Vater und der Älteste ihres Hauses, seine Kinder auf dieser Reise begleitete.
Elodarion wirkte kaum älter als die beiden Geschwister, obwohl er zu den
ältesten Elfen gehörte. Aber noch immer wirkten seine Züge jung, und seine
Bewegungen waren geschmeidig. Die weich fließenden Gewänder, welche
die Körper der drei Elfen umhüllten, schimmerten in den blauen und grünen
Schattierungen, die für die Häuser des Waldes typisch waren. Darüber trugen
sie die zartblauen Umhänge der Elfen des Waldes und einen schmalen
goldenen Stirnreif mit einer Lilie aus Kristall, dem Symbol des Hauses
Elodarion.
Sie führten keine Waffen mit sich, wenn man einmal von Lotaras’
Langbogen absah. Nichts bedrohte einen Waldelfen im Gebiet seiner Häuser,
denn selbst die großen Pelzbeißer hielten respektvollen Abstand. Lotaras hatte
sich zudem die große Tasche mit den Reisevorräten umgehängt, denn sie
hatten den Weg zu Fuß zurückgelegt. Natürlich hätten sie reiten können, aber
sie alle hatten es genossen, die Strukturen des Bodens unter ihren nackten
Fußsohlen zu spüren. Erst in Sichtweite der Weißen Sände hatten sie ihr
Schuhwerk wieder angelegt.
»Ich habe die Bucht nun schon so oft gesehen«, bekannte Elodarion, »doch
der Anblick des Meeres fasziniert mich immer wieder aufs Neue.«
»Ja, der Anblick ist ganz nett«, seufzte Lotaras.
Seine Schwester Leoryn, die wie er kaum mehr als fünfhundert
Jahreswenden alt war, lachte fröhlich auf. »Er schätzt das Meer nicht
besonders, mein Vater. Als wir das Volk der Seeelfen zum ersten Mal
besuchten und mit einem seiner Schiffe fuhren, wurde ihm übel.«
»Es hat gewackelt«, erwiderte Lotaras errötend.
Elodarion lächelte sanft. »Ein alter Freund von mir sagt immer, man muss
mit den Bewegungen des Wassers und des Schiffes in Harmonie sein.« Er
lachte gut gelaunt. »Es ist nicht bedeutend anders, als auf dem Rücken eines
Pferdes zu sitzen.«
»Der Rücken eines Pferdes ist trocken. Das Meer hingegen ist nass«,
wandte Lotaras ein.
Sie standen ein Stück oberhalb des Strandes an einer der kleinen
Plattformen, die einen wundervollen Ausblick über die Bucht und das Meer
boten. Elodarion wies in die Bucht hinunter. »Das muss es sein. Das erste
Schiff von vielen, die unser Volk zu den Neuen Ufern tragen werden. Kommt,
Kinder, lasst uns hinuntergehen. Ich bin gespannt, was sich die Elfen der See
haben einfallen lassen.«
Das Wasser der Bucht schimmerte kristallklar, und so konnte man von
oben den Reichtum an Pflanzen und Fischen erkennen, der sich darin
entfaltete. Je tiefer die drei Elfen auf ihrem Weg zum Strand kamen, desto
stärker schimmerte die Oberfläche in grünen und blauen Farben. Eine frische
Brise ließ ihre langen weißblonden Haare auswehen und brachte den leicht
salzigen Geruch der See heran.
Der Weg, dem sie folgten, führte sie an der Innenseite der Klippe entlang
hinunter zur Mitte der Bucht und zu den Schiffen. Die Elfen der See hatten
drei verschiedene Schiffstypen entwickelt, in welche die im Laufe von Äonen
erlangten Fähigkeiten ihrer Erbauer eingeflossen waren.
Ein Pfeilschiff wirkte mit seinem einzelnen Mast zierlich und fast
verspielt. Es diente der raschen Erkundung des Meeres. Die größeren
Transporter waren fast dreimal so groß. Sie besaßen zwei Masten und größere
Segel, da sie auch mehr Last trugen. Viele waren bereits umgebaut worden
und weitere würden folgen, denn bald würden diese mächtigen Schiffe nicht
mehr nur Waren, sondern auch Passagiere über das Meer tragen.
Den dritten Schiffstyp bildeten die schnellen, starken Kampfschiffe, von
denen es nur wenige gab. Mit ihrem scharfen, extra bewehrten Bug waren sie
in der Lage, ein feindliches Schiff zu zerschneiden. Aber ihre eigentliche
Waffe bestand in den zwei Feuerrohren, die sich an Bug und Heck befanden.
Sie versprühten einen Strahl aus Feuer, der feindliche Schiffe verbrannte und
dem Schiffstyp die Bezeichnung »Flammschiff« eingebracht hatte. Es war ein
Feuer, das sich mit Wasser nicht löschen ließ, und die Elfen gingen sorgsam
damit um. Denn selbst sie, mit all ihrem alten Wissen, vermochten seine
Flammen nicht zu ersticken.
Diese drei Schiffstypen hatten dem elfischen Volk lange und gut gedient,
doch nun war eine neue Konstruktion hinzugekommen, die den
Anforderungen der langen Reise zu den Neuen Ufern standhalten sollte.
Elodarion winkte einer Gruppe Elfen zu, die am Ufer der Bucht standen
und den Ankömmlingen neugierig entgegenblickten. Die Männer und Frauen
trugen kürzere Gewänder, wie sie bei den Häusern der See üblich waren. Die
Muster waren den Schuppen der Fische und den Schalen von Muscheln
nachempfunden, und im Gegensatz zu den Waldelfen bevorzugten die Häuser
der See leuchtende und kräftige Farben.
Ein Mann in der Gruppe beschattete seine Augen gegen die grelle Sonne
und trat dann lächelnd hervor. Die Füße des Seeelfen waren bloß und wiesen
an den Sohlen dicke Schwielen auf, denn als Seefahrer legten sie Wert darauf,
ein Schiff und seine Bewegungen zu spüren. Daher verzichteten sie auf
störendes Schuhwerk, das sie auch an Land nicht anlegten.
Lotaras stieß ein leises Brummen aus. »Ich kenne den Mann.«
»Das will ich meinen.« Leoryn schob ihre Tasche mit den Utensilien ihres
Heilerstandes auf den Rücken und lachte fröhlich auf. »Das ist Gendrion, der
Steuermann der ›Sturmschwinge‹.«
Elodarion streckte seine Hand zum elfischen Gruß aus, und Gendrion
erwiderte ihn erfreut.
»Es tut gut, Bruder Elodarion, Euch nach so langer Zeit wieder einmal
willkommen