Fara - Kampf um Villa Patria. Rolf Berkamm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rolf Berkamm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752912159
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war und er zu spät kam. Aber schöne, junge Frauen und dazu Prinzessinnen, die sicher eine umfangreiche Ausbildung erhalten hatten, waren recht teuer. Es gab in dieser Gegend nicht viele Herrschaften, die sich diesen Luxus leisten konnten. Es war überhaupt erstaunlich, dass in dieser Stadt eine Fürstentochter angeboten wurde. Solche wurden nach Aquileia oder bis Rom gebracht. Er würde ja sehen.

      Nachdem er die fünf Sklavenhändler, die heute auf dem Markt waren, umrundet hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als bei jedem einzelnen Händler nachzufragen.

      Die Verkaufsstrategie für die Sklaven war recht unterschiedlich. Meist standen die angebotenen Sklaven auf einem erhöhten Podest in der Sonne, damit sie ausgiebig betrachtet werden konnten und ein gewisser Abstand zur Ware gehalten wurde. Ein Aufseher stand immer dahinter zur Bewachung. Selten waren die Sklaven gefesselt oder angebunden. Ungehorsam wurde nicht geduldet. Man brachte den Sklaven zuerst Gehorsam bei, ehe sie zum Verkauf angeboten wurden. Nur wer für einen Sklaven näheres Interesse zeigte, wurde auf das Podest gelassen.

      Der dritte Sklavenhändler hatte seine Ware in einem großen Zelt versteckt, sprach lautstark jeden Passanten an und lud ihn ein, ins Zelt zu kommen. Dabei erzählte er in blumigen Worten, welche auserlese Prachtstücke er anbot. Er schaffte es, Markus ins Zelt zu komplimentieren. Eher beantwortete er Markus‘ Frage nicht, ob er eine Prinzessin im Zelt verbarg.

      Beim vierten Sklavenstand waren alle angebotenen Sklaven an einen Pfahl angebunden. Das ersparte dem Sklavenhalter viele Aufseher und er bot gleichzeitig alle seine Sklaven feil. So waren in der vordersten Reihe die kräftigsten Männer und Frauen aufgestellt. Man sah ihnen an, dass dieser Sklavenhändler seine Ware mit harter Hand behandeln ließ. In der zweiten und dritten Reihe standen die Jugendlichen, Männer und Frauen mittleren Alters. An den Pfählen der hintersten Reihe waren ältere Personen, kleine Kinder und eine in Lumpen gehüllte junge Frau mit zotteligen Haaren, die mit hängendem Kopf in der Sonne stand. Man hatte ihr sogar die Füße an den Pfahl gebunden.

      Markus war schon im Begriff weiterzugehen. Aber wenn er einmal hier war, sollte er alle Sklavenhändler nach der Prinzessin fragen.

      „Da haben Sie Glück, Herr. Ich habe die einzige Prinzessin weit und breit. Es ist in diesen Zeiten recht selten, eine wirkliche Prinzessin auf dem Markt anbieten zu dürfen“, strahlte der Sklavenhändler, ein vierschrötiger Kerl von über 40 Jahren. Seine rötliche Tunika und seine weiße Toga darüber wiesen ihn als Römer aus.

      „Herr, ich hatte sogar zwei Fürstentöchter. Eine habe ich in Aquileia an einen Sklavenhändler aus Rom verkauft. Die war blond und sprach fließend Latein. Die Prinzessinnen sind vom Fürsten Vankor, einem wichtigen Fürsten bei den Quaden. Für die zweite Prinzessin habe ich in Aquileia nur niedrige Angebote erhalten. Ich will sie wieder über den Donaulimes ins Quadengebiet zurückbringen, um ein Lösegeld auszuhandeln.“ Dabei zog er Markus Stück für Stück in Richtung der hintersten Pfahlreihe.

      „Wie seid Ihr denn an die Prinzessinnen herangekommen? Etwa geraubt?“, fragte Markus.

      „Nein, nein, Herr. Einer meiner Aufkäufer in diesem Gebiet hat sie von ihrem Bruder gekauft. Sie waren auf einer Jagd, ein paar junge Herren, der Bruder und die beiden Prinzessinnen. Der Bruder hatte mit meinem Mann einen Treffpunkt ausgemacht und die beiden Prinzessinnen an ihn verkauft.“ Der Sklavenhändler schaute Markus fragend an.

      Markus überlegte fieberhaft, was da passiert war. Er wusste von seinen Fuhrleuten und Unterhändlern, die er entlang der Römerstraße zwischen Carnuntum und Aquileia auf Handelsfahrt hatte, dass Fürst Vankor seit einem halben Jahr tot war.

      „Kennt Ihr den Namen dieses Bruders?“, fragte Markus nach.

      „Herr, die Prinzessinnen sagen, dass er Gordian heißt. Aber sie behaupten immer noch, dass Vankor, ihr Vater, sie freikaufen würde.“

      Markus merkte dem Sklavenhändler an, dass er einen Freikauf problematischer ansah, als die Prinzessin hier zu verkaufen. Er musste damit rechnen, dass Vankor seine Version, wie er zu den Prinzessinnen kam, nicht glauben und sich für den Raub rächen würde. Zumal dieser Gordian sicher seine eigene Geschichte erzählen würde. Dass Vankor tot war, wusste der Sklavenhändler nicht. Das war für ihn von Vorteil.

      „Wo ist denn nun diese zweite Prinzessin?“, fragte Markus.

      „Hier, Herr.“ Der Sklavenhändler zeigte auf die in Lumpen gehüllte, junge Frau in der hintersten Reihe. „Wir haben alles versucht, dass sie sich gefällig verhält. Mit der Peitsche wollen wir sie nicht verunstalten. Das senkt den Preis ja deutlich. Wir versuchen es mit Hungern. Als wir in Aquileia die blonde Prinzessin verkauft hatten, da hat die hier getobt wie eine Furie. Dabei hat sie einem meiner Aufseher das Messer entwendet. Den haben wir mit zweiunddreißig Messerstichen aus ihrer Zelle geholt. Seitdem hat sie kein Wort mehr gesprochen. Keine Träne, nichts. Essen will sie nicht nur ein, zwei Happen. Sie hat sicher an der anderen Prinzessin gehangen.“ Der Sklavenhändler merkte, dass er keine vorteilhafte Bewertung von seiner Sklavin berichtete. Deshalb schwieg er erst einmal.

      Markus bemerkte trocken. „Die ist ja fast tot. Die hält ja nur noch der Pfahl aufrecht.“

      „Von wegen fast tot, Herr. Heute Vormittag hat sie einem älteren Herrn hier aus der Stadt so zwischen die Beine getreten, dass dem die Augen schier herausquollen. Dabei wollte er nur mal unter ihre Tunika gucken, um zu sehen, was er da kauft. Deshalb ist die Tunika so zerrissen. Dann lag er hier und wälzte sich im Staub. Das gab ein Geschrei. Der ganze Markt kam hergelaufen und hat den alten Hurenbock ausgelacht. Der konnte froh sein, dass die Prinzessin angebunden war. Deshalb haben wir jetzt ihre Füße festgebunden. So kann sie Euch nichts mehr antun, Herr.“ Der Sklavenhändler schien nicht zu lügen. Es kam in der Stadt schnell heraus, was passiert war.

      „Warum meint Ihr, soll ich mir diese Prinzessin ansehen, nachdem Ihr mir das alles erzählt habt?“, fragte Markus. Mit einem Blick über die Schulter vergewisserte er sich, dass Vitus hinter ihm stand.

      „Herr, ich hatte wenig Zeit, mich mit der Prinzessin abzugeben. Aber gewiss kann sie reden. Sie sprach ja vorher. Sie will unbedingt von Vankor freigekauft werden. Dass Prinzessinnen recht jung an andere Fürstenhäuser aus Bündnisgründen verheiratet werden, ist ja üblich. Sie müssen dort als Fürstin, oder was sie dann sind, einen großen Hausstand und Hof führen. So wie sie hier aussieht, das täuscht. Die hat immer eine Überraschung parat.“

      Das ganze Gespräch fand neben der Prinzessin statt. Bisher bemerkte Markus keine Regung bei ihr. Ob sie schlief? Nein, dann wäre sie am Pfahl entlang nach unten gerutscht. Wer weiß, wann sie das letzte Mal zu essen oder zu trinken bekommen hatte.

      Markus war sich im Klaren, warum er hier stand. Er hatte endlich Gelegenheit, mehr zu erfahren, wie und wieso sein Vater Octavius an Vankors Hof beschuldigt und gefangen genommen wurde. Ihm war zwar durch Hilfe die Flucht gelungen, aber bei der Verfolgung traf ihn ein Pfeil in den Rücken. Mit der Pfeilwunde hatte er sich bis Carnuntum auf römisches Gebiet gerettet und wurde von seinem Unterhändler dort versorgt. Die Wunde entzündete sich auf dem weiteren Weg nach Savaria zum Weingut seiner Freundin Clarissa. Dort gab es zwar Wisgard, die alte Heilerin, aber die Entzündung war zu weit fortgeschritten, so dass er am dritten Tag nach seiner Ankunft starb. Er, Markus, hatte ihn nicht mehr sprechen können.

      Was er über diese Vorgänge wusste, hatte ihm Tante Clarissa erzählt. Jetzt hatte er zudem die Gelegenheit, sich an der Prinzessin zu rächen. Denn diese hätte behauptet, sein Vater plante, sie zu entführen und als Sklavin zu verkaufen. Oh, die sollte leiden!

      Markus hatte zwar sein persönliches Interesse an der Prinzessin, das ging aber den Sklavenhändler nichts an. Außerdem wollte er für diese falsche Schlange kein Vermögen ausgeben. Besser war, wenn sich diese Intrigantin nicht mit einmischte.

      Markus zeigte auf die Prinzessin. „Die sieht nicht wie eine Prinzessin aus. Ihr könnt mir hier viel erzählen. Ich glaube nicht, dass die mit dieser einfachen Tunika auf Jagd war.“

      „Verzeiht, Herr. Ich habe nicht damit gerechnet, dass heute gleich zwei Käufer ein Interesse an ihr haben. Dann hätten wir ihr natürlich ihre eigenen Sachen angezogen. Ich habe ihre Jagdausrüstung hier. Ein Gürtel mit Essmesser, der