Moment empfand ich am Morgen Neid auf die anderen, die sich um mich
herum mit Leichtigkeit erhoben.«
»Garwin, dein Sohn, wird dein Banner bald führen können.«
Garodem sah auf das große Feld hinunter, das sich westlich von der Burg
Eternas erstreckte. Seit Gründung der Hochmark diente es ihren Pferdelords
in doppelter Weise: für die Übung ihrer Wehrfähigkeit und für die Heerschau,
wenn sie sich unter dem Banner Garodems für die Schlacht sammelten. Auch
jetzt war dort Bewegung, und von der hohen Warte des Signalturms aus
konnten Garodem und Larwyn Männer mit den Rosshaarschweifen der
Wache erkennen. Sie ritten zum Klang der Signalhörner und Kommandos
ihrer Scharführer über den Platz. Auch Garwin, ihr Sohn, befand sich unter
den Reitern.
Garodems Miene war schwer zu deuten, und Larwyn spürte die Zweifel in
seiner Stimme, als er ihr endlich antwortete. »Ja, vielleicht wird Garwin mein
Banner bald in die Schlacht führen können.«
Sie beide liebten ihren Sohn und empfanden Stolz beim Anblick des
jugendlichen Reiters, der in den Reihen eines Beritts übte. Dennoch spürte
Larwyn instinktiv, dass der Anblick des Sohnes widerstreitende Gefühle in
ihrem Gemahl weckte. Obwohl Garodem in seinem Leben vor keinem Kampf
zurückgeschreckt war, scheute er sich in diesem Fall, seine Sorgen mit ihr zu
teilen.
»Du zweifelst an Garwin, nicht wahr?«
Garodem beobachtete die Männer auf dem Feld und schien nach den
richtigen Worten zu suchen. »Er ist ein hervorragender Reiter und beherrscht
seine Waffen«, erwiderte er schließlich mit leiser Stimme, »aber es ist etwas
an seinem Wesen, das ihn von den anderen Pferdelords unterscheidet.«
Das Thema schien dem Pferdefürsten unangenehm, und Larwyn bemerkte,
wie Garodem ihr auszuweichen versuchte, als er mit weit ausholender Geste
über das Feld und die Burg wies. »Eternas ist gewachsen, so wie alles wächst.
Die Stadt muss vergrößert werden und auch die Burg.«
»Ja, du hast recht.« Larwyn lächelte, obwohl es sie schmerzte, dass der
geliebte Mann sich ihr nicht anvertrauen mochte. Dafür konnte es nur einen
einzigen Grund geben. Garodem befürchtete, dass seine Worte sie verletzen
könnten. So vieles hatten sie im Verlauf der Jahreswenden miteinander
geteilt, und nun, da es um ihr gemeinsames Kind ging, zögerte er, offen mit
ihr darüber zu reden. Die blonde Herrin der Hochmark kannte ihren Garodem
und wusste, dass es keinen Zweck hatte, ihn zu bedrängen. So beschloss sie,
das Thema zunächst auf sich beruhen zu lassen, und ging auf seine
ausweichenden Worte ein. »Die Hochmark gedeiht, und wir müssen für die
Zukunft planen.«
Garodem sah sie an und lächelte. Sie spürte seine Erleichterung darüber,
dass sie den Themenwechsel angenommen hatte. »Die Stadt kann noch ein
wenig wachsen«, brummte er, »aber ein Ende lässt sich absehen. Bald ist sie
zu klein, um alle Menschen aufnehmen zu können. Aber wenn sie noch
stärker wächst, wird das Tal seine Bewohner nicht mehr ernähren können.« Er
seufzte leise. »Und die Gehöfte und Weiler können nur begrenzten Raum
bieten.«
Larwyn folgte seinen Gedankengängen. »Du denkst an die Zeit zurück, in
der du die Hochmark gegründet hast?«
»Ja.« Garwins Blick glitt nach Süden, dorthin, wo sich die anderen Marken
des Pferdevolkes erstreckten.
»Garwin ist noch zu jung, um eine eigene Mark zu gründen«, sagte sie
leise.
Der Pferdefürst nickte. »Natürlich ist er zu jung dazu. Zudem wüsste ich
nicht, wo er eine neue Mark aufbauen könnte. Jenseits der Westmark liegt das
Dünenland, unsere alte Heimat. Dort gibt es kein fruchtbares Land mehr, und
außerdem ist die Wüste das Gebiet der Clans. Im Süden stoßen unsere
Grenzen an das Reich Alnoa und im Norden an die Städte der guten Herren
Zwerge. Nein, Larwyn, mein geliebtes Weib, ich denke nicht an eine neue
Mark.«
Garodem löste sich von der Einfassung des Turms und begann auf der
kleinen Turmplattform auf und ab zu schreiten. Larwyn kannte diese
Angewohnheit. Immer wenn er sich auf ein Problem konzentrierte,
verschränkte er die Hände hinter dem Rücken und ging in seinem
Arbeitszimmer von einer Seite zur anderen. Eine stete Folge von Schritten, in
denen seine Gedanken an einem anderen Ort zu weilen schienen, so lange, bis
er eine Lösung gefunden hatte.
»In den unteren Marken gibt es noch Raum.« Der Pferdefürst verharrte
kurz und nickte dann, als müsse er seine eigenen Worte bestätigen. »Sollte die
Hochmark weiter wachsen, werden wir Familien in die anderen Marken
entsenden.«
»Sie werden dort willkommen sein.«
»Das werden sie.« Garodem lächelte versonnen. »Vor allem der brave
Bulldemut wäre sicherlich dankbar, wenn wir seine Stadt und seine Weiler
mit frischem Leben füllen würden. Auch wenn die Ostmark nicht allzu viel
gelitten hat, als die Orks Merdonan berannten, so weiß ich doch, dass ihr
Pferdefürst die Stadt vergrößern und stärker machen will. Ihre Lage am Pfad
durch die Weißen Sümpfe verleiht ihr eine Schlüsselposition, falls die Orks
erneut vorstoßen wollen.«
»Sofern sie nicht aus einer anderen Richtung kommen.«
»Ja, das mag geschehen.« Garodem leckte sich über die Lippen und trat
wieder neben Larwyn. »Aber kommen werden sie. Eines Tages.«
»Wir werden gerüstet sein«, versicherte Larwyn. »Die Hochmark wird
bereitstehen.«
Ihr Gemahl nickte. »Ja, so gut wir es vermögen.« Er blickte abermals auf
das