Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Die Pferdelords
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750221918
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Reitern, sahen ihm gleichermaßen erregt entgegen. Kormunds

      Gesicht war von Ärger gerötet, während Garwin entspannt im Sattel saß und

      den Scharführer spöttisch musterte. Als der junge Reiter seinen Vater

      erkannte, wurde sein Blick für einen Moment unsicher, um dann einen fast

      trotzigen Ausdruck anzunehmen.

      Garodem spürte die Anspannung der umgebenden Pferdelords beinahe

      körperlich.

      »Ich erkenne mit Wohlgefallen, dass sich meine Schwertmänner in der

      Waffenkunst üben«, sagte der Pferdefürst mit einem beschwichtigenden

      Lächeln, als er die beiden Streitenden erreicht hatte. »Es ist immer wieder ein

      stolzer Anblick, die geschlossenen Reihen eines Beritts im vollen Galopp zu

      sehen.«

      »Die geschlossene Reihe nimmt uns …«

      Garodem hob seine Hand und brachte Garwin so zum Verstummen. »Die

      geschlossene Reihe gibt uns die Kraft, die Linien des Feindes zu

      durchbrechen.« Seine Stimme schien keinen Widerspruch zu dulden. »Erst

      wenn sie gebrochen sind, löst sich die enge Formation des Beritts auf, um

      Einzelkämpfe zu ermöglichen.«

      »Weil die Tradition es will?«, brauste Garwin auf.

      Garodems Stimme wurde kalt. »Weil die Erfahrung es uns lehrt!«

      Zustimmendes Gemurmel war bei einigen Reitern zu hören, und Garwins

      Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Der Pferdefürst erkannte, dass sein Sohn

      etwas erwidern wollte. Ein Mann und eine Frau hatten das Recht, ihre

      Meinung zu vertreten, aber Garwin war dabei, einen schrecklichen Fehler zu

      begehen, ohne es zu merken.

      »Die Erfahrung des Pferdevolkes lehrt uns auch, dass unsere Stärke in

      unserer Einigkeit liegt. Als wir noch in der alten Heimat im Westen lebten, da

      bildeten wir einzelne Clans, die untereinander Krieg führten. Als das

      Sandvolk uns bedrohte, hat der Erste König uns geeint und uns gezeigt, dass

      wir nur gemeinsam bestehen können. Gemeinsam leben, gemeinsam kämpfen

      und, wenn die Fügung es will, gemeinsam sterben.« Garodem senkte seine

      Stimme und sah Garwin versöhnlich an. »Wenn der Befehl kommt und der

      Einzelkampf beginnt, dann mögen die Stärke deines Armes und die

      Schnelligkeit deines Pferdes von Bedeutung sein, aber im ersten Ansturm

      zählt die Kraft des geeinten Beritts.«

      »Auch wenn es den sinnlosen Tod von Männern bedeutet?« Garwin stützte

      seine Hände auf das Sattelhorn, und man sah, wie die Knöchel weiß wurden.

      Garodem blickte die Pferdelords ernst an. »Auch wenn dies den Tod von

      Männern bedeutet. Ich bin in manche Schlacht geritten und habe manchen

      guten Reiter sterben sehen. Der Tod gehört zum Kampf dazu, und wir müssen

      das hinnehmen wie wahre Pferdelords. Nach jeder Schlacht habe ich mir die

      Toten angesehen. Jeden einzelnen von ihnen. Und jedes Mal habe ich mich

      gefragt, ob meine Entscheidungen richtig waren oder ob ich die Männer

      sinnlos in den Tod führte.«

      Garodem zwang seinen Sohn mit diesen Worten, die Kritik von

      Scharführer Kormund auf sich selbst zu beziehen. Der junge Pferdelord

      erkannte die Absicht seines Vaters und lehnte sich im Sattel zurück. Mit

      verengten Augen musterte er den Pferdefürsten.

      »Du hast deine Schlachten immer gewonnen«, sagte Garwin heiser.

      »Nicht ich war es, Pferdelord Garwin«, korrigierte Garodem. Garwin stand

      hier nicht als sein Sohn, sondern als ein Reiter von Kormunds Beritt. Der

      junge Mann musste dies erkennen und akzeptieren, denn es durfte keine Rolle

      spielen, dass er der Sohn des Pferdefürsten und künftige Herr der Hochmark

      war. Er war Gleicher unter Gleichen, doch er schien dies noch nicht

      verinnerlicht zu haben. »Wir, die Pferdelords, haben die Schlachten

      gewonnen. Geeint in unserer Kraft und unserem Mut.«

      »Und unter deinem … Eurem Banner.« Garwins Stimme klang gepresst.

      Der Wechsel zur förmlichen Anrede verriet, dass er erkannt hatte, was sein

      Vater von ihm erwartete. Es gefiel dem jungen Reiter nicht, aber die Disziplin

      und Tradition verlangten von ihm, dass er sich fügte.

      »Ja, unter meinem Banner.« Garodem versuchte, seinen Unmut zu

      verbergen. Er wies auf seinen Sohn. »Ihr tragt den Umhang eines Pferdelords,

      Garwin. Er ist vor Eurem Hals mit einer goldenen Spange in der Form des

      doppelten Pferdekopfes verschlossen. Diese Spange ist nicht nur ein

      Verschluss, Pferdelord Garwin. Ihr Symbol wiederholt sich auf den Schilden

      der Schwertmänner, im Griff der Schwerter und auch auf meinem Banner.

      Die nach außen gewandten Pferdeköpfe symbolisieren die Wehrhaftigkeit

      unseres Volkes und die Kraft unserer Pferde. Die Köpfe sind in der Form

      eines Hufeisens verbunden, das Zeichen für den Ring der Einigkeit, die

      unserem Volk die Stärke gibt. Es ist das Zeichen unseres Pferdevolkes und

      weitaus mehr als das.«

      Garodem reckte sich im Sattel und spürte, wie ihm dabei ein stechender

      Schmerz durch den Rücken fuhr. »Das Zeichen unseres Volkes ist die

      Verpflichtung für die Träger des grünen Umhangs. Wer diesen Umhang trägt,

      ist ein Pferdelord, und seine Pflicht ist es, das Bestehen des Volkes mit dem

      eigenen Leben zu schützen. So, wie es Tradition und Eid verlangen.«

      Garodem seufzte. Er wies auf den neben ihm verharrenden Kormund,

      dessen Gesicht noch immer abweisend war. Der Pferdefürst spürte die

      Anspannung, unter welcher der Scharführer stand. »Der gute Herr Kormund

      ist der wohl beste Scharführer, den sich die Hochmark wünschen kann. Viele

      Kämpfe haben wir Seite an Seite bestanden und manche Narbe

      davongetragen. Jeder Mann, der einen Wimpel der Hochmark führt, tut dies

      an meiner Stelle und in meinem Namen.«

      Würde Garwin nach diesen Ausführungen weiterhin Kritik äußern, so

      griffe er damit unmittelbar auch seinen Vater an. Jeder