Fara - Kampf um Villa Patria. Rolf Berkamm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rolf Berkamm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752912159
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die Tränen über die Wangen. Das war es, was hier alle sehen wollten. Sie sollte Rotz und Wasser heulen!

      Nach einer Weile fragte sie eine der jungen Köchinnen, als diese den Rücken entspannend durchdrückte und so ihren schwangeren Bauch vorstreckte. „Habt ihr auch Wetzsteine für die Messer zum Schärfen? Oder habt ihr noch andere größere Messer als dieses kleine hier?“

      Die junge Frau schaute Fara skeptisch an. „Größere Messer haben wir nicht. Jeder hat sein eigenes Messer und kommt zurecht. Die Messer lassen wir beim alten Knurrsack schleifen, in der Werkstatt da drüben.“

      Eine Küche ohne Wetzstein. Fara konnte es nicht glauben. Woanders war es eben anders.

      Fara fing an, die geschälten Zwiebeln klein zu schneiden. Aber mit ihrem kleinen Messer ging das Schneiden nicht, wie sie es gewohnt war. Da sie nichts anderes hatte, wischte sie sich die laufende Nase mit dem Ärmel ihrer Tunika ab.

      Hinter ihr wurde es merklich geschäftiger. Stapel von Tellern, Schüsseln und Bechern wurden bereitgestellt. Die Frühstückszeit war heran. Nur ein Tisch wurde mit Tellern und Bechern draußen eingedeckt. Auf den Ausgabetischen konnte Fara Weizenbrot, Eier, Käse, Honig, Obst und Kräuterquark, der hier Moretum genannt wurde, entdecken.

      „Du kannst den heißen Tee aus dem Kessel da in die Kannen abfüllen“, sagte Carmella.

      Fara hatte gesehen, wie Carmella mit einer großen Kelle den Tee aus dem Kessel schöpfte und ihn durch ein Sieb in die Kannen goss. Wegen der kleinen Öffnungen an den Kannen matschte der heiße Tee öfter daneben und Carmellas Schürze war schon nass.

      Die Teeblätter, die im Kessel schwammen, waren nicht fein gemahlen. Deshalb nahm Fara einfach das Sieb, hielt es vor die Öffnung der Kanne und tauchte die Kanne in den Teekessel. Mit einem Lappen wischte sie die Kanne kurz außen ab, so dass nichts tropfte. Da die Kanne heiß war, trocknete sie außen schnell. So füllte sie in kurzer Zeit eine Kanne nach der anderen, bis keine Kannen mehr da waren. Danach ging sie durch die Tische und sammelte die leeren Kannen wieder ein, spülte sie aus und füllte sie wieder für die nächsten Esser.

      Draußen sah sie Markus an dem Tisch sitzen, der am Anfang eingedeckt wurde. Hier saßen auch Swingard und Patricia mit einigen anderen Männern und Frauen. Auch Flavius und Lucius saßen dort. Dieser Tisch wurde von einer der Köchinnen mit Essen und Trinken bedient, während alle anderen sich ihr Essen in der Küche an den Ausgabetischen holten. Fara vermutete, dass hier das Frühstück gleich dazu benutzt wurde, um die Tagesgeschäfte zu koordinieren und Informationen auszutauschen. Das war praktisch von Markus eingerichtet. Aber es konnte nichts besprochen werden, was nicht für alle Ohren bestimmt war.

      Als Fara das erste Mal zwischen den Tischen die Kannen einsammelte, drehten sich alle am Tisch zu ihr um. Markus hatte sie sicher in den schwärzesten Farben vorgestellt. Alle schauten ernst und abschätzend.

      Nach der Frühstückszeit musste Fara beim Abwaschen helfen und wieder Tische wischen und den Boden kehren. Erst jetzt setzten sich alle Küchenfrauen an einen Tisch und frühstückten selbst. Keiner forderte Fara auf, sich mit an den Tisch zu setzen. Sie holte sich selbst von dem Essen, was übriggeblieben war und setzte sich weit ab an den Rand, wo sie das Leben im Hof besser im Blick hatte.

      ♦

      Fara hatte sich entschlossen, zu dem Messerschleifer zu gehen, bevor sie wieder mit den Zwiebeln anfing. So sagte sie Carmella nur, dass sie ihr Messer schleifen wollte und marschierte, ohne eine Antwort abzuwarten, zu der Werkstatt über den Hof.

      Die Tür war geschlossen, aber die Läden der Fenster waren geöffnet, das Leuchten eines Schmiedefeuers war zu sehen und Hammerschläge auf dem Amboss zu hören.

      Fara öffnete die Tür und schaute hinein. Auf der Innenseite der Tür war in groben Umrissen ein Mensch aufgemalt. Drinnen stand ein älterer Mann am Amboss und hämmerte auf ein rotglühendes Schwert ein. Der Mann sah finster auf seine Arbeit. Sein Bart war ungepflegt. Die wirren Haare wurden mit einem speckigen Lederband im Nacken zusammengefasst. Die alte Lederschürze und die schwarzen Hände ließen ihn noch finsterer erscheinen. Der Mann blickte nicht auf, als Fara hereinkam und die Tür wieder schloss.

      Eine Weile schaute Fara nur zu. Dann ging sie zum Schmiedefeuer und betätigte den Blasebalg, damit das Feuer die notwendige Hitze behielt.

      Als der alte Mann das Schwert wieder in die Glut steckte und keinen Krach mehr machte, sprach Fara ihn an. „Bist du der alte Knurrsack?“

      Mit zusammengezogenen Augenbrauen schaute der Mann Fara kurz an. „Wer will das wissen?“

      „Ich bin Fara, die Neue in der Küche.“

      „Was willst du Furie hier?“, fragte der Mann. Aha, der wusste Bescheid. Das konnte nur von Vitus stammen.

      „Die Furie soll die Zwiebeln schlachten und braucht dazu ein großes Zwiebelmesser.“ Fara deutete auf das Werkstück im Feuer. „Hat jetzt dein Eisen die richtige Farbe zum Schmieden?“

      Der alte Mann griff sich sein Schmiedestück und schnauzte. „Hier gibt es keine Zwiebelmesser!“

      Damit drehte er sich zum Amboss und hämmerte wieder auf das glühende Schwert ein.

      Immer zwischen den Schlägen platzierte Fara ihre Worte und beschrieb ihre Wünsche. „Lang – wie – mein – Unter- arm. Breit - wie - drei – Finger. Schneide – rund.“

      Derart abgelenkt, warf der Mann den Hammer auf den Amboss. Die Schläge waren zu kräftig und die Dellen in der Klinge deutlich zu sehen.

      „Ich hätte dich in Ketten gelegt und ins Salzbergwerk geschickt, anstatt zum Zwiebeln schneiden. Du intrigante Furie“, knurrte der Mann.

      Fara wollten Tränen in die Augen treten. „Ich war damals nicht da, als Octavius beschuldigt und gefesselt wurde.“

      „Jetzt will sich die Furie auch noch rausreden!“

      Wutentbrannt griff der alte Mann nach zwei schweren, langen Messern, die neben dem Amboss auf einem Tisch lagen, und warf diese nacheinander in Richtung Tür. Das erste Messer traf von der aufgemalten Figur die linke Seite des Bauches und blieb schief stecken. Das zweite Messer krachte mit der Breitseite dagegen und fiel herunter.

      Deutlicher konnte es der Alte nicht zeigen, was er von ihr hielt. „Wenn ich das sein soll, dann hättest du mich dünner malen müssen“, murmelte Fara.

      Damit ging sie zu der Tür, griff sich den Farbtopf, der neben der Tür stand und malte mit den Fingern der Figur eine Taille und in den Kopf zwei ovale Augen.

      „So, das sieht mir schon ähnlicher“, bemerkte sie mehr zu sich selbst und kam mit den zwei Messern zurück.

      Als Fara hinter dem Schmiedefeuer war, wirbelte sie zur Tür herum und warf eins der schweren Messer auf die Figur. Die Tür erschütterte und das Messer steckte mitten im Oberkörper.

      Der alte Mann hatte seine Augen aufgerissen. Er wusste, wie viel Übung man brauchte, um aus beliebiger Entfernung mit einem Messer zu treffen. Aber mit fremden Messern war das unmöglich.

      Fara zog ihr Messer aus dem Gürtel und warf es ebenfalls. Ihr kleines Messer steckt am Rand des rechten Auges.

      „Jetzt kannst du mich Furie nennen“, sagte sie zu dem Mann. „Wenn ich gewollt hätte, dass Octavius stirbt, hätte er ein Messer zwischen den Rippen gehabt. Ob du es glaubst oder nicht, ich habe gehandelt und Octavius zur Flucht verholfen. Die Hetzjagd bis zum Limes konnte ich nicht verhindern.“

      Der alte Mann starrte weiterhin auf die Tür mit den zwei Treffern.

      „Ich heiße ab heute Fara und wie heißt du wirklich?“ Fara begann ihre Begegnung von vorn.

      Der Alten behielt sein finsteres Gesicht bei. „Roccus“, sagte er nach einer Weile. „Von mir bekommst du nichts.“

      „Hast du wenigstens einen Schleifstein für mein kleines Messer?“

      Roccus deutete nur in eine der hinteren Ecken seiner Werkstatt.

      Fara