Laufen dann in weiter Welt,
Wo der Herr die Fahne hält,
Unser röm'scher König!
19. Der Kaiser im Guckenberg.
Bei G e m ü n d e n am M a i n . – F . J . M o n e Anz.
IV., 409.
Bei Gemünden liegt der Guckenberg; von diesem geht
die Sage, daß vor langen Zeiten ein Kaiser mit seinem
ganzen Heere in ihn versunken sein soll. Nun sitzt er
darin an einem steinernen Tische, und wenn sein Bart
um den Tisch gewachsen ist, so wird der Kaiser mit
all' seinen Wappnern wieder hervortreten. Einstmals
kam ein armer Knabe auf den Berg, welcher in der
Gegend Semmeln zum Verkaufe trug, und traf daselbst
einen steinalten Mann an, der sprach freundlich
mit dem Knaben; dieser klagte ihm sein Leid, daß er
so wenig verkaufen könne, und sein Verdienst so gering
sei. Da sprach der Alte: »Höre Kleiner, ich will
Dir wohl einen Ort zeigen, wo Du alle Tage so viel
Wecke verkaufen kannst, als Du zu tragen im Stande
bist; aber Du darfst bei Leibe Niemanden etwas
davon offenbaren.« Darauf führte der alte Mann den
Buben in den Berg hinein, und es war im Berg wie in
einer großen Stadt, und gar ein reges Leben darin.
Viele Leute trieben Handel und Wandel, andere gingen
in die Kirche, noch andere hielten einen Bittgang.
Und an einem Tische saß der Kaiser gewaltig, und
sein langer Bart war schon zweimal um den Tisch ge-
wachsen. Dahin brachte nun tagtäglich der Knabe
seine Semmelwecke, und empfing dafür uraltes Geld.
Da aber nun in seinem Orte dessen bald zu viel umlief,
wurden die Leute stutzig, mochten es nicht mehr
annehmen, und drangen endlich in den Jungen, zu
sagen, wo er dieses alte Geld bekäme. Da offenbarte
er seinen ganzen Handel. Ein junger Freund von ihm
drang sich ihm nun beim nächsten Berggang zum Begleiter
auf, um des Guckenberges innere Herrlichkeit
auch wahrzunehmen; allein der Semmelbube fand
nicht nur den Eingang nicht wieder, sondern nicht einmal
den Berg, und kam ihm die ganze Gegend anders
und schier verwandelt vor.
20. Karl der Große im Karlsberg bei Fürth.
Von B. B a a d e r in F . J . M o n e ' s Anzeiger V.,
174.
Zwischen Nürnberg und Fürth liegt der Kaiser-Karls-
Berg, woraus in früherer Zeit oft ein schöner Gesang
von unbekannten Stimmen ertönte. Damals kam zu
einem Nürnberger Bäckerjungen, der Abends an dem
Berg vorbei ging, ein unbekanntes Männlein, und
sagte zu ihm: »Bringe von morgen an, täglich in der
Frühe einen Korb voll Brod hierher in den Berg; Du
wirst an dieser Stelle den Eingang sehen, und kannst
ohne alle Furcht hineingehen. Jedesmal wird Dir Dein
Brod baar bezahlt, und Du erhälst einen Sechser
Trinkgeld; wenn Du aber die Sache verräthst, kostet
es Dir das Leben!« Am andern Morgen sagte der
Junge seiner Meisterin, es sei ein großer Korb voll
Brod bestellt worden, nahm und trug denselben an
den Berg, woran er jetzt zum erstenmal eine Oeffnung
sah, durch die er hineinging. Alsbald kam ihm das
Männlein mit einem Licht entgegen, und führte den
Jungen in ein kostbar eingerichtetes Gewölbe, worin
ein Kronleuchter brannte und viele geharnischte Männer
schlafend umhersaßen. Hier legte der Knabe das
Brod ab, und wurde von dem Männlein mit lauter
neuem Gelde ausbezahlt, worauf er sogleich wieder
aus dem Berg gehen mußte. Bis zum dritten Tage
ging alles gut; an diesem aber fragte die Meisterin,
wer den Korb Brod bekomme und dafür das schöne
neue Geld bezahle? Der Junge gab zur Antwort: wenn
sie nur das Geld erhalte, solle sie nicht nach dem
Weitern fragen. Damit war die Meisterin aber nicht
zufrieden und schlich das nächste Mal dem Jungen bis
in die Nähe des Berges nach, worauf sie ihm bei seiner
Zurückkunft sagte: sie wisse jetzt, daß er das
Brod zum Kaiser-Karls-Berg bringe, wenn er nun
nicht Alles gestehe, werde er aus dem Dienste gejagt.
Durch diese Drohung wurde der Junge erschreckt, und
erzählte nun, wie es sich zugetragen hatte, aber klagte
dabei, daß er jetzt sein tägliches Trinkgeld, ja vielleicht
gar sein Leben verlieren werde. Am andern
Morgen ging er mit dem Korbe Brod wieder fort, kam
aber nicht mehr nach Hause und es ward auch keine
andere Spur von ihm gefunden, als seine Kleider, die
auf dem Wege zum Berg hie und da zerstreut lagen.
Seitdem ist der Gesang im Berge verstummt, dagegen
hört man daraus zuweilen Wehklagen und Weinen.
Kapitel 2
21. Karl der Große im tiefen Bronnen zu
Nürnberg.
G r i m m , deutsche Sagen I., 28. J. G ü n t h e r großes
poet. Sagenb. II., 23.
Die Sage erzählt, daß Kaiser Karl der Große sich in
den fünfzig Klafter oder dreihundert Nürnberger Fuß
tiefen Brunnen der Burg zu Nürnberg verflucht habe
und in demselben hause, wo ihn dann ein Verbrecher,
den die Nürnberger Herren in den Brunnen hinabgelassen,
um der Sache auf den Grund zu kommen, leibhaftig
gesehen haben soll, und zwar an einem Tische
sitzend, um welchen ihm der Bart schon zweimal herumgewachsen.
22. Wie Karl der Große geboren ward auf der
Reismühle am Würmsee.
Erzählt von H o r m a y r , goldene Chronik S. 17. Vgl.
A r e t i n ä lteste Sage über die Geburt und Jugend
Karls des Großen. München 1803. U. F ü t e r e r
Cod. mon. C.p. 69 membr. 4. (K l ö k l ) der
Petersbrunnen. München 1817. S. 46. Gedichte