Fara - Kampf um Villa Patria. Rolf Berkamm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rolf Berkamm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752912159
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      Kapitel 8, Straße nach Poetovio, 13. April 373

      ♦

      Den ganzen nächsten Tag saß Fara neben Vitus auf der Fuhrmannsbank. Sie hatte Vitus angeboten, zu reiten, so wie Markus, Flavius und die sechs Soldaten. Aber er meinte, da müsse er den ganzen Tag stottern, was er bei ihr nicht brauche.

      Fara hatte die Zügel des Fuhrwerks übernommen und Vitus erzählte von seinem Vater. Der war Gladiatorenausbilder und hatte Vitus an allen Waffen bis zu den Feinheiten gedrillt. Gladiator war aber nicht sein Ziel. Da war ihm Fechtlehrer lieber. Er erzählte Fara, welche Tarnung er sich in Villa Patria aufgebaut hatte. Er spielte bei der Ausbildung der Soldaten und der Wachmannschaften den Prügelknaben. Das gab er auch vor, wenn er mit Markus und manchmal mit Flavius übte. Über sich selbst erzählte Fara nichts mehr. Es war ungewiss, wie es in Villa Patria sein würde.

      Die letzte Nacht bevor sie Villa Patria erreichten, lief genauso ab, wie die letzte. Fara war der Pferdeknecht. Nach der letzten Mittagsrast kam Markus zu Vitus.

      „Wenn du nicht auf Ferox reiten willst, dann sattle dir ein anderes Pferd. Ich muss mit Fara reden.“ Da er reiten sollte, hieß das, niemand durfte zuhören.

      Die Zügel von Ferox hängte Markus gleich neben der Fuhrmannsbank auf der Seite von Fara auf. Falls der Gaul unruhig wurde, konnte sie schnell eingreifen. Dann setzte er sich neben Fara. Sie lenkte weiter den Fuhrwagen für den letzten Teil ihrer Fahrt nach Villa Patria.

      „Ich habe ein Problem, Prinzessin Furie“, begann er. „Ich sorge mich um meine Männer. Die haben auch ihre Natur wie der Gaul hier. Wenn ich dich bei den anderen nicht verheirateten Frauen unterbringe, tauchen die Männer bei dir früher oder später auf. Dass du weiter bei mir schläfst, geht nicht. Das war gegenüber den Männern hier nur, weil es keine weitere Kammer gab.“ Markus machte eine Pause.

      „Ich habe mir überlegt, dass ich dir eine kleine Kammer in meiner Villa gebe. Im Erdgeschoss schlafen die wichtigsten Personen von Villa Patria. Patricia, die die Küche und den Hausstand führt, Swingard, unsere markomannische Heilerin, Marada, eine alte Druidin der Vandalen, Flavius, Roccus und zwei, drei andere. Die drei Frauen sind schon älter. Ich nenne sie für mich das Triumvirat. Sie führen gemeinsam das Leben in Villa Patria. Du wirst sie kennenlernen.“ Markus schaute Fara fragend an. Die zeigte keine Reaktion.

      „Ich werde durchblicken lassen, dass ich mich an dir, Prinzessin Faralis, rächen will und jeder deshalb unbedingt die Finger von dir lassen soll, weil das meine Sache ist. Das hält dir alle Männer fern.“

      Markus machte eine Pause und schaute in die Ferne. „Die Villa ist bewacht. Da kommt keiner ungebeten hinein. Wegen der Rache wirst du nicht als Hure angesehen.“

      Markus schmunzelte vor sich hin. „Eigentlich wollen alle Weiber in mein Bett, um Herrin in Villa Patria zu werden. Sie würden dich nur aus purem Neid Hure nennen. Solches Gezicke wird dir vertraut sein.“

      Wieder schaute Markus Fara an. „Die ersten beiden Nächte schließen wir dich in eine Gefängniszelle für ungehorsame Sklaven ein. Da bist du sicher. Danach haben wir die Kammer für dich fertig. Du wirst als Küchenmagd unter Patricia arbeiten, als Zwiebel- und Putzmagd.“

      Fara sagte weiterhin nichts.

      „Bestimmt hast du als Prinzessin eine umfangreiche Ausbildung gehabt. Aber meine Leute lernen dich besser kennen, wenn du mit ihnen zusammenarbeitest“, sagte Markus.

      Fara nickte. „Wie ist Patricia?“

      „Patricia ist recht streng. Sie schwenkt zwar gern den großen Holzlöffel, aber sie schlägt selten. Da muss schon die halbe Welt untergehen. Sie wird dir gegenüber sehr reserviert sein. Sie hat schon für meinen Vater fünfzehn Jahre gearbeitet. Mich hat sie auch mit großgezogen. Sie hat eine raue Schale, aber sie ist gerecht. Das Wohl von Villa Patria geht ihr über alles. Du wirst feststellen, dass die wenigsten Leute Sklaven sind. Sie leben freiwillig bei uns. Den Unterschied merkst du nicht. Die Peitsche darf nur ich benutzen. Das mache ich, wenn es erforderlich ist, vor allem bei Vergewaltigungen. Da werde ich zur Furie. Das hat mein Vater schon so gehalten.“ Markus überlegte, was noch unbedingt zu erzählen notwendig war.

      „Mir ist nicht klar, wie du es schaffst, dass Ferox bei dir so zahm ist. Am besten, du kümmerst dich ein wenig um ihn. Ich sage dem Stallmeister Bescheid. Aber mische dich nicht in seine sonstigen Aufgaben ein.“

      Markus konnte sich vorstellen, dass Villa Patria eine völlig neue Welt für Fara war. Er würde ein Auge auf sie haben.

      Plötzlich sah Fara Markus an. „Hast du viele Feinde?“

      Markus stutzte. „Wie meinst du das?“

      „Hast du Konkurrenten, die dir den Tod wünschen? Oder hast du jemanden auf den Tod beleidigt oder liegt ihr mit einer Familie in Fehde?“

      „Nein, nicht dass ich wüsste. Ich regle meine Geschäfte meist zu beiderseitigem Nutzen. Warum fragst du?“

      Aber Fara sagte nichts mehr. Markus sollte erst einmal ihren Wink verarbeiten.

      Kapitel 9, Poetovio, 13. April 373

      ♦

      Sie sahen schon die Stadt Poetovio in der Ferne, hinter der Villa Patria lag. Markus war froh, dass er wieder zu Hause war. Das rege Treiben hatte er vermisst. Tagelang die Landstraße anstarren hatte er satt. Obwohl es in den letzten Tagen nicht langweilig war.

      Etwas beschäftigte Markus weiterhin. „Warum bist du bei dem Überfall zurückgekommen?“

      Fara sinnierte. Es gab vieles, was sie anführen könnte. Sie hatte ihr Zuhause verloren, denn bei Gordian hatte sie keine Zukunft. Allein als Frau ohne Geld im Römerland, war sie ohne Schutz. Sie hätte mit Jago zwar fliehen können, aber das war Pferdediebstahl.

      Dann war da noch Markus. Als seine Sklavin hätte er sie ständig prügeln und in Fesseln legen können. Doch er behandelte sie nicht so. Tief in ihrer Seele versteckt, gab es seit einigen Jahren Träume, die ihr ein wenig Hoffnung und Mut gaben, allen Widrigkeiten des Schicksals zu trotzen. Und er war der Grund dafür. Der Überfall mit seinen Ungereimtheiten beunruhigte sie. Das Problem könnte mit einem Schlag alles ändern und diesen kleinen Hoffnungsschimmer auslöschen.

      „Finde selbst heraus, warum die Nornen und die Parzen die gleiche Straße entlang gehen“, sagte sie geheimnisvoll.

      Markus war wie vor dem Kopf geschlagen. Wenn germanische und römische Schicksalsgöttinnen die Lebensfäden von Fara und ihm verwebten, verhüllte sich dann Fortuna, die Göttin des Glücks?

      ♦

      Markus hatte sich wieder auf Ferox geschwungen und zu Flavius gesellt, um die letzte Strecke nach Villa Patria zurückzulegen. Vitus saß weiter auf seinem Pferd. So blieb Fara auf dem Pferdewagen allein mit ihren Gedanken.

      Sie fuhren auf der Bernsteinstraße schon längere Zeit durch eine Ebene mit Feldern, Wiesen und Wäldern, umsäumt von Hügeln in der Ferne. Kleine Ansiedlungen oder Häuschen waren zu sehen. Ab und zu kamen ihnen ein Fuhrwerk, Reiter oder Wanderer auf der Straße entgegen. Weit vor ihnen waren Leute mit Bündeln auf einem Handkarren unterwegs in Richtung der Stadt Poetovio, wie sie bei den Römern bezeichnet wurde. In der diesigen Ferne der Ebene waren schon undeutlich die Umrisse der Burg über der Stadt zu erkennen. Die Römerstraße lief genau auf diese Burg zu. Überall waren Wiesen mit weidendem Vieh und frisch gepflügten Feldern zu sehen. Auf manchen waren Ochsen vor dem Pflug dabei, Furchen in den fruchtbaren Boden zu ziehen.

      Selbst die Pferde der Reiter schienen das nahe Ende der Fahrt zu spüren und liefen von sich aus schneller. Fara musste die Pferde des Fuhrwerks jetzt öfter antreiben, damit die Lücke zu den Reitern nicht zu groß wurde.

      Die Burg wuchs schnell und die Mauern wurden sichtbar, welche unterhalb des Burgberges die Stadt einschlossen. Die Römerstraße endete an einem großen Tor in der Mauer. Kinder tobten auf den Wiesen nahe der Mauer herum. Manche mussten Gänse