Fara - Kampf um Villa Patria. Rolf Berkamm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rolf Berkamm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752912159
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Geld. Deshalb verschonte man mich mit der Peitsche und versuchte es mit Hungern. So unfolgsam kaufte mich aber keiner für den geforderten Preis.“ Fara wartete erst einmal ab.

      „Für eine Prinzessin bist du recht alt. Wieso hat dich dann Markus gekauft?“, fragte Swingard misstrauisch.

      „Ich komme vom Fürstenhof Vankors“, wechselte Fara wieder in Latein.

      Man sah, wie die Freundlichkeit im Blick Swingards verschwand und zur Ausdruckslosigkeit erstarb.

      „Lass den Grind dran. Der fällt von allein ab.“ Das war alles, was sie sagte.

      Fara drehte sich im Hinausgehen noch einmal um. „Soll ich die Kräuter im Kräutergarten einpflanzen?“

      Swingard war kurz angebunden. „Ich werde morgen erst dafür Platz schaffen. Mach dir die Hände nicht schmutzig.“

      Vitus schnappte Fara am Arm und zog sie hinaus ins Freie, bevor hier ein verbaler Schlagabtausch losbrach. „K-Komm. Wir g-gehen Abendessen.“

      Auf dem Rückweg schaute Fara einen Augenblick über die halbhohe Mauer in den Kräutergarten. Da wuchs scheinbar alles wild durcheinander mit lauter Unkraut dazwischen. Swingard hatte kein Händchen für die Heilpflanzen.

      Sie kamen wieder an dem Haus von Markus vorbei und gingen zur Küche. Der Küchenbereich war halb überdacht. Große Türen waren geöffnet und ließen den Blick frei auf viele Kochstellen, Tische und Regale, die eine große Küche so benötigte. Vor den Türen standen Bänke und Tische, an denen einige Leute vor ihrem Abendessen saßen.

      Vitus deutete auf einen freien Tisch vorn an der Ecke. „S-setz dich. Ich h-hole uns das A-Abendbrot.“ Schon war er durch die großen Türen hindurch.

      Fara setzte sich und betrachtete die ganze Einrichtung. Hier würde sie also ab morgen arbeiten. Alles war fremd hier. Der riesige Hof, die vielen Menschen, die Sprache, die Erfahrungen der Leute. Und doch wieder nicht! Sie wuchs auf einem Fürstenhof auf. Da gab es auch eine hohe Mauer darum herum, einen großen Pferdestall, eine Schmiede und Werkstätten, Tore und Türen, Wohnungen und einen Palast. Auch eine große Küche hatten sie gehabt. Die vielen Leute wollten satt werden. Alles musste organisiert sein durch die, die zu befehlen hatten und von denen getan werden, die dafür zuständig waren.

      Fara hatte keine Angst davor. Sie hatte über viele Jahre Unterricht und Ausbildung erhalten, um später als verheiratete Fürstin einen Hof führen zu können. Dort wäre sie auch in eine völlig fremde Welt gekommen mit Menschen, die sie ablehnten, die ihr hinterhältig schmeichelten, die treu oder falsch waren, die ihr bedingungslos vertrauten, deren Leben gegebenenfalls von ihren Entscheidungen abhingen.

      Vitus balancierte auf einem großen Brett zwei dampfende Schüsseln Puls mit Brot, Obst und Tee heran und verteilte alles auf dem Tisch.

      „Willk-kommen auf Villa P-Patria“, sagte er einladend und setzte sich ihr gegenüber.

      „Danke, Vitus. Wissen die in der Küche schon über mich Bescheid?“, wollte Fara wissen und kostete vorsichtig den heißen Puls.

      „N-Nein. Von mir erfahren s-sie nichts“, antwortete er und fügte leiser hinzu, „Es essen n-nicht alle hier mit. M-Manche Familien kochen in ihren Wohnungen selber. M-Manche Männer gehen in die Taberna, wegen dem B-Bier und dem Wein. Aber hier wird auch für M-Markus und seine G-Gäste gekocht.“

      „Wie viele Leute leben hier in Villa Patria?“, fragte sie weiter.

      Vitus blies die Wangen auf und überlegte. „D-Das schwankt so z-zwischen einhundert bis einhundertdreißig M-Menschen. Je n-nachdem, wie viele F-Fuhrwerke und W-Wachen da sind. Manche L-Leute kommen von d-draußen rein zum A-Arbeiten.“

      „Vitus?“

      „Hm?“

      „Ist dein Stottern nicht hinderlich bei den Mädels?“, wollte Fara wissen.

      Vitus blickte Fara einen Augenblick an. „N-Nein. Im G-Gegenteil. Ich b-bringe sie zum La-Lachen und sch-sch-schnarche nicht hinterher.“

      Vitus hatte schon seine Schüssel leer gelöffelt, während Fara bei jedem Löffel pustete, um das Essen abzukühlen. Das dunkle Sauerteigbrot, das Vitus mitgebracht hatte, war Fara geläufig. Der Fürstenhof von Vankor in Nitria war nur siebzig römische Meilen von Carnuntum entfernt. Der römische Einfluss über drei Jahrhunderte hatte eine Verschmelzung bei der Ernährung geschaffen.

      Vitus wartete geduldig, bis Fara aufgegessen hatte. „Ich soll dich heute A-Abend in eine Gefängnisz-zelle stecken. M-Markus will erst sehen, wie die L-Leute hier reagieren. Dort wirst du b-bewacht. Morgen wird dich P-Patricia bei T-Tagesanbruch holen.“

      Vitus zuckte mit den Schultern. Mehr wusste er nicht. Fara nickte nur. Sie stellten das leere Geschirr auf das Brett und verließen die Küche.

      Die Dämmerung war schon hereingebrochen. Vitus steuerte ein Gebäude vorn beim Eingangstor an. Natürlich lag das Gefängnis in der Nähe der Wachsoldaten. Fara vergewisserte sich, dass ihr Messer und ihre Jagdtasche am Gürtel hingen.

      Ein Soldat sperrte eine Zelle auf und entzündete mit der Fackel eine Öllampe. In der Zelle war eine schmale Pritsche auf vier Beinen mit einer Decke und ein Kübel mit Deckel. Auf einem Bord standen eine Schüssel und ein Krug mit Wasser. Mehr war nicht zu sehen. Kaum war Fara eingetreten, schlug die Tür zu und ein Riegel wurde hörbar vorgeschoben.

      In der Tür war ein rechteckiges Loch eingearbeitet. Von außen konnte man ein Türchen aufmachen und in die Zelle sehen. Von dort grinste ihr Vitus‘ Gesicht entgegen, von einer Seite mit dem flackernden Licht der Fackel beleuchtet.

      „Schlaf schön, P-Prinzessin F-Furie.“ Das Türchen ging zu und Fara war allein und wieder eingesperrt.

      In der Zelle gab es kein Fenster. Im spärlichen Licht der Öllampe schnallte Fara den Gürtel ab und machte sich fertig zum Waschen und Schlafen.

      Sie war mit dem Waschen fertig, als das Türchen des Guckloches aufgerissen wurde. Eine ältere Frau blickte mit finsterem Gesicht herein und kniff die Augen zusammen, um besser in die Zelle sehen zu können.

      „Ist das die Prinzessin?“, fragte sie irgendjemandem im Gang.

      „Wer sonst“, kam als Antwort.

      Die Frau funkelte Fara finster an und knallte die Gucklochklappe wieder zu.

      Gedämpft hörte Fara, wie sie sich mit dem Mann im Gang mit ihrer befehlsgewohnten Stimme unterhielt.

      „Ich will sie kreischen hören vor Angst! Haben die Jungs heute diese Viecher gefangen?“

      Dann war nur Gemurmel zu hören und die alte Frau sprach. „Gut. Mach das!“

      Von dem, was Fara wusste, konnte die alte Frau nur Patricia sein. Swingard war es nicht und Fara glaubte nicht, dass die Druidin Marada so impulsiv handeln würde.

      Fara legte sich voll angezogen auf die Pritsche und deckte sich zu. Ihr Sagum hatte sie als Kopfkissen zusammengerollt. Sie konnte nicht einschlafen. Zu viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf. Was würden die nächsten Tage für sie als Sklavin bringen? Tränen füllten ihre Augen. Schon wieder allein in einer fremden Welt.

      So lag sie lange wach, als sie gedämpfte Geräusche hörte. Die Gucklochtür wurde ganz leise aufgemacht. Alarmiert setzte sich Fara auf. Im Gang war es ganz dunkel. Sie konnte durch das Loch nichts sehen.

      Auf einmal klatschte etwas auf den Fußboden und gleich darauf noch einmal. Dann war das Guckloch wieder zu.

      Faras Augen waren an die Dunkelheit gewöhnt. Ein Schatten huschte dort unten an der Wand entlang.

      Blitzartig stand Fara auf ihrer Pritsche. Ratten! Sie hatten Ratten in ihre Zelle geworfen. Es schnürte ihr die Luft ab. Nein, mit denen war kein Schlafen in einem Raum möglich.

      Sie raffte ihr Sagum und die Decke zu sich herauf, damit sich die Ratten nicht darin verstecken konnten. Dabei fiel ihr Messer auf den Fußboden, das sie unter dem Sagum versteckt hatte. Verflucht!

      Irgendetwas