Fara - Kampf um Villa Patria. Rolf Berkamm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rolf Berkamm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752912159
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Kundig schärfte sie ihr Messer. Das konnte jeder, der in einer Küche arbeitete. Dabei sah sie sich nachdenklich das zweite Wurfmesser an, das sie auf dem Kistenrand abgelegt hatte. Es war fast so lang, wie sie es brauchte. Da die Klinge zwei Schneiden hatte, war es relativ breit. Dadurch waren die Konturen der Schneiden etwas rund. So ähnlich wollte sie es haben. Auch wenn es nicht ideal war.

      Fara drehte Roccus ihren Rücken zu, so dass er nicht sah, was sie trieb. Mit dem Daumen untersuchte sie die Schärfe der Schneiden des Wurfmessers. Die Klinge war flach gehämmert. Aber sie musste noch einiges schleifen, bevor die Schneiden scharf genug waren. So wie sie Zwiebeln zerteilen wollte, brauchte sie ein überaus scharfes Messer.

      Roccus hämmerte derweilen weiter auf seinem Schwert herum, ohne sich um Fara zu kümmern. Fara schruppte erst mit einem groben Schleifstein, ehe sie mit feineren Steinen die Klinge sauber abzog. An ihren Haarspitzen prüfte sie, wie scharf die Schneiden waren. Zufrieden nickte sie.

      Fara lief zur Tür und zog das schief steckende Wurfmesser heraus. Beide Wurfmesser brachte sie zum Amboss. „Deine Wurfmesser sind etwas zu lang und nicht spitz und schmal genug, damit sie zwischen die Rippen passen. Kürzer wären sie auch nicht zu schwer.“

      Roccus verzog missmutig den Mund.

      Auf einmal flog die Tür auf und Patricia platzte herein. „Du faules Miststück, drückst dich hier vor der Arbeit. Ist doch klar, dass du alter Knurrsack dahintersteckst.“

      Patricia funkelte beide wütend an.

      „Störe nicht, du alter Drachen. Soll sie etwa die Zwiebeln mit den Händen schneiden?“ Roccus reckte sein Kinn hoch und fuchtelte mit seinem Schmiedehammer in der Luft herum.

      „Wenn sie nicht bald anfängt, die Zwiebeln zu schneiden, dann gibt es heute Abend keine Zwiebelsuppe und alle müssen wegen der da hungrig schlafen gehen.“ Patricia suchte krampfhaft nach weiteren Argumenten. Ihren großen Kochlöffel hatte sie in ihrer Wut vergessen.

      „Wir sind schon fertig. Danke für das Messer, Opa Roccus.“ Dabei hielt Fara das geschärfte Wurfmesser hoch. „Es ist jetzt scharf wie ein Rasiermesser. Ich werde es testen und bringe es morgen wieder.“

      Fara umrundete Patricia im großen Bogen mit ihrem neuen Messer in der Hand und war schon zur Tür hinaus.

      Roccus blickte Patricia finster an. „Du alter Drachen kochst heißer als mein Schmiedefeuer, so rot wie du angelaufen bist.“ Und nach einer kurzen Pause ergänzte er. „Wehe, ich finde zwei Ratten in der Zwiebelsuppe.“

      Patricia wechselte zum Dunkelrot und schnappte ein paarmal nach Luft. Alles, was ihr einfiel, war nicht stark genug, um es Roccus heimzuzahlen. So drehte sie sich wütend um und marschierte durch die Tür, die mit einem lauten Knall in den Rahmen krachte. Einen Augenblick später hämmerte ein Schlag von innen gegen die Tür.

      ♦

      Fara hatte unterdessen ihre Utensilien zum Zwiebelschneiden auf die Terrasse auf einen Tisch geräumt, wo der Wind am meisten wehte. Es war am späten Vormittag so warm geworden, dass der Wind auffrischte. Fara stellte sich an den Tisch und schälte die Zwiebeln mit ausgestreckten Armen. Sie hatte den Mund voll Wasser genommen und die Augenlider gesenkt. Außerdem schnitt sie die Zwiebeln zuerst halb durch. So schälten sie sich leichter. Nachdem sie etliche Zwiebeln geschält hatte, musste Fara immer noch nicht heulen. Der Wind war ihr stärkster Verbündeter.

      Jetzt begann Fara, die Zwiebeln kleinzuschneiden. Schneiden war nicht der richtige Ausdruck. Die Zwiebeln wurden gehackt.

      ‚Tak-tak-tak-tak-tak-tak-tak’. Kurzer Moment zum Drehen der Zwiebelhälfte. ‚Tak-tak-tak-tak-tak-tak-tak’.

      Das Klopfen auf das Holzbrett war im ganzen Hof zu hören. Beim Tak-tak brauchte Fara nicht auf ihre Hände zu schauen. Die hämmerten von ganz allein. Die eine Hand, die die Zwiebel hielt, führte das breite Messer sicher Schnitt für Schnitt. Die feingehackten Zwiebeln schob Fara vom Brett in einen Eimer halbvoll mit Wasser. Da trockneten die Zwiebeln nicht aus, und es stank nicht so penetrant. Außerdem konnte das Wasser gleich für die Zwiebelsuppe genutzt werden.

      ‚Tak-tak-tak-tak-tak-tak-tak’. ‚Tak-tak-tak-tak-tak-tak-tak’. Dieses ungewohnte Klopfen erregte die volle Aufmerksamkeit der Küchenfrauen. Eine nach der anderen kamen sie auf die Terrasse, um Fara zuzusehen. Ein Eimer Zwiebeln war abgearbeitet und Fara musste kaum schniefen.

      ‚Tak-tak-tak-tak-tak-tak-tak’. Die Werkstatttür vom Waffenmeister ging auf. Aus der Ferne sah Roccus eine Weile Fara beim Zweibelschneiden zu. Fara lächelte kurz Roccus zu, ohne mit dem ‚Tak-tak-tak-tak-tak-tak-tak’ innezuhalten. Dann ging er wieder in seine Werkstatt und schon bald hörte man seinen eigenen Takt auf dem Amboss schlagen.

      Als die Mittagszeit heran war, musste Fara die Terrasse für die Esser räumen. Sie sollte die Teller und Schüsseln zusammenräumen und die Essensreste in einen Bottich für die Schweine kippen. Parallel dazu half sie beim Abtrocknen des Steingutgeschirrs und der Holzteller, damit die verspäteten Esser welche abbekamen.

      Die schwangere Küchenfrau wusch das Geschirr. Als der Andrang nicht mehr so groß war, wandte sie sich an Fara.

      „Du hast nicht zum ersten Mal Zwiebeln geschnitten?“

      Fara schreckte aus ihren Gedanken hoch und überlegte, was sie sagen sollte. „Ich war oft bei meiner mütterlichen Freundin in der großen Küche an Vankors Hof. Dort habe ich mitgeholfen, um nicht aus der Küche geworfen zu werden.“

      Die Schwangere schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich dachte immer, Prinzessinnen brauchen nichts zu machen. Sie müssen nur schön sein und werden den ganzen Tag bedient.“

      Jetzt schüttelte Fara ihren Kopf. „Ja, die ganze Zeit langweilen sie sich und spinnen Intrigen gegen unschuldige Gäste. Frage am besten Patricia darüber. Die weiß das ganz genau. Die war ja auch dabei, als das mit Octavius passierte.“ Fara rannte davon, um neues Geschirr zum Abwaschen zu holen und ließ eine verdatterte Köchin stehen.

      Fara kam wieder und ergänzte. „Ich bin hier keine Prinzessin mehr aus adliger Familie, habe keine Freunde und keinen Beschützer. Das Einzige, was zählt, ist das, was ich kann. Wie heißt du?“

      „Ich heiße Dina. Wie hast du den alten Knurrsack dazu gebracht, dir so ein scharfes Messer zu geben?“

      „Ich habe seinen Blasebalg bedient und nach seinem richtigen Namen gefragt. Das Messer steckte in der Tür und ich habe es mir, sagen wir, ausgeliehen, als Patricia hereinplatzte.“ Fara blickte Dina verschmitzt an.

      „Das hätte ich mir nie getraut. Roccus war früher einmal Centurio bei der Legion. Vor dem stehen alle Wachsoldaten hier stramm, wenn der brüllt.“ Dina lugte nach dem neuen Messer, das Fara hinten in einer Schlaufe ihres Kordelendes hängen hatte. „Das muss sehr scharf sein, wenn du die Zwiebeln so hacken kannst.“

      „Ja, ich könnte den alten Knurrsack damit rasieren. Nötig hätte es der Zottelbär. Vielleicht hat er Angst vor dem Rasiermesser und brüllt deshalb so laut.“

      Beide kicherten bei der Vorstellung.

      „Centurio Zottelbär Knurrsack. Herrlich. Nach der Mittagszeit essen wir selbst. Setze dich doch mit zu uns. Manche platzen regelrecht vor Neugier“, lud Dina Fara ein.

      Fara zeigte auf Dinas Bauch. „Du bist am Ende vom sechsten Monat. Es wäre besser für dich, wenn du leichtere Arbeiten machen müsstest, als Wasser zu schleppen und Holz zu holen.“

      „Ach, das macht mir nichts aus. Das ist hier nicht üblich. Carmella hat alles streng eingeteilt.“

      Fara schüttelte den Kopf, war aber froh, endlich jemanden zum Schwatzen zu haben.

      ♦

      Nachdem die letzten Esser gegangen und die Tische abgeräumt waren, setzten sich alle Frauen an einen langen Tisch auf der Terrasse. Fara setzte sich zaghaft an das Ende des Tisches neben Dina.

      Missmutig schauten die älteren Frauen um Carmella herüber. Aber Dina reagierte schnell. „Ich habe Fara eingeladen, mit bei uns zu sitzen. Sie arbeitet ja mit uns