war, zuschaute, stand auf einmal zunächst der
steinernen Wand eine eiserne Thüre offen, und eine
Person, die wie ein Mönch aussah, sagte zu ihm:
»Hans, geh herein!« Aber der Holzmeister getraute
sich nicht, und ging nicht. Abermals sprach der
Mönch: »Hans, geh herein!« Aber der Hans ging
nicht; denn er fürchtete sich. Zum drittenmale sprach
der Mönch: »Sieh! wenn du hereingehst, so gebe ich
dir die goldene Kette, die ich hier am Arm trage!«
Hans sah die Kette an seinem Arm wohl, aber er
sprach: »Gib mir nur ein Glied von dieser Kette, so
bin ich zufrieden, aber hinein gehe ich nicht, denn ich
fürchte mich.« Da riß der Mönch drei Glieder von sei-
ner Kette ab und warf sie dem Holzmeister in den
Hut, in den sie gerade fielen. Laß diese Niemanden
unter drei Tagen sehen, und sei froh, daß du sie gerade
in deinem Hute aufgefangen hast. Denn wäre ein
Glied neben hin gefallen, so würdest du mir nimmer
entkommen sein dein Leben lang, bete fleißig! Hierauf
ging der Mönch in den Berg und schlug die Thüre
zu, daß es wiederhallte. Vorher hatte der Holzmeister
schon durch die Thüre in den Berg geschaut, und er
hatte nicht anders gedacht, als sähe er einen neuen
Himmel und eine neue Welt. Als der Holzmeister zu
seinen Knechten, die wohl den Schall vernommen,
aber da sie weiter entfernt waren, den Mönch nicht
gesehen hatten, zurückkam, erzählte er ihnen von dem
Mönche, was er gesagt hatte, und wie er durch die
Thüre eine neue Welt zu sehen geglaubt habe. Von
den goldenen Ringen aber schwieg er still. Diese hatte
er in seinen Rockbusen gesteckt, und drei Tage behalten.
Sie waren Gold, und als er sie am vierten Tag
wog, hatten sie drei Pfund drei Vierling an Gewicht.
Nachher ging der Holzmeister wiederum mit den
Knechten auf den Wunderberg, um die eiserne Thüre
zu suchen; aber sie fanden sie nicht. Diese ganze Geschichte
betheuerte Hans Gruber, und es ist ihm bei
seiner Redlichkeit und Geradheit zu glauben.
8. Des Hirten Stab.
Mündlich.
Es ging einmal ein Hirtenknabe den Untersberg
hinab, und weil es sehr schwül war, so streckte er sich
in's weiche Gras an einer frischen Quelle nieder und
schlief ein. Als er erwachte, griff er nach seinem
Stabe, den er in die Quelle gelegt hatte. Aber o Wunder!
anstatt des alten mit Eisen beschlagenen Stockes
blitzte ein nagelneuer Hirtenstab von purem Golde
aus dem Wasser. Voll Freuden nahm ihn der Knabe
und eilte damit spornstreichs den Berg hinunter seinem
Dorfe zu. Daselbst entstand ein großes Aufsehen
über den kostbaren Fund, und alles Volk machte sich
unverweilet, schwer mit altem Eisen beladen, auf den
Weg nach dem Goldbrünnlein. Alldort wollte Jeder
zuerst seine Bürde von Eisen in's Wasser werfen.
Bald war die Quelle angefüllt. Aber vergeblich warteten
die guten Leute auf die Vergoldung; am Ende
mußten sie ihr Eisen wieder aus dem Wasser ziehen
und beschämt nach Hause wandern.
9. Goldsand, Goldkohlen und Goldzacken vom
Untersberg.
G r i m m . Brixener Volksbuch. L. S t e u b a.a.O.
Im Jahre 1733 ging Paul Mayr, Dienstknecht zum
Hofwirth von St. Zeno auf den nahen Untersberg, in
der Absicht, um vielleicht zu seinem Unterhalte etwas
finden zu können. Denn schon stand der Berg im
Rufe, daß in seinem Innern Gold verborgen sei. Da
nun dieser Unweit des Brunthals fast die halbe Höhe
des Berges erreicht hatte, kam er zu einer Steinklippe,
worunter ein Häuflein Sand lag. Er dachte, dieß könnte
vielleicht für ihn taugen, und füllte zur Probe alle
Taschen mit solchem Sande. Freudig eilte er nach
Hause zurück, als ihm plötzlich ein Mann begegnete
und ihn fragte: »Was trägst du da?« Vor Furcht und
Schrecken blieb Paul stumm vor ihm stehen! Da ergriff
ihn der Fremde, leerte ihm die Taschen und
sprach zu ihm die warnenden Worte: »Jetzt gehe nimmer
den alten Weg zurück, sondern einen andern!
Und wenn du dich hier wieder sehen läßt, so fürchte
für dein Leben.« Paul ging. Aber das Gold war zu reizend,
als daß er die Stelle nicht noch einmal zu finden
versuchte. Er nahm aber dießmal, um der frühern Gefahr
zu entgehen, einen gut bewaffneten Freund mit.
Doch ihr Suchen war umsonst: die Stelle fand sich
nicht mehr.
Zwei Holzknechte sahen einmal in der Nähe eines
Hügels Kohlen in der Sonne liegen. Der Eine hob drei
davon auf, der Andere fünf. Während sie weiter gingen,
warf der Erste seine Kohlen in einen nahen kleinen
Weiher, bei dem sie vorüberkamen, indem er sich
dachte, sie seien ihm zu nichts nütze. Aber kaum
waren die Kohlen in's Wasser gefallen, so färbte sich
dieses, und er hatte es zu bereuen, daß er sie hineingeworfen,
denn es war Gold. Der Andere behielt seine
Kohlen und als er nach Hause kam, war es Gold. Es
ging zwar jener wieder zurück, um sich andere Kohlen
zu holen, allein anstatt Goldkohlen fand er Nattern
und Schlangen.
Es ist noch nicht so lange her, so kam Sebastian
Fletscher, Scheuerbauer zu Fagen, an den Untersberg
und sah da an einem Felsen lange Goldzacken herunterhängen.
Er versuchte etwas davon abzusprengen,
aber da sie mit der Hand nicht loszubrechen waren, so
ging er nach Hause, um eine Hacke zu holen, legte
aber vorher noch einen großen Steinhaufen zusammen
unter den Felsen hin, um die Stelle nicht zu verfehlen.
Als er mit der Hacke wieder zurückkam, fand