Bitte, gib nicht auf.. Denise Docekal. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Denise Docekal
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752923889
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dargestellt, dass ich mich frage, ob sie das schon mal einem Typen angetan hat. Wenn ja, dann hoffe ich sehr, dass es der arme Kerl auch wirklich verdient hat.“

      Wie bitte?

      „Susi hat zu dir gesagt, dass sie dir die Eier abreißen würde?“, ich wusste nicht mal, dass solche Worte in Susis Vokabular existierten.

      „Wie gesagt, sie hat es ein wenig besser verbildlicht. Aber zusammengefasst – ja.“, Adam konnte sich das Grinsen wirklich nicht verkneifen: „Du hast eine wirklich brutale Freundin, Mary.“

      Schien so.

      Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet.

      Adam und ich kamen gemeinsam bei unserer Haltestelle an. Während der Fahrt in der Straßenbahn hatten wir uns kaum unterhalten. Nicht, dass mich das störte. Es war nur komisch.

      Ich konnte Adam Winter einfach nicht einschätzen. Im einen Moment war er unglaublich gesprächig und wollte über alles mögliche quatschen, im nächsten hing er selbst seinen Gedanken nach und schien seine Umwelt kaum wahrzunehmen.

      Dieser Mann verwirrte mich einfach.

      Gerade wollte ich ansetzen, um mich schnell bei Adam zu verabschieden, um in meine Wohnung flüchten zu können, da kam mir er mir schon zuvor: „Willst du noch mitkommen?“

      Mitkommen?

      „Wohin sollte ich mitkommen wollen?“, abschätzig musterte ich ihn.

      Was hatte Adam Winter vor?

      „Ich muss jetzt gleich in der Buchhandlung arbeiten. Wenn du willst, kannst du mitkommen. Die nächste Schicht habe ich allein und wir haben eine recht gemütliche Ecke zum Lesen und Entspannen.“, er nickte hinüber zum Laden. Gerade waren die Rollläden ausgefahren und ein paar Menschen standen darunter, lasen Klappentexte von Büchern, die draußen in Bücherwannen lagen und flüchteten vor der prallen Septembersonne.

      „Ich weiß nicht. Ich sollte wirklich heim.“, wich ich aus und blickte in die Richtung, die mich in meine eigenen vier Wände führen würde. Obwohl ich wusste, wie einsam ich mich in diesen vier Wänden fühlen würde.

      „Ach komm schon. Was willst du denn allein zu Hause machen? Wir haben am Freitag, nachdem du mit deiner Mum weg warst, noch eine riesige Ladung an neuen Büchern bekommen. Großteils Ersterscheinungen. Ich glaube, da sind ein paar dabei, die dich wirklich interessieren könnten.“

      „Und du glaubst zu wissen, was für einen Buchgeschmack ich habe?“, ich zog die Brauen fragend hoch.

      Adam lachte: „Teilweise. So ganz habe ich dich noch nicht durchschaut, Mary Vogel. Aber du könntest mir deinen Büchergeschmack ja bei einer Tasse Kaffee erklären und ich suche eine paar nach deinem Geschmack raus. Klingt das nach einem Deal?“

      Deal?

      Was für eine Art Deal sollte das denn bitte sein?

      „Warum tust du das?“, ich verstand ihn einfach nicht: „Warum lädst du mich ein zu dir in die Buchhandlung zu kommen?“

      Jetzt wirkte sein Blick tatsächlich ein wenig zerstreut. Noch nie hatte ich einen solchen Gesichtsausdruck bei ihm gesehen. Adam war einer der selbstbewusstesten Menschen, die ich kannte. Er hatte immer eine Antwort parat. Ihn jetzt einen Moment sprachlos zu sehen, überraschte mich. Und erfüllte mich ehrlich gesagt mit einer gewissen Genugtuung. Seufzend fuhr sich Adam durchs Gesicht, bevor er erwiderte: „Schau, ich will ehrlich zu dir sein. Allein sein kann manchmal wirklich schön und angenehm sein. Es kann aber auch unglaublich schmerzen und einen um den Verstand bringen. Ich will dir nur einen Ort geben, an dem du nicht allein sein willst. Falls du jetzt nicht mitkommen willst, ist das okay. Aber sei dir bitte einfach bewusst, dass du jederzeit in die Buchhandlung kommen kannst, um dort ein paar Stunden totzuschlagen. Selbst wenn ich mal alleine dort bin, fühle ich mich nie einsam.“

      Wow.

      Was antwortete man auf so etwas?

      Nie im Leben hätte ich eine solch tiefgründige Aussage aus Adam Winters Mund erwartet. Nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass Adam Winter mir tatsächlich helfen wollte.

      „Okay.“, gab ich klein bei. Auch, weil ich selbst einfach nicht allein sein wollte im Moment: „Ich komme mit. Mit dem Kaffee hast du mich überredet.“

      Ein breites Grinsen breitete sich auf Adams Gesicht aus und er legte einen Arm um meine Schulter: „Du wirst es nicht bereuen, glaub mir, Mary.“

      Wie auch bei den letzten Malen, verzauberte mich der Laden, nachdem ich eingetreten war. Auf den ersten Blick schien es, als ob ein pures Chaos herrschen würde, aber nach nur wenigen Momenten erkannte man die Ordnung und das System, das hinter diesem Chaos steckte.

      „Mit Milch?“, fragte mich Adam, als er zur Kaffeemaschine ging.

      Hinter der Kasse stand noch eine ältere Dame, die mich freundlich gegrüßt hatte, als ich eingetreten war.

      „Ja, bitte.“, rief ich. Adam war bereits bei der Kaffeemaschine angekommen und drückte ein paar Knöpfe.

      „Adam, Schätzchen, hier liegt die Liste mit den Bestellungen, die heute wahrscheinlich abgeholt werden. Außerdem kommt heute noch ein Lieferant, der ein paar Exemplare von diesem neuen österreichischen Thriller liefern soll. Und Frau Weinwurm war heute schon da – also brauchst du dir, um sie keinen Kopf mehr zu machen.“, sie zwinkerte Adam zu, da dieser sich bei dem Namen dieser Frau Weinwurm umgedreht hatte.

      „Halleluja.“, brummte er.

      Jetzt wurde ich aber neugierig: „Wer ist Frau Weinwurm?“

      Die Frau hinter der Kasse grinste mich an. War das etwa ein dreckiges Grinsen? „Frau Weinwurm ist eine unserer Stammkundinnen, die sich am liebsten von unserem lieben Adam beraten lässt. Und eins muss ich sagen, mit ihren Mitte Fünfzig ist sie noch gut in Schuss.“

      Adam stöhnte genervt auf und wechselte die Tassen bei der Kaffeemaschine: „Kann schon sein, ich bin trotzdem nicht darauf aus ihr nochmal erklären zu müssen, dass ich auf Frauen in meinem Alter stehe, und nicht auf solche, die meine Mutter oder sogar beinahe meine Großmutter sein könnten.“

      Die Buchhändlerin lachte hell und fing an, ihre Tasche hinter dem Tresen zu packen: „Ach mein Lieber. Aber dafür lässt sie immer ein nettes Trinkgeld für dich da.“

      „Fühlt sich irgendwie komisch an, es anzunehmen.“, gab er zu, ich sah aber genau, dass er grinste.

      „Bei dir alles klar? Brauchst du noch was?“, die Frau hatte ihre Tasche um ihre Schulter gehängt und erhob sich, um den Laden zu verlassen.

      „Nein, danke, Karin. Wir sehen uns.“

      „Bis bald, mein Lieber.“, sie winkte ihm und schenkte auch mir noch ein Lächeln zum Abschied. Sobald die Tür ins Schloss gefallen war, stand Adam auch schon vor mir und drückte mir meine Tasse in die Hand.

      Der Kaffee roch köstlich.

      „Deine Kollegin ist nett.“, sagte ich, bevor ich an meinem Heißgetränk nippte.

      Hm, der war ja großartig!

      „Gerne. Und auch gern geschehen für den Geschmack. Als ich hier angefangen habe zu arbeiten, habe ich mich für gute Bohnen eingesetzt. Der Kaffee früher war kaum trinkbar.“, auch Adam nahm einen Schluck: „Ja, Karin ist toll. Sie sind alle tolle Menschen.“, er ging hinter den Tresen und tippte etwas in die Tastatur des Computers.

      „Wie lang arbeitest du schon hier?“, fragte ich und folgte ihm, blieb aber vorm Tresen stehen.

      „Puh, ich glaube schon fast vier Jahre. Ich habe in der Schule angefangen, damals natürlich mit total wenigen Stunden und meistens nur samstags. Dann habe ich ein Jahr Pause gemacht vom Lernen. Weil ich zum Glück untauglich war und deshalb nicht zum Bundesheer musste, habe ich in dem Jahr Vollzeit hier gearbeitet. Als ich mit meinem Studium begonnen habe, habe ich die Stunden zwar wieder runtergeschraubt, verbringe aber trotzdem fast jede freie Sekunde hier.“, konzentriert