      Ich stellte den Koffer neben meinen Schrank und atmete tief ein. Unglaublich, wir hatten es wirklich geschafft. Meine Wohnung war eingerichtet.

      Bei diesem Gedanken kamen mir sofort wieder die Tränen und mal wieder fing ich vor Adam an zu schluchzen. Er tat genau dasselbe, wie vor ein paar Stunden. Er nahm mich in den Arm und ließ mich an seiner Brust weinen.

      Eine Stunde, bevor unsere erste Vorlesung starten würde, verabschiedete sich Adam leise von mir und ließ mich noch versprechen, vor dem Buchladen auf ihn zu warten, damit wir gemeinsam fahren könnten. Ich wollte es ihm zu Beginn nicht versprechen – weil ich mir nicht sicher war, ob ich es schaffen würde, auf die Uni zu fahren – aber Adam beharrte darauf, wodurch mir nichts anderes übrigblieb, als einzuwilligen.

      Sobald die Tür hinter Adam ins Schloss gefallen war, fühlte ich mich automatisch wieder einsam. Es war mir gar nicht aufgefallen, aber er hatte es wirklich geschafft, meine Einsamkeit und den damit verbundenen Schmerz für ein paar Stunden verblassen zu lassen. Nun kam der Schmerz wieder – heftig, sodass ich für einen Moment das Gefühl hatte, keine Luft mehr zu bekommen.

      Dann sah ich mich in meiner Wohnung um. Alles war eingerichtet. Sie sah nun tatsächlich bewohnt aus. Selbst meine Kleidung hing säuberlich im Kleiderschrank, sodass ich eigentlich nicht mehr an Markus‘ T-Shirts gebunden war.

      Sodass ich eigentlich auch nicht mehr an Markus gebunden war.

      Den Gedanken schüttelte ich schnell wieder ab. Ich würde immer an ihn gebunden sein, er war immerhin mein Zwillingsbruder. Er war mein Zwillingsbruder gewesen.

      Bevor ich mich weiter an meinen eigenen Gedanken aufhing, entschied ich mich für eine kalte Dusche. Die würde mir hoffentlich helfen, wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

      Ich würde Adam sowieso nicht entwischen können – keine Ahnung, ob ich es überhaupt wollte oder nicht – denn er stand bereits vor dem Buchladen, als ich die Straße hinunter ging. Er lehnte entspannt an der Hausmauer, während er offenbar in ein Buch vertieft war. Unglaublich.

      Ich hätte nie damit gerechnet, ausgerechnet diesen Menschen lesen zu sehen. Aber das gehörte wahrscheinlich zur Grundausstattung eines jeden Buchverkäufers.

      Wie er wohl an den Job gekommen war?

      Als ich noch einige Meter von ihm entfernt war, blickte er von seinem Buch hoch. Ein leichtes Lächeln breitete sich in seinem Gesicht aus und er packte das Buch in seine Umhängetasche.

      Adam hatte eindeutig in der einen Stunde geduscht und sich wahrscheinlich noch ein paar Kaffee reingepfiffen, er wirkte nämlich putzmunter und voller Tatendrang.

      „Guten Morgen.“, sagte er, als ich bei ihm angekommen war.

      Abschätzig