Monographieen stehen die unterfränkischen von
L u d w i g B e c h s t e i n ( d i e S a g e n d e s
R h ö n g e b i r g e s u n d d e s G r a b f e l d e s ,
Würzburg 1842) und A d a l b e r t v o n H e r r -
l e i n ( d i e S a g e n d e s S p e s s a r t s , Aschaffenburg
1851) oben an. Beide Schriften enthalten
zwar Vieles eher der Geschichte als der Sage Angehöriges,
Bechsteins Sammlung außerdem eine große Anzahl
außer Bayern fallender, Thüringischer Sagen; jedoch
haben beide das Verdienst, die Sagen treu und
volkstümlich erzählt zu haben, so daß ich nur wünschen
wollte, es möchten sich alle Gauen des Vaterlandes
so vollständiger Monographieen als die Rhön
und der Spessart zu erfreuen haben. Quellen sind in
beiden Schriften leider nicht verzeichnet.
Ein sogenannter S a g e n s c h a t z v o n O b e r -
f r a n k e n von B e r n h a r d G ö r w i t z , Bayreuth
1846, aus vier sehr mageren Heftchen bestehend, enthält
außer wenigen, theilweise entstellten und verblümten
Sagen, noch Geschichten, Novellen, Reiseschilderungen,
Humoristika5.
S a g e n d e r P f a l z in Gedichten sind erschienen
von F r . B a a d e r , L . M o o r i s und F r .
O t t e , Stuttgart 1842. Die Mehrzahl dieser Gedichte
haben außer poetischem Werthe das Verdienst, den
Kern und das Wesen der Sage treuer gewahrt zu
haben, als die sogenannten Sagen von M e r t e l ,
W i n t e r , W i l l i n g u . A . , von welchen ich für
meine Sammlung fast gar keinen Gebrauch machen
konnte.
B a m b e r g e r L e g e n d e n u n d S a g e n von
Dr. A. H a u p t , Bamberg 1842, lassen als Gedichte
Manches zu wünschen übrig; deßgleichen die von Dr.
T h . M ö r t l fleißig gesammelten B i l d e r a u s
d e m B a y e r w a l d e . Straubing 1848, und L i e -
d e r u n d S a g e n . Straubing 1846.
Dieser Art sind auch die Augsburgischen Sagen in
der A u g u s t a von F. O l d e n b u r g . Augsburg
1846. Gelungener nenne ich G. N e u m a n n s Erinnerungen
an die fränkische Schweiz. Nürnberg 1842.
Eine gute Anzahl Sagen der Oberpfalz und Nachbarschaft
enthalten die G e d i c h t e i n a l t b a y -
r i s c h e r M u n d a r t von J . A . P a n g k o f e r . 2
Bände. München, Kaiser. 1846. Die schlichte und
naive Weise der Mundart, welche der Verfasser vortrefflich
handhabt, ist auch den Sagen gut zu Statten
gekommen. – Ein R e g e n s b u r g e r S a g e n -
b u c h desselben ist nur unter Freunden des Verfassers
bekannt geworden. Nächst diesen von Dichtern
gelieferten Beiträgen zur bayerischen Sagenkunde
sind etliche Monographieen in Prosa zu nennen.
Ein Schriftchen über die S a g e n v o m U n -
t e r s b e r g von Dr. H . F . M a ß m a n n , München
1831 hat meines Wissens keine Fortsetzung erfahren.
Dafür hat L. S t e u b in seinen Skizzen: A u s d e m
b a y e r i s c h e n H o c h l a n d e , München 1850,
Nachbarsagen des Untersbergs treu und volkstümlich
mitgetheilt. Das Gleiche ist zu rühmen von der
Schrift: A l t e r t h ü m e r , I n s c h r i f t e n u n d
V o l k s s a g e n d e r S t a d t R o t e n b u r g von
H . W . B e n s e n , Ansbach 1841; nur Schade, daß
der Verfasser keine Quellennachweise liefert. –
Sagen schwäbischer Städte hat ein Ungenannter (
L . M i t t e r m a i e r ) treu und fleißig gesammelt:
S a g e n b u c h d e r S t ä d t e G u n d e l f i n -
g e n , L a u i n g e n , D i l l i n g e n , H ö c h -
s t ä d t u n d D o n a u w ö r t h . Augsburg 1849
und S a g e n - u n d G e s c h i c h t b u c h v o n
B u r g a u , G ü n z b u r g , G u n d e l f i n g e n ,
D i l l i n g e n u n d W e r t i n g e n , 1851 ohne
Druckort und Verleger6.
Das ist nun meines Wissens Alles, was seit
G r i m m s Anfängen deutscher Sagenforschung in
b e s o n d e r e n S c h r i f t e n für bayerische Sagenkunde
geschehen. Kleinere Beiträge finden sich zerstreut
in einer Masse der verschiedenartigsten Schriften,
geschichtlichen, topographischen, belletristischen
Inhalts, dann in Landes-, Provincial- und Lokalblättern:
eine sehr bunte und bändereiche Literatur, deren
Beschreibung hierorts erläßlich ist, weil die Quellen
vor jeder Sage verzeichnet stehen. Dabei habe ich
nutzlosen Citatenprunk absichtlich gemieden. Oft hät-
ten sich die genannten Schriftquellen um eine stattliche
Zahl von Namen vermehren lassen, allein es kam
mir mehr darauf an, das Vorkommen einer Sage zu erweisen,
als ihre Literaturgeschichte zu liefern. Ein
Buch wie Maßmanns Schriftchen über die Untersbergssagen
mag einen Gelehrten erbauen; für das
Volk, d.h. die Gebildeten unter dem Volke ist es umsonst
geschrieben. Dennoch glaube ich, die Ansprüche
derjenigen, welchen Sagenerforschung nur für
wissenschaftliche Zwecke Werth hat, im Ganzen befriedigt
zu haben. Kenner werden noch manche Quellennachweise
vermissen: indessen erwäge man, was
es heiße, nur die Literatur einer einzigen Stadt, z. B.
N ü r n b e r g s , geschweige denn die Literatur von
Bayern, Schwaben, Franken und Pfalz bis in's Einzelnste
kennen zu lernen.
3. Anlaß und Zweck dieser Sammlung.
Aus vorstehender Uebersicht erhellet, daß eine größere,
die Sagen des Königreiches Bayern, vorab die
g e s c h i c h t l i c h e n , umfassende Sammlung nicht
bestehe. Ob es an der Zeit sei, mit einer solchen hervorzutreten,
lehrt ein Blick auf die Sagenforschung in
benachbarten Landen.