Bitte, gib nicht auf.. Denise Docekal. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Denise Docekal
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752923889
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und kniete sich zu meinen Beinen: „Alles okay?“, er legte seine Hand auf meine, die auf der Stelle an meinem Kopf lag, die ich mir gerade verletzt hatte.

      „Bestens.“, murmelte ich, gleichzeitig tanzten aber schwarze Punkte vor meinen Augen herum.

      Vorsichtig hob er meine Hand an, sodass er die Stelle begutachten konnte.

      „Fuck.“, er ließ meine Hand wieder darauf sinken: „Ich glaube, dass wir ins Krankenhaus müssen.“

      Oh nein, sicher nicht.

      „Mary.“, er sah mir ernst ins Gesicht: „Das blutet. Wir sollten wirklich ins Krankenhaus fahren.“

      „Ich will nicht ins-“, bevor ich den Satz beenden konnte, übergab ich mich auf Adams Schuhe.

      Im nächsten Krankenhaus – nur ein paar wenige Minuten von meiner Wohnung entfernt – wurde ich direkt in einen Untersuchungsraum auf der Unfallstation geführt. Winter immer an meiner Seite.

      Es war mir unglaublich unangenehm, dass er immer noch hier war. Und, dass ich auf seine Schuhe gekotzt hatte. Na gut, das fand ich ehrlich gesagt auch irgendwie ganz witzig.

      Nachdem uns die Schwester versichert hatte, dass jeden Moment eine Ärztin kommen würde, verließ sie uns wieder. Sie hatte mir sicherheitshalber eine kleine Schale, in die ich mich übergeben konnte, dagelassen und Adam ein dickes Tuch gegeben, das er auf meine Wunde drücken sollte.

      Dadurch stand er jetzt in diesem kleinen Zimmer sehr nah vor mir und sah auf mich herunter. Ich schluckte hart. Er roch wirklich gut, das musste man ihm lassen. Zum Glück trug er mittlerweile ein T-Shirt, das hatte er sich offenbar noch übergeworfen, bevor er mir nachgerannt war.

      Warum war er mir überhaupt nachgerannt?

      „Musst du nochmal kotzen?“, fragte Adam mich vorsichtig. Offenbar hatte ich bei meinem letzten Gedanken das Gesicht verzogen.

      Ich schüttelte den Kopf, bereute es aber sofort. Also antwortete ich: „Nein.“

      „Gut, noch eine Ladung würden meine Schuhe wahrscheinlich nicht überleben.“, abschätzig blickte er auf sie: „Obwohl, ich glaube die müssen sowieso in die Tonne.“

      Adam trug Schuhe, die Großteils aus Stoff bestanden. An den Gedanken, dass ich auf seine hübschen Stoffschuhe gekotzt hatte, musste ich lachen. Ein ehrliches und lautes Lachen. Weil mein Kopf so stark brummte, konnte ich auch gar nicht aufhören.

      Ich lachte sogar noch, als die Ärztin den Raum betrat. Diese zog die Brauen hoch und sah mich abschätzig an. Adam zuckte mit den Schultern: „Ich glaube, sie hat den Verstand verloren.“

      „Frau Vogel, geht es Ihnen gut?“

      Ging es mir gut?

      Nein, mir ging’s alles andere als gut.

      Mein Lachen wurde schnell hysterisch und ging zu guter Letzt in ein lautes Schluchzen über.

      Mir ging’s gar nicht gut.

      Ich war ein einziges Wrack.

      Adams freie Hand schloss sich um mich und ich heulte, wie ein Schlosshund, an seiner Brust. Die Ärztin murmelte etwas davon, dass sie in zehn Minuten nochmal kommen würde. Ich bekam ehrlich gesagt nicht viel davon mit. Ich fühlte nur diesen verdammten Schmerz in meiner Brust und in meinem Kopf und konnte ihn nicht länger verstecken.

      Das war also das zweite Mal, dass ich vor Winter heulte.

      Irgendwann hatte ich mich beruhigt und die Ärztin konnte mich untersuchen. Sie meinte, dass ich eine Gehirnerschütterung hätte, die Wunde würde aber nicht genäht werden müssen. Auch die leichte Blutung hätte gestoppt. Deshalb gab sie mir ein ganzes Döschen Schmerztabletten, welche ich alle drei Stunden nehmen sollte, und bat mir an, eine Nacht im Krankenhaus zur Überwachung zu bleiben.

      Aber das war das letzte, was ich wollte.

      „Nein, schon gut.“, gab ich zurück und packte das Döschen in meine Hose.

      „Sie sollten heute wirklich nicht allein bleiben, Frau Vogel. Haben Sie jemanden, der ein Auge auf Sie hat? Mit einer Gehirnerschütterung ist wirklich nicht zu spaßen.“

      „Ich passe auf sie auf.“, meldete sich Adam, der hinter mir stand. Ich drehte mich zu ihm um. Er nickte mir zu und blickte dann wieder zur Ärztin: „Worauf soll ich achten?“

      Die Ärztin zählte ihm einige Symptome auf, bei denen er mich wieder ins Krankenhaus bringen sollte. Ich hörte gar nicht richtig hin. Ich wollte nur noch in mein Bett und zum tausendsten Mal die übermalten Klebesterne betrachten.

      „Okay, ich passe auf sie auf.“, hörte ich Adam sagen. Dann rückte er wieder in mein Blickfeld: „Wir können los.“

      Etwas schwerfällig rutschte ich von der Liege und achtete darauf, keine zu kräftigen Schritte zu tätigen. Sonst würde mein Schädel nur wieder lauter pochen.

      Adam legte einen Arm um mich und führte mich mit langsamen Schritten zum Ausgang. Er ahnte wahrscheinlich, dass ich mich gerade nicht zu schnell bewegen konnte.

      Die ersten fünf Minuten gingen wir schweigend. Adam hatte immer noch seinen Arm um mich gelegt und ich war zu müde, um ihn von mir wegzustoßen. Also ließ ich mich stumm von ihm in die Richtung führen, aus der wir gekommen waren.

      Nach einer Weile fragte er leise – als ob er Angst hätte, dass ich bei einer zu lauten Stimme wieder erbrechen müsste: „Wohin?“

      Ich sagte ihm den Weg und ließ mich von ihm weiterhin führen.

      Als wir vor meiner Wohnungstür standen, schaffte ich es, mich aus seinen Armen zu winden: „Danke für’s bringen.“, murmelte ich und wollte schon die Tür aufschließen.

      „Ich komme mit.“

      Der Schlüssel steckte bereits im Schloss, ich drehte ihn aber nicht, sondern erstarrte: „Was?“

      „Du hast ja gehört, was die Ärztin gesagt hat. Du solltest heute nicht mehr alleine sein.“

      Er hatte das vorhin ernst gemeint?

      „Ich krieg das schon hin, keine Sorge. Kann ganz gut auf mich aufpassen.“

      „Mary.“

      „Winter, ich will allein sein, okay? Ich brauche keinen Aufpasser. Falls es mir wieder schlechter gehen sollte, ruf ich die Rettung.“, würde ich bestimmt nicht, aber vielleicht konnte ich ihn damit ja zum Gehen anregen.

      Adam musterte mich von oben bis unten, dann schüttelte er den Kopf: „Nein, in meiner Verpflichtung als verantwortungsbewusster Bürger, lasse ich dich nicht allein. In welchem Stockwerk wohnst du?“

      Nach weiteren zehn Minuten Diskussion vor der Tür, im Aufzug und direkt vor meiner Wohnung, gab ich irgendwann auf.

      Hinter mir trat Adam in die Wohnung und ich hatte das Gefühl, dass er das gesamte Apartment ausfüllen würde, so groß wie er war.

      Ich nickte Richtung Küche: „Bediene dich, falls du was brauchst.“, mit diesen Worten trat ich mir die Schuhe von den Füßen und schlurfte ins Wohnzimmer, um mich dort auf das Sofa fallen zu lassen. Dabei fiel mein Blick mal wieder auf dieses verdammte, gigantische Kreuz, das an der Wand hing.

      Adam kam wenige Minuten später ebenfalls ins Wohnzimmer, er hatte ein Glas Wasser in der Hand, das er vor meiner Nase abstellte: „Nimm eine von den Tabletten.“

      Ach ja.

      Ich holte das kleine Döschen aus meiner Hosentasche. Bevor aber eine Tablette herausholte, hielt ich kurz inne. Ich hatte die Ärztin nicht gefragt, ob sich das Medikament mit meinen Antidepressiva vertragen würde. Ich hatte es auch nicht in meinen Unterlagen angegeben, dass ich noch weitere Medikamente nahm.

      Sollte ich es wirklich riskieren? Was wusste ich denn, welche Art von Schmerzmitteln die junge Ärztin mir in die Hand gedrückt hatte.

      „Was ist? Nimm sie.“, Adam hatte