Arm-, Brust- und Nackenband
In eines viermal kleinern
Gekrönten Helden Hand.
Dringt unsre Sonne nimmer
In's unterird'sche Haus,
Doch geht ein Heil'genschimmer
Von Domes Kuppel aus;
Empor zwei Thürme schießen
Von buntem Edelstein,
Und ihre Blumen sprießen
Und sonnen sich im Schein.
Zwei Säulenbündel tragen
Die Heil'gen ob dem Thor,
Und stehn in's Kreuz geschlagen
Zwei Kreuzesschwerter vor;
Das ein' ist diamanten,
Das ander' ist Rubin,
Smaragd- und Saphirkanten
Die Griff' und Knäuf' umziehn.
Hoch donnernd und ergötzlich
Das Domgeläut' erschallt,
Und schafft lebendig plötzlich
Den Palm- und Eichenwald;
Dann ziehn viel reine Pfaffen
Voll Eifer nach dem Dom,
Und Volk in hellen Waffen,
Ein wogenvoller Strom.
Zweifach den Bart gespreitet
Auf goldnes Brustgewand,
Voran mit Krone schreitet
Ein Held, den Stab in Hand:
Das sind die Streiter Christes
Und die vom deutschen Reich,
Und Karl der Kaiser ist es,
Ein Hirt und Held zugleich.
Im Klang geweihter Harfen,
Im Waffenblitz und Licht,
Geht Karl mit einem scharfen,
Tiefsinnigen Gesicht;
In all' dem Volk wie einsam:
Ein heilig Herrscherbild,
Und doch so treu gemeinsam,
Mit Allen traut und mild.
Wie lang' die deutschen Helden
Dort unten halten Wacht:
Das muß die Zukunft melden
Und steht bei Gottes Macht;
Imgleichen was sie singen,
Und segnen leis und laut,
Ist von verborgnen Dingen
Und Gottes Herz vertraut.
Auch dämmert in der Nische
Dort Kaiser Friederich.
An einem Marmeltische
Bezaubert hält er sich;
Doch wann den Tisch zum dritten
Sein Funkelbart umreicht,
Dann kommt er vorgeschritten
Und Bann und Zauber weicht.
Dann fängt im Walserfelde
Der Baum zu grünen an, –
Und das ist sichre Melde:
»Bald wird die Schlacht gethan!«
Und wird er Früchte tragen
Am strotzenden Geäst:
»Dann wird die Schlacht geschlagen,
Dann kommt das Erntefest.«
Dann hebt es an zu raunen
Im Volk von Land zu Land,
Dann blasen Heerposaunen
Die Welt in Waffenbrand,
Drängt Alles zum erdorrten,
Ergrünten Baume schon:
Aus Unterberges Pforten
Steigt Karl zum hohen Thron.
Dann soll'n die Guten richten
Die Bösen allzumal,
Zerschlagen und zernichten
Bei Wals im Rachethal.
Dann strahlt in hehrem Feiern
Vom Baum der Welfenschild,
– Und Keiner kann entschleiern
Den Geist von diesem Bild.
2. Der Kaiser im Untersberg.
Histor. Schatzkästlein für Bayern. München, 1832. I., 7.
Noch waren zehn Jahre nicht vorüber, als Luther
seine Reformation begonnen. Da ging ein andächtiger
Bürger von Reichenhall eines Sonntags nach der
Frühmesse weit aus lustwandeln. Er kam an den Untersberg,
sah mit Erstaunen den Berg offen wie durch
ein Kapellenthörlein, darüber eine Inschrift mit silbernen
Buchstaben, einer Sprache, die kein Sterblicher
gehört. Ihm entgegen schritt ein eisgrauer, ehrwürdiger
Mönch mit einem mächtigen Schlüsselbund, ganz
in ein großes Buch vertieft. Eine ungeheure Pforte
flog klirrend und prasselnd auf und auf einer schönen
Wiese stand eine unendliche Kirche mit zweihundert
Altären und mehr als dreißig Orgeln. Zweimal dreihundert
Mönche sangen die Horen. Darauf schlug die
große Glocke markerschütternd und doch lieblich an,
und aus allen Winkeln kam zahlloses Volk zum
Hochamt. Nach dem Gottesdienst bewirthete der
Mönch den Reichenhaller Bürger köstlich und führte
ihn umher in den Wendungen des Berges. Da sah er
den Barbarossa, der einst in den Pabsthändeln Salzburg
mit Feuer und Schwert verwüstete, unter betäubendem
Kriegeslärm, Trommelwirbel und Tromme-
tengeschmetter und wehenden Fahnen, – dann wieder
in einsamer Majestät den großen Karl mit dem langen
Silberbart. Reicht der das zweite Mal die ganze lange
Tafel herum, so bricht der jüngste Tag herein. – Lustwandelnd
begegneten sie auch vielen unlängst verstorbenen
Bayerfürsten, Herren und Frauen, Salzburger
Erzbischöfen, Pröbsten von Bertholsgaden und St.
Zeno. – Auf die Frage, was diese hier thäten, gab das
Mönchlein dem Reichenhaller Bürger eine solche
Maulschelle, daß er glaubte, alle neun Chöre der
Engel singen zu hören und diesen Backenstreich bis
an sein Lebensende verspürte. Doch wurde er wieder
freundlich und schlug ihm uralte, mächtige Bücher
auf aus Thierhäuten und Baumrinden. Darin stand
Vieles von den Strafen der Gottlosen, von Türken und
Schweden, vom Gräuel der Verwüstung, daß die
Wölfe wieder in die Städte dringen und in Salzburg
ihre Jungen hinter St. Ruperts Altar legen würden;
von zwei großen