HOO. Siegfried, Hans Hofmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Siegfried, Hans Hofmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750235311
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gingen schon so weit anzunehmen, dass ihr nicht mehr da sein könntet. Oh, Leute, ich sag's euch, ich bin so froh. Richtig superquietschvergnügt froh!“

      Gechtur, der Hoos überschwänglicher Begeisterung aufmerksam zugehorcht hatte, fand als Erster passende Worte. Vom Beckenrand aus stupste er ihn mit seinem spitzen Schnabel leicht an, sodass er etwas ins Schaukeln geriet. Mit scharfem Blick schaute er ihm in die fröhlich leuchtenden Augen und sprach: „Ente, Storch und Reiher, die Tränke ist kein Weiher. Hab's mir irgendwie gedacht, 'ne Frischzellenkur hast du gemacht! Stille Wasser gründen tief, doch alles noch mal gut verlief!“

      Der Jungspecht fühlte sich in seiner Vorausahnung voll bestätigt. So äugte er stolz zu den Blattläusen hinauf, die, auf seinem Käppi herzig aneinandergeschmiegt, alles mit angehört hatten. Mit aufgestellten Brustfedern kixte er: „Seht ihr, lieber Mucks und liebe Birne. Ich, der kluge Specht, hatte Recht in meinem Hirne! Specht'sche Intuition, sie ließ mich nicht im Stich, Gefühl der starken Hoffnung mich beschlich.“

      „Ja, du hattest Recht! Zum Glück, lieber Gechtur. Wäre nicht auszudenken gewesen, wenn Hoo, ähm ...?“, platzte es aus Birne heraus. Doch abrupt hielt sie in ihrem Satz inne und verschluckte die übrigen Worte. Stattdessen schluchzte sie selig: „Ach, Hoo, wir sind ja sooo froh, dass du wieder bei uns bist. Die überraschende Überraschung ist dir voll und ganz gelungen. Toll siehst du aus! Einfach spitzenmäßig gut!“

      Von Rührseligkeit ergriffen, kullerten kleinste Freudentränen aus ihren strahlenden Äuglein. Mucks hielt sie zärtlich in seinen Armen und tupfte ihr mitfühlend die Tränchen weg. Erleichtert seufzte auch er auf. „Ja, wirklich, Hoo. Birne hat so Recht. Du siehst so frisch und vital aus. Derweil war uns die ganze Zeit angst und bange um dich. Beinahe hätten wir schon den Glauben daran verloren, dich jemals wieder zu sehen. E-r-t-r-i-n-k-e-n muss doch schrecklich sein!“

      Was Birne gerade vorher tunlichst vermieden hatte auszusprechen, brachte Mucks nun gedankenlos und mit ungezügelter Zunge voll auf den Punkt. Birnes Augen funkelten ihren Läusegatten ungehalten an.

      Mucks hatte „Ertrinken!!!“ gesagt – und Hoo horchte erregt auf. Wie eine Eins stand er in Null Komma nichts auf der Wasseroberfläche. Auf dieses schauderhafte Wort und seine spezifisch schlimme Bedeutung für Wasserwesen, war er Zeit seines Lebens schon allergisch. Niemandem wünschte er ein derart bejammernswertes, todbringendes Schicksal! Einerseits gehörte es im Sprachgebrauch der Wasser- und Regentropfen zu jenen ätzenden Worten, die für viele Geschöpfe höchste Lebensgefahr andeuteten. Andererseits aber war Ertrinken für alle Regentropfen ein absolutes Ding der Unmöglichkeit – solange sie gesund waren und nicht in lebensfeindliches, umweltgeschädigtes Terrain oder in Kontakt mit kontaminiertem Wasser, quasi in verschmutzte, verunreinigte oder verseuchte Gewässer gerieten! Hoo reagierte. Prompt, unmissverständlich – und schwankend zwischen Scherz und Ernst.

      „Ertrinken? Ich, ertrunken? Nicht doch, beim dunkelgrünen Algenbart Neptuns, ich bitte euch! Wie könnt ihr so etwas nur denken? Ich bin ein junger, gesunder Regentropfen! Ich kann nicht ertrinken! Kein gesunder, agiler Regentropfen kann ertrinken! Und ich will auch nicht ertrinken! Nie-nie-niemals!“

      Birne und Mucks starrten sprachlos und begriffsstutzig zu ihm ins Wasser hinab. Das war ihnen irgendwie zu hoch. Da fehlte ihnen der nötige Durchblick.

      „Oh, verstehe“, sagte Hoo, als er in deren verdatterte Gesichter blickte. Ihm war sofort klar, dass seine Blattlausfreunde im Hinblick auf das feuchte Element und deren vielfältigen Eigenschaften und einzigartigen Fähigkeiten in höchstem Maße unwissend waren.

      „Null Ahnung?“, fragte er sie nachdrücklich. Birne und Mucks nickten verhalten. „Nun, ich denke, da muss ich wohl fairer Weise erst noch aufklärend tätig werden. Das bin ich euch offensichtlich jetzt schuldig!“

      Hoo streckte dem ebenfalls staunenden, jungen Buntspecht seine geschmeidigen Wasserarme entgegen. „Ach, lieber Gechtur, sei doch bitte so lieb und hilf mir, dann komme ich mal eben zu euch rauf, ja?“

      „Jaaaaahh!“, piepsten die Blattläuse laut. Ihre Baffgesichter verwandelten sich umgehend in freudiges Strahlen. Mit spontanem Händeklatschen untermauerten sie ihr Glücksgefühl.

      „Klaro, das ist null Problem. Wusch, schon ist's geschehn!“, schnäbelte Gechtur. Hilfsbereit senkte er seine Schnabelspitze, damit Hoo sich daran festhalten konnte. Ruckzuck hievte er ihn soweit vom Wasser hoch, dass er auf Gechturs glattem, kräftigem Schnabel wie auf einer Rutsche hinuntersausen konnte.

      „Fluuuutschsch!“, ließ Hoo sich abwärtsgleiten. Wie bestellt, kam er neben Birne und Mucks auf dem flauschigen Käppi zum Sitzen. Hoo staunte nicht schlecht. „Huuiiii, das ging aber flott. Und lustig war's auch. Ich danke dir, mein Freund!“

      Sofort nahm Meister Verseschmied den günstigen Moment wahr, um ihn eindringlich daran zu erinnern, dass sie seit ihrem Abflug vom Apfelbaum nichts mehr zu sich genommen hatten. „Nichts zu danken, lieber Tropfen. Doch denk daran, wir müssen unsere Mäuler stopfen! Drum bitte, Hoo, fass dich recht kurz, ich spür's, in meinem Magen knurrt's!“

      „Oh ja, Hoo, bitte, bitte! Wir nagen auch schon elendiglich am Hungertuch!“, flehten ihn die Blattläuse mit unmissverständlichen Hungergebärden an.

      „Potz Eichenblatt und Käferlarve!“, dämmerte es Hoo. „Ihr seid ja alle voll hungrig! Wie rücksichtslos von mir! Nun gut, meine lieben Freunde, ich mach extra schnell. Währenddessen“, wandte er sich an Birne und Mucks, „möchte ich euch beiden gerne anbieten, mein frisch aufgenommenes Wasser zu kosten. So vermag ich euch nebenher Gutes zu tun und eure Hungergefühle wenigstens vorübergehend ein wenig zu lindern. Wollt ihr?“

      Und ob sie wollten! Wie besessen krabbelten sie auf seinen glatten Bauch. Das gesunde, nährstoffreiche Wasser, das Hoo in winzigen Tröpfchen wieder aus seiner Bauchmulde fließen ließ, schmeckte diesmal ganz besonders. Viel besser noch als der eh schon himmlisch schmeckende, ursprüngliche Begrüßungstrunk.

      Hoo musste nicht lange überlegen. Während Birne und Mucks begierig und mit Wonne ihren größten Durst löschen durften, ließ er seinen Erklärungen darüber, weshalb jeder gesunde Regentropfen nicht der akuten Gefahr des Ertrinkens ausgesetzt ist, schon mal gestenreich freien Lauf. Zudem gab er seinen winzigen Erdenfreunden einen vagen Einblick in das Wesen und Verhalten seines Elements, dem er als hochwertiger Regentropfen angehörte.

      „Wie ihr ja wisst, bin ich ein lebensfroher, gesunder und wissensdurstiger Tropfen. Reines Wasser ist mein Element. Schwimmen und Tauchen sind Fähigkeiten, die allen Regentropfen, den Guten, wie auch den vermeintlich Bösen, angeboren sind. In gut temperiertem, gesundem Wasser halten wir uns bestens in Form und bringen uns immer wieder neu in Schwung, indem unsere Moleküle sich rasend untereinander austauschen. Und das in jeder Art von Gewässer! Sei's hier in dieser Tränke, in Quellwasser, einem Bächlein, einem Fluss, einem Strom, einem See, einem Teich, einem Brunnen, oder in den wunderbaren, salzhaltigen Meeren und Ozeanen. Wasser – die Quelle allen Lebens und das höchste Gut des Planeten Erde und seiner Bewohner – macht's möglich! Fließende Gewässer werden von uns natürlich bevorzugt, weil wir es schon seit Urzeiten lieben, ständig in Bewegung zu sein. Einer unserer besten Freunde zwischen Himmel und Erde – der Wind, aber auch frische Niederschläge – machen selbst stehende Gewässer für uns erträglich.

      Die Schulen im Wolkenreich veranstalten laufend die wildesten Wasserpartys in eigens dafür geschaffenen, frei zugänglichen www-Räumen, wo wir unserem angeborenen Bewegungsdrang dynamisch und facettenreich nachkommen können. Darüber hinaus werden speziell auch die Eigenschaften des schnellen molekularen Austauschs durchgespielt und eifrig trainiert.“

      „Wahnsinn, Hoo. Das ist irre!“, rief Mucks beeindruckt. Weil er nicht bedachte, dass er zu viele Wassertröpfchen in sein Mäulchen aufgesogen hatte, verschluckte er sich. Seine Augen wurden feucht, und er musste ein paar Mal kräftig husten. Birne klopfte ihm fürsorglich leicht auf den Rücken. Mit krächzenden Worten meinte er dann noch: „Danke, mein Birnchen, ist schon wieder okay.“ Noch einmal räusperte er sich. „Da muss es ja echt hoch hergehen!“

      „Na, und ob!“, antwortete Hoo aus tiefstem Herzen. „Das sind absolute Spaß-Events.