Vor Zeiten kam einmal ein Jägerbursch in den Untersberg
und blieb ein Jahr darinnen. Als er wieder herausging,
hörte er in der Gmain zur Kirche läuten und
ein Mädchen sagte ihm, daß ein Seelengottesdienst
gehalten werde für einen Jäger, der vor'm Jahr auf
dem Berge verloren gegangen sei. Darauf begab er
sich in die Kirche, kniete vor das Speisegitter, und als
es Zeit zum Opfer war, stand er zuerst auf und ging
voran. Nun erkannten ihn erst seine Verwandeten und
Befreundeten und verwunderten sich gar sehr, daß der
mit dem Opfer ging, für dessen arme Seele sie den
Trauergottesdienst hatten halten lassen. Der Jäger
hat's aber nur dem Erzbischof von Salzburg erzählt,
und sonst Niemanden, wo er gewesen und was er erlebt,
starb übrigens schon ein Vierteljahr darnach.
13. Der Birnbaum auf dem Walserfeld.
Von A d a l b e r t C h a m i s s o . – Der
Zusammenhang dieser Sage mit den Sagen des
Untersberges wird die Ueberschreitung der politischen
Grenze rechtfertigen.
Es ward von unsern Vätern mit Treuen uns vermacht
Die Sage, wie die Väter sie ihnen überbracht,
Wir werden unsern Kindern vererben sie aufs neu':
Es wechseln die Geschlechter, die Sage bleibt sich
treu.
Das Walserfeld bei Salzburg, bezeichnet ist der Ort,
Dort steht ein alter Birnbaum verstümmelt und
verdorrt,
Das ist die rechte Stätte, der Birnbaum ist das Mal,
Geschlagen und gewürget wird dort zum letzten Mal.
Und ist die Zeit gekommen und ist das Maaß erst
voll, –
Ich sage gleich das Zeichen, woran man's kennen soll,
So wogt aus allen Enden der sündenhaften Welt
Der Krieg mit seinen Schrecken heran zum
Walserfeld.
Dort wird es ausgefochten, dort wird ein Blutbad sein,
Wie keinem noch die Sonne verliehen ihren Schein,
Da rinnen rothe Ströme die Wiesenrain' entlang,
Da wird der Sieg den Guten, den Bösen Untergang.
Und wann das Werk vollendet, so deckt die Nacht es
zu,
Die müden Streiter legen auf Leichen sich zur Ruh,
Und wann der junge Morgen bescheint das Blutgefild,
Da wird am Birnbaum hangen ein blanker
Wappenschild.
Nun sag' ich euch das Zeichen: ihr wißt den
Birnbaum dort,
Er trauert nun entehrt, verstümmelt und verdorrt,
Schon dreimal abgehauen, schlug dreimal auch hervor
Er schon aus seiner Wurzel zum stolzen Baum empor.
Wann nun sein Stamm, der alte, zu treiben neu
beginnt,
Und Saft im morschen Holze auf's neu lebendig rinnt,
Und wann den grünen Laubschmuck er wieder
angethan,
Das ist das erste Zeichen: es reift die Zeit heran.
Und hat er seine Krone erneuert dicht und breit,
So rückt heran bedrohlich die langverheißne Zeit,
Und schmückt er sich mit Blüthen, so ist das Ende
nah,
Und trägt er reiche Früchte, so ist die Stunde da.
Der heuer ist gegangen zum Baum und ihn gefragt,
Hat wundersame Kunde betroffen ausgesagt,
Ihn wollte schier bedünken, als rege sich der Saft,
Und schwöllen schon die Knospen mit jugendlicher
Kraft.
Ob voll das Maaß der Sünde: ob reifet ihre Saat
Der Sichel schon entgegen? ob die Erfüllung naht?
Ich will es nicht berufen, doch dünkt mich eins wohl
klar:
Es sind die Zeiten heuer gar ernst und sonderbar.
14. Die letzte Schlacht.
Von F . W . R o g g e .
Saht ihr die Ebne drüben?
Das ist das Walserfeld,
Wo einst in künft'gen Zeiten
Der Schlachten letzte fällt.
Die Guten und die Bösen
Befehden sich darauf,
Daß von dem Blut geschwollen,
Hinbraust der Ströme Lauf.
Und in dem Walserfelde
Da steht ein Birnenbaum,
Daß zwier die Art ihn fällte,
Gewahrt das Auge kaum.
Nun ragt er fast verdorret
Gespenstisch durch den Plan,
Ohn' ein geheimes Grausen
Mag ihm kein Wand'rer nahn;
Doch wenn er wieder grünet
Und sich mit Blüthen schmückt,
So wißt, es sind die Zeiten
Schon nah heran gerückt!
Und wenn die Blüthen gefallen,
Die Frucht zur Reife schoß,
Bricht rasch von allen Enden
Der Sturm gewaltig los.
Dann hängt der Fürst der Bayern
Sein Wappenschild daran,
Und Niemand weiß zu deuten,
Warum er das gethan.
15. Friedrich der Rothbart zu Kaiserslautern.
G r i m m deutsche Sagen I., 382. C . v .
F a l k e n s t e i n das Buch der Kaisersagen S. 13. F r .
W e i ß die maler. und romant. Pfalz. S. 146.
Etliche wollten, daß Kaiser Friedrich, als er aus der
Gefangenschaft bei den Türken befreit worden, gen
Kaiserslautern gekommen und daselbst seine Wohnung
lange Zeit gehabt. Er baute dort das Schloß,
dabei einen schönen See oder Weiher, noch jetzt der
Kaisersee genannt, darin soll er einmal einen großen
Karpfen gefangen und ihm zum Gedächtniß einen
güldenen Ring von seinem Finger an ein Ohr gehangen
haben. Der selbige Fisch soll, wie man sagt, ungefangen
in dem Weiher bleiben, bis auf Kaiser
Friedrichs Zukunft. Auf eine Zeit, als man den Weiher
gefischt, hat man zwei Karpfen gefangen, die mit güldenen
Ketten um