war.
Malvin sah daher mit einem zwiespältigen Lächeln zu Barus hinüber,
während er mit einem Lappen über die polierte Steinplatte seines Tresens
wischte. Die Platte war mit wertvollen Intarsien aus Holz geschmückt, doch
Malvin ärgerte sich inzwischen über seine Angeberei, denn Blutwein,
Gerstensaft und der Mageninhalt betrunkener Gäste hatten Spuren auf dem
kostbaren Holz hinterlassen, die auch durch eifriges Reiben nicht mehr zu
entfernen waren.
»Barus, mein Freund«, grüßte er jovial und breitete die Arme aus. »Es hat
den Anschein, als brächtest du guten Durst mit. Einen Gerstensaft?«
»Was sonst.« Barus lehnte sich an den Tresen. »Und rühr vorher nicht so
darin herum. Du weißt, ich mag den Gerstensaft lieber als den Schaum.«
»Sicher, mein Freund, sicher.« Malvin beugte sich zu dem Fass hinunter,
ließ Gerstensaft in einen gebrannten Becher fließen und schüttelte ihn
unauffällig. Ein gewisses Maß an Schaum gehörte zum Gerstensaft einfach
dazu, das war besser für den Geschmack – und für Malvins Vorräte.
Barus hörte eine merkwürdig keifende Stimme aus dem Hintergrund der
Kneipe hervordringen. Er runzelte die Stirn. »Esyne?«
»Wer sonst«, seufzte der Wirt. »Ganz im Vertrauen, Barus, mein Freund,
manchmal frage ich mich wirklich, ob es nicht besser gewesen wäre, die
verdammten Orks hätten sie erwischt.«
»Ja«, stimmte Toslot zu, der an die Theke getreten war und ebenfalls einen
Gerstensaft bestellt hatte. »Es wäre zumindest besser für unsere Ohren.«
Barus zuckte die Achseln. »Sie macht gute Schuhe.«
Esyne war eine der Schuhmacherinnen von Eternas, und ihre
Kunstfertigkeit wurde geschätzt. Zudem war die blonde Frau überaus attraktiv
und zog die Blicke der Männer auf sich. Doch Esyne war auch für ihre
Streitlust und ihre scharfe Zunge bekannt, und sie schreckte auch nicht davor
zurück, ihre Argumente handgreiflich zu untermauern. Ihre Stimme war
unverkennbar. Offensichtlich stritt die blonde Frau gerade mit einem der
anderen Gäste, und viele hörten der hübschen Esyne belustigt zu, deren
Repertoire an unflätigen Bemerkungen beträchtlich war.
In jener Nacht, als Orks in die Stadt Eternas eindrangen und viele ihrer
Bewohner erschlugen, hatte Barus mit ansehen müssen, wie eine blonde Frau
von den Orks getötet wurde, und dabei geglaubt, Esyne erkannt zu haben.
Damals hatte er überrascht festgestellt, dass ein Verlust der Schuhmacherin
ihn schmerzen würde. Doch dann hatte sich herausgestellt, dass es eine andere
Frau gewesen war, und als Barus nun die keifende Stimme hörte, musste er
sich über seine damaligen Gefühle wundern.
»Man sollte einmal ordentlich mit ihr knarrzen«, murrte Toslot und trank
durstig von seinem Gerstensaft. »Dann käme sie auf andere Gedanken.«
»Es gibt nicht wenige, die sie gerne einmal in ihre Bettstatt nehmen
würden«, stimmte Barus zu. »Doch zuvor müsste man sie vermutlich
knebeln.«
»Das würde mich nicht sonderlich stören«, bekannte der schmächtige
Bauer.
Toslot trank erneut, und Barus sah den Wirt augenzwinkernd an. »Drei?«
Es war bekannt, dass der Bauer nicht viel vertrug, und Malvin schüttelte
bedauernd den Kopf. »Barus, du weißt doch, was Esyne immer sagt, nicht
wahr? Toslot verträgt nicht mehr als zwei Becher und den Schaum vom
dritten.«
»Ihr Narren, allesamt seid ihr Narren«, drang Esynes Stimme durch die
Schenke, und Toslot verschluckte sich, als sich die Gestalt der blonden
Schuhmacherin auf die Theke zubewegte.
»Allesamt seid ihr Narren«, wiederholte die hübsche Frau und lehnte sich
neben Barus an den Tresen. »Ach, hallo, Barus, ich dachte mir doch gleich,
dass ich diese Keule kenne.« Sie blickte zu Toslot. »Mach langsam, Toslot,
dir steigt schon der Schaum vor den Mund. Nicht mehr lange, und der Rest
wird nachfolgen.«
Der schmächtige Bauer errötete und schob sich ein wenig zur Seite. Esyne
bestellte sich Blutwein und prostete Barus damit zu. »Ich sage dir, Barus,
seitdem wir wieder Handel mit den Marken des Königs treiben, wimmelt es
hier nur so von Narren. Ich bin bekannt für meine guten Schuhe, nicht wahr,
Barus, mein Freund?«
»Ja, das stimmt.« Barus nickte bekräftigend. »Meine Stiefel sind auch von
dir gefertigt, und ich muss sagen, es sind sehr gute Stiefel.«
»Na also.« Esyne lächelte wohlwollend und sah kurz zu Toslot hin, dessen
Augen bereits leicht glasig wurden. Dann warf sie Malvin einen fragenden
Blick zu. »Wie viele hat er schon?« Malvin hielt zwei Finger hoch, und Esyne
nickte. »Dann fällt er gleich um.«
»Was hat dich eigentlich so erzürnt?«, brummte Barus und wies mit dem
Kopf zu der Ecke, in der Esyne zuvor gesessen hatte.
»Ach, es geht um Helderim, diesen Narren.«
»Den Händler?«
»Ja«, fauchte sie. »Helderim, den Händler. Dieser Narr. Soll er sich ruhig
ins Unglück stürzen.«
»Was für ein Unglück?« Malvin beugte sich interessiert vor. »Ist etwas
passiert?«
»Noch nicht«, knurrte Esyne, und Malvin machte ein enttäuschtes Gesicht.
»Ich fertige wirklich ausgezeichnete Schuhe, wie ihr wisst.«
»Ja, das tust du«, bestätigte Barus nochmals und sah zu Toslot, als dieser
einen leisen Seufzer ausstieß. Toslot schaute Barus mit glasigem Blick an,
verdrehte dann die Augen und kippte unvermittelt aus dem Gesichtsfeld des
Nagerjägers. Der