Fara - Kampf um Villa Patria. Rolf Berkamm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rolf Berkamm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752912159
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an.

      „Das stimmt. Ich mische oft verschiedene Kräuter, um die Wirkung zu verstärken. Manchmal hilft das Eine und dann das Andere. Das mit dem Honig kenne ich auch. Aber Olivenöl haben wir hier im Überfluss.“ Wisgard war überrascht, dass Fara die Melisse erkannt hatte. „Welche Kräuter werden bei euch genommen?“, fragte sie.

      „Zu denen, die du genannt hast, verwenden wir Schafgarbe, Spitzwegerich oder Kamille. Was man im Wald eben findet.“ Fara zuckte vielsagend mit den Schultern.

      Wisgard stutzte. „Habt ihr denn keinen Kräutergarten?“

      „Dafür ist kein Platz in der Burg. Außerhalb der Burg fressen die Pferde alles Grüne weg. Deshalb suchen wir im Wald. Dort kennen wir die Stellen, an welchen Kräuter wachsen.“

      „Du kennst dich recht gut mit den Heilkräutern aus“, stellte Wisgard fest.

      Fara zuckte wieder mit den Schultern. „Ich wollte so viel wie möglich über die Heilkunst wissen. Deshalb bin ich oft mit unserer Heilerin mitgegangen.“

      In der Zwischenzeit hatte Wisgard aus ihren Töpfchen etwas ölige Kräuterpaste auf einen Leinenstreifen gestrichen. Diesen wickelte sie um Faras Handgelenk und band ihn mit einer dünnen Schnur viermal über Kreuz gewickelt fest. Am Ende sahen beide Handgelenke aus, als ob diese mit weißen Schmuckbändern verziert waren.

      „So. Fertig! Morgen erneuern wir die Kräuter und dann dauert es ein paar Tage, bis alles verheilt ist.“ Wisgard war mit ihrem Werk sichtlich zufrieden.

      „Danke“, sagte Fara leise.

      Wisgard schaute Fara prüfend an. „Deine Haare sind fast trocken. Clarissa und Markus werden schon ungeduldig auf uns warten. Wir nehmen das restliche Essen mit.“

      Draußen war es schon dunkel und die wärmende Sonne verlor ihre Macht an die abendliche Kühle. Dankbar raffte Fara das Sagum um ihre Schultern.

      Die Heilerin führte Fara über den Hof ins Herrenhaus. Am Eingang brannte eine Fackel. Durch einen Gang mit bemalten Wänden gelangten sie zum Atrium mit Säulengängen. Rechts unter einer Tür war ein Lichtschein zu sehen. Wisgard öffnete diese Tür und schob Fara hinein.

      Das Zimmer, das sie betraten, war reich ausgestattet mit Liegen, Bänken und Truhen. Es brannten vier Fackeln an den Wänden, so dass ausreichend Licht war. In der Mitte stand eine Steinfigur. Fara schaute den dargestellten Mann fasziniert an. Er schien Wein zu lieben, denn er hielt eine Weintraube in einer Hand und in der anderen einen Weinkrug. Um die Hüften war er mit Weinranken verziert.

      „Das ist der Wein- und Fruchtbarkeitsgott Bacchus“, sagte Clarissa, die dem Blick von Fara gefolgt war. Sie und Markus hatten je eine Liege in Beschlag genommen.

      Wisgard hatte beruhigend einen Arm um Fara gelegt. „Das ist Prinzessin Fara.“

      Damit deutete sie an, dass Fara ihr Schweigen aufgegeben hatte.

      „Setz dich hier auf die Bank. Clarissa, darf ich bleiben?“, fragte Wisgard ihre Herrin.

      „Nimm Platz und stell das Essen auf den Tisch neben euch. Wie geht es den Handgelenken?“, fragte Clarissa Fara.

      „Das braucht ein paar Tage“, sagte Fara leise.

      So, wie sie da auf der Bank saß, war das eine andere Fara als in der Badestube. Wisgard ärgerte sich, dass sie nicht ein Band in deren Haare binden ließ. Jetzt hatte Fara den Kopf leicht gesenkt und saß etwas zusammengesunken auf ihrem Stuhl. Dadurch fielen ein paar Haarsträhnen nach vorn und ihr Gesicht lag im Schatten. So wirkte sie unscheinbar und sie selbst war in der Lage alles genau zu beobachten, ohne dass die anderen kaum eine Regung in ihrem Gesicht sahen.

      Markus eröffnete das Gespräch. „Wie viele Prinzessinnen gab es am Hof von Fürst Vankor?“ Markus‘ Gesicht war ausdruckslos, obwohl es in ihm brodelte.

      „Fünf, Herr“, antwortete Fara. Sie war jetzt in dieser Männerwelt eine Sklavin.

      „Wie heißt denn die andere Prinzessin, die der Sklavenhändler nach Rom verkauft hat?“

      „Oda.“

      Markus wunderte sich. „Heißt die nur Oda? Die wievielte Tochter von Vankor war sie denn?“

      „Prinzessin Odalind Vankor. Sie ist seine zweite Tochter.“

      „Fara. Wie heißt denn dein Name vollständig?“

      „Faralis, Herr.“ Fara wurde mit ihren Antworten immer vorsichtiger. Irgendetwas bewegte ihren neuen Herrn, sonst hätte man sie nicht nach Vinea Clarissa geholt.

      Markus war sich bewusst, dass er die Informationen, die er wissen wollte, nur schleppend bekam. „Warum hat denn Gordian euch beide in die Sklaverei verkauft?“

      „Oda sollte einen Sohn des Königs der Quaden heiraten. Deswegen war Vankor zur Verhandlung der Brautbeigaben.“ Fara stockte.

      Markus hakte nach. „Das ist doch kein Grund, euch zu verkaufen. Oda wäre doch dann weg.“

      Fara holte tief Luft. „Mit dieser Heirat würde Oda höher als Gordian stehen, wenn der den Hof seines Vaters einmal übernimmt. Dann hätte Oda leicht Gelegenheit, sich für die fiesen Gemeinheiten von Gordian zu rächen.“

      „Warum hat Gordian nicht nur Oda verkauft?“ Markus war nicht überrascht, dass hinter so viel Leid menschliche Schwächen steckten.

      „Ich habe Oda vor seinen Intrigen beschützt. Ich hätte ihn verraten.“ Fara wurde immer leiser. Die Sache schien sie zu belasteten.

      Jetzt wollte Markus langsam auf seinen Vater kommen. „War Vankor auch so gemein und intrigant wie Gordian?“

      Fara schüttelte heftig mit dem Kopf. „Vankor ist gerecht, Herr. Es bedrückt ihn sehr, wie sein erster Sohn sich verhält.“

      „Kommt es oft vor, dass Prinzessinnen geraubt werden?“

      Fara wurde stutzig. Es gab an Vankors Hof nur einen Vorfall. Das war aber kein Raub, sondern nur eine Behauptung aufgrund einer Intrige von Gordian, die er gemeinsam mit Oda angezettelt hatte. Das Opfer war damals ein römischer Händler. Was wusste Markus oder was wollte er?

      „Nein. Nie.“

      „Oder wurde einmal versucht, eine zu rauben?“ Markus ließ nicht locker.

      „Nein.“

      Markus brüllte los. „Wie kommt es dann, dass mein Vater Octavius dessen beschuldigt wurde und die Flucht nur mit einem Pfeil im Rücken gelang?“

      Fara zuckte zusammen. Das war der Grund, warum sie hier war!

      „Wo war Vankors Gerechtigkeit, als eine von euch Prinzessinnen behauptet hat, er plante sie zu entführen?“ Die gesamte aufgestaute Wut brach aus Markus heraus. „Warum musste er wegen einer Prinzessin sterben? Prinzessin Faralis?“

      Die letzten beiden Worte hatte er voller Hass ausgestoßen.

      Fara verspannte sich innerlich. Sie würde kein Wort mehr sagen. Jede Rechtfertigung oder Klarstellung würde er ihr nicht abnehmen.

      Markus sprang auf. „In eurem Rattennest scheint es drunter und drüber zu gehen. Dein überaus gerechter Vankor, dein Vater, ist seit einem halben Jahr tot. Jetzt ist Gordian der Fürst. Wenigstens eine kleine Gerechtigkeit. Das macht meinen Vater aber nicht mehr lebendig.“ Von seinen Emotionen übermannt, rannte er aus dem Zimmer.

      Tränen rannen über Faras Gesicht. Die konnte sie nicht verhindern. Vankor hatte sich immer schützend vor sie gestellt. Er war tot. Oda, die sie beschützen sollte, war in der Sklaverei. Ihre Welt war zusammengebrochen. Sie hatte kein Zuhause mehr. Sie war jetzt eine Sklavin.

      Clarissa blickte ernst und abwesend vor sich hin. Auch sie hatte Octavius verloren. Was und warum das passiert war, würde sie wohl nie erfahren.

      Wisgard drückte Fara das Essen in die Hände und griff sich eine Fackel. Fara hatte in der Zwischenzeit nichts mehr vom Essen angerührt. „Komm, Fara.