Die Pferdelords 03 - Die Barbaren des Dünenlandes. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Die Pferdelords
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750221437
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      Orten beließ, wo ihr Blut ein letztes Mal den Sand der Wüste bedeckt hatte.

      Nur die Schädel der im ehrenhaften Kampf gefallenen Gegner löste man als

      Trophäe vom Rumpf. Die Waffen und Rüstungen hingegen beließ man ihnen,

      so kostbar das Metall auch war, denn es wäre nicht statthaft gewesen, es von

      den Toten zu rauben. So verrotteten die Überbleibsel jenes Kampfes im

      Wüstensand, wurden von ihm bedeckt und wieder freigelegt. Einmal im Jahr,

      wenn die Nacht am längsten währte, tranken die Krieger im Schädelhaus

      gegorenen Pflanzensaft auf die Ehre der eigenen und der genommenen

      Schädel. Und mancher dieser Tapferen hatte am folgenden Tag das Gefühl,

      auch sein eigener Schädel sei bei diesem Ritual gelöst worden.

      Die Lieder besangen die Kraft der Pferdelords, die einst bezwungen

      worden waren, und die Kraft der Krieger, welche dies erreicht hatten. Um die

      Toten des Pferdevolkes zu ehren, die den letzten Kampf gefochten hatten,

      erinnerte man sich ihrer auf eine besondere Weise. Ihre Leiber hatte man

      nicht einfach liegen lassen, sondern in mühevoller Arbeit aufgerichtet. Nun

      konnten sie nach Osten blicken, dorthin, wohin ihr Volk zurückgewichen war,

      dessen Überleben sie mit ihrem eigenen Tod gesichert hatten.

      Das Sandvolk nannte sie die »Tote Wache«, und es hatte Opfer gekostet,

      ihr Andenken zu bewahren. Bis die Körper verfallen waren, hatten das

      verrottende Fleisch und der Gestank ganze Rudel von Fleckbeißern angelockt.

      Das Sandvolk hatte eigene Leben opfern müssen, um die Toten zu

      verteidigen. Doch nun gab es nichts mehr, was Fleckbeißer hätte anlocken

      können, und so war die Ehrenwache mittlerweile weniger gefährlich.

      Heglen-Tur trug die typische Tracht der Männer des Sandvolkes. Knochen

      und die Fasern der Stachelpflanze bildeten die Grundstoffe seiner Kleidung.

      Ein Blick auf sein ärmelloses Hemd aus gut durchgekauten Pflanzenfasern

      bestärkte Heglen-Tur in dem Wunsch, bald ein Weib zu besteigen. Denn

      musste er als Jungmann den Rohstoff noch selbst bearbeiten, würde das Weib

      dem gebundenen Krieger die unangenehme Aufgabe des Kauens abnehmen

      und sie vermutlich weitaus sorgfältiger durchführen. Dieses Hemd jedenfalls

      war nicht richtig weich und anschmiegsam, ja, es kratzte sogar. Aber Heglen-

      Tur ertrug es mit stoischer Miene. Er wollte sich vor den Frauen und

      Mädchen des Clans keine Blöße geben. Das Hemd reichte bis über das Gesäß

      und ließ die Beine frei. Durch den Speichel waren die Fasern beim Kauen

      ausgeblichen, und so hatte das Hemd die Farbe des Sandes, was eine gute

      Tarnung bot.

      Zu dem kragenlosen Oberteil trug Heglen-Tur einen selbst gefertigten

      Brustpanzer aus Knochen. Meist benutzte man die leicht erhältlichen Gebeine

      der Sandwühler, aus denen sich ein passabler Panzer fertigen ließ. Sie wurden

      mittels geflochtener Pflanzenfasern miteinander verbunden und bildeten einen

      annehmbaren Schutz gegen die Klinge eines Schwertes oder einer Axt,

      vorausgesetzt, der Hieb wurde nicht allzu kräftig geführt. Lanze und Pfeil

      hingegen würden ihn durchschlagen, damit musste man sich abfinden, bis

      man ein passendes Metallteil fand, das den Panzer verstärken konnte. Metall

      wurde jedoch stets unter dem Knochenpanzer getragen, denn es schimmerte

      verräterisch und konnte seinen Träger schon auf große Entfernung entlarven.

      Es gab einige Stellen in der Wüste, an denen sich das kostbare Erz finden

      ließ. Diese Orte waren allen Clans bekannt, aber nicht immer waren sie

      zugänglich, denn es konnte vorkommen, dass die Wüste sie bedeckte. Das

      Gesetz der Clans schrieb vor, das genommene Erz gerecht zu teilen, und wer

      etwas fand und mitnahm, bewahrte den Anteil der anderen Heimstätten daran

      auf, bis der Rat der Clans sich traf. Während die Turikos über die Belange der

      Clans entschieden, tauschten die Turik das kostbare Metall. Es gab keinen

      Streit zwischen ihnen, denn kein Clan übervorteilte den anderen. Sie hatten

      gelernt, im Notfall zusammenzustehen, und so auch das Pferdevolk

      bezwungen.

      In jeder Heimstatt gab es das Zelt des Schmelzers. Es war besonders stabil

      gebaut und hatte auf seiner Plattform eine besonders große Steinplatte. Auf

      ihr formte man aus Sand den Schmelzkegel und brannte ihn. Dann wurde der

      Kegel beheizt und das Erz von oben hineingegeben. Der Schmelzer und seine

      Gehilfen achteten viele Sonnen lang auf die richtige Temperatur. Wenn die

      rechte Zeit gekommen war, zerbrach man den Kegel. Dann hatten sich

      Schlacke und Metall geschieden, und aus dem Metall wurden Wurmwarner,

      Messer oder die eisernen Brustplatten der Harnische geschmiedet.

      Weitaus wichtiger als der Schutz der Brust war dem Sandvolk der Schutz

      von Bein und Fuß. An den Beinen hatte Heglen-Tur die knielangen

      Überzieher aus den unvermeidlichen Pflanzenfasern angelegt, die vor den

      Stacheln der Pflanzen schützten. Ihre dicken Sohlen bestanden aus der

      mehrfach gefalteten und vernähten Haut der Sandwühler.

      Heglen-Tur trug keinen Helm. Niemand vom Sandvolk tat das. Es war

      unschicklich, den Schädel zu bedecken, denn es galt als Zeichen mangelnden

      Mutes. Man bot dem Feind den Schädel dar, mochte er ruhig versuchen, ihn

      zu nehmen. Allein die Stärke des Kriegers sollte darüber entscheiden, wer am

      Ende wessen Trophäe nehmen würde.

      Der Fünfzehnjährige blickte schweigend zwischen den Hütten des zweiten

      Kreises der Heimstatt hindurch zum Zentrum hinüber. Einige der Frauen

      beobachteten ihn, denn sie spürten die Ungeduld, die er verbergen wollte. Ein

      Sandwühler suchte Schutz vor zwei vergnügt kreischenden Kindern und

      rannte quiekend zu ihm hinüber. Doch Heglen-Tur ignorierte die kleinen

      Wesen, die um seine Beine herumtollten, und versuchte sich den Anschein

      von Gelassenheit zu geben, was ihm jedoch immer schwerer fiel. Als er schon

      kurz davor stand, mit dem Fuß nach dem störenden Sandwühler zu treten,

      rannte der Insektenfresser endlich davon,