Barbarossa mit den Seinen aus dem Bergesdunkel
steigen und den Sieg entscheiden werde. – Dann zeigte
der Mönch dem Reichenhaller Bürger die zwölf betretenen
Ausgänge aus dem Untersberg in verschiedenen
Gegenden. In einer derselben wies er ihm einen
dürren Birnbaum, der schon einmal umgehauen worden,
aber aus der Wurzel frisch wieder ausgetrieben.
Wenn der wieder umgehauen, noch einmal grüne und
Früchte trüge, werde ein wehrhafter Bayerfürst zu
dem Baume treten, seinen Schild daran hängen, allen
Neidern und Widersachern obsiegen und Bayern groß
machen.
Gütig entließ der Mönch den Reichenhaller Bürger
auf den alten Weg. Bei jäher Todesstrafe verbot er
ihm, sich umzusehen und bevor fünfunddreißig Jahre
verflossen, Etwas von diesen Geschichten irgend einer
lebendigen Seele zu offenbaren.
3. Karl der Große im Untersberg.
Von K a r l U l m e r .
Da wo der Alpen Gruppe
Umgränzt den bayrischen Gau,
Erhebt mit hoher Kuppe
Ein Berg sich düstergrau.
Dort hört man bald ein Gedröhne,
Wie schaurigen Waffenklang,
Bald rauschende Orgeltöne
Und hehren Festgesang.
Tief in des Berges Schooße
Erstreckt sich ein hoher Saal;
Drin hauset Karl der Große,
Die Recken mit ihm zumal.
Mit Zepter und Kaiserkrone,
Mit langem, weißen Bart,
So sitzt er auf marmornem Throne,
Und waltet nach alter Art.
Oft fragt er nach seinem Volke,
Ein Herold gibt Bericht;
Da mehrt sich stets die Wolke
Auf Karol's Angesicht.
Und neben steigt im steilern
Geschicht ein Gewölb empor,
Getragen von strebenden Pfeilern,
Mit Orgelruf und Chor.
Hier steht, umstrahlt von Lichtern,
Der Bischof am Altar,
Um ihn mit strengen Gesichtern
Der Priester greise Schaar.
»Die Kirche – sie ist zerfallen,«
Erschallt des Bischofs Wort:
»Doch lebt in unsern Hallen
Der wahre Glaube fort.«
»Das Reich – es liegt in Trümmern,«
So ruft der Kaiser mit Macht:
»Doch webt es, ohne Verkümmern,
Hier unten in firner Pracht.«
»Und sind erfüllt die Zeiten,«
Erwiedern Alle zugleich:
»Dann wappnen wir und bereiten
Das neue, heilige Reich.«
4. Friedrich der Rothbart im Untersberg.
K o c h - S t e r n f e l d , Geschichte von Berchtesgaden
I., 75. G. M a ß m a n n a.a.O.
Die Marmorgewölbe des Untersberges umschließen
den gebannten Kaiser Friedrich, sein Hoflager und
seine Heerschaaren; in langen Zügen wallen die vertriebenen
Mönche durch Erdklüfte unter Seen und
Flüssen nach den benachbarten Kirchen und feiern in
St. Bartholomä, in Gredig, im Münster Berchtesgadens
und im hohen Dom der Hauptstadt zur Mitternachtsstunde
unter Glockenklang und Orgelton den
Gottesdienst. Kriegerische Musik und Waffengeklirr
schallt, besonders bei nahendem Kriege, aus des Berges
Höhlen; wilde Ritter und Knappen durchstürmen,
dem Landvolk zum Schrecken und sich zur Pein, auf
feurigen Rossen, in glühenden Panzern, mit sprühenden
Waffen, die benachbarten Gefilde. Sie eilen mit
scheidender Nacht wieder in den Berg zurück, dessen
eherne Pforte zwischen den eingestürzten Oefen (Felsklüften)
beim Hallthurm hinter den Trümmern der
Burg Planen dem Wandrer nur selten und augenblicklich
sichtbar wird. Hier harren diese Gebannten unter
Gebet und guten Werken ihrer Erlösung und jenes
furchtbaren Tages, da Unglauben und Gewalt den
höchsten Grad erreichen und die Völker sich wie im
Wirbelwind an einander drängen werden, um auf der
weiten Ebene von Wals die Völkerschlacht zu schlagen,
in der Kaiser Friedrich mit seinen Heeren der
guten Sache den Sieg erringt.
5. Ein Wanderer in den Untersberg.
L. B e c h s t e i n , die Volkssagen, Mährchen und
Legenden Oesterreichs. I., 75 ff. M a ß m a n n a.a.O.
In der Salzburger und Berchtesgadner Gegend geht
ein altes, seltenes Büchlein von Hand zu Hand, das
beschreibt eine gar wundersame Mähr, die sich mit
einem Manne, Namens Lazarus Aigner (nach Andern
Gitschner), zugetragen und in dem Büchlein von ihm
selbst für wahrhaftig beschrieben wird.
Es war im Jahre 1529, als dieser Mann, ein Diener
des Stadtschreibers zu Reichenhall, mit seinem Herrn,
dem Pfarrer Martin Elberger und noch zwei andern
Männern aus Reichenhall auf den Untersberg gingen.
Da kamen sie zu einer Felsenschlucht, der hohe Thron
genannt, wo ein Loch in den Berg ging. Unter dem
Felsen stand eine Kapelle, die trug eine Schrift von
silbernen Buchstaben, welche die Wanderer ansahen
und lasen. Nachher sind sie wieder nach Hause gegangen.
Später kam unter ihnen das Gespräch auf die
Schrift, deren Buchstaben ihnen entfallen waren, und
der Pfarrer sprach zu Aigner, er möge doch nochmals
hinaufgehen und die Schrift abschreiben. Dieser ging
an einem schönen Septembertage, der ein Mittwoch
war, allein auf den Berg, fand die Schrift mit uralten
Buchstaben in die Wand gehauen, und schrieb sie ab:
S.O.R.C.E.I.S.A.T.O.M. Ueber dem Aufschauen und
Abschreiben dieser alten Inschrift wurde es Abend
und zu spät, den Rückweg anzutreten. Daher bettete