Völlig verblüfft registrierten die Zuschauer, wie der stämmige Nagerjäger
ein brüllendes Lachen ausstieß und ins Taumeln geriet. Während Esyne ihn
lächelnd weiterkitzelte, verließen ihn nun vollends die Kräfte. Von lautem
Lachen geschüttelt, sackte Barus auf die Knie und stürzte vornüber aus dem
Ring, während Esynes Hand noch immer in seiner Achselhöhle lag und ihn
weiter reizte. Die anderen starrten schweigend auf die Szene, dann zog Esyne
endlich ihre Hand zurück und ließ einen keuchend nach Atem ringenden
Barus zurück, der, die Augen von Tränen angefüllt, immer wieder von
Lachanfällen erschüttert wurde.
Die zustimmenden Bemerkungen einiger weniger Gäste, die auf die blonde
Schuhmacherin gewettet hatten, gingen in dem anschwellenden Gemurmel
der anderen unter.
»Das war nicht recht, gute Frau Esyne«, sagte einer der Männer
schließlich. »Ihr habt auch die andere Hand eingesetzt, das widerspricht der
Regel.«
»Ich habe mit ihr weder geschlagen noch gestoßen«, korrigierte die blonde
Frau und stemmte die Arme in die Hüften, »sondern Barus damit lediglich ein
wenig geneckt und gekitzelt. Das ist nicht verboten. Es ist nicht meine
Schuld, dass ihn die Kraft verließ.«
Bevor die Verlierer der Wette ihre Meinung kundtun konnten, wurde die
Tür des »Donnerhufs« aufgestoßen. Die beiden eintretenden Wesen ließen die
Anwesenden sofort verstummen. Ihre schlanken, hochgewachsenen Gestalten,
die spitzen Ohren und die langen weißblonden Haare waren unverkennbar
elfischen Ursprungs, und die meisten der Anwesenden kannten auch ihre
Gesichter.
»Lotaras und Leoryn«, rief Nedeam überrascht.
Unverwechselbar waren es die Geschwister aus dem elfischen Haus
Elodarion in ihren langen, weich fließenden Gewändern. Am Stirnreif
Leoryns und an Lotaras hohem Helm schimmerte die fein gearbeitete Lilie,
das Symbol ihres Hauses.
Nedeam starrte die Freunde noch immer mit offenem Mund an, während
Dorkemunt nickte und an den beiden Elfen vorbei auf die Straße blickte.
»Und sie sind nicht allein.«
Nedeams Kiefer sackte noch weiter nach unten, denn auf der Hauptstraße
von Eternas stand eine Hundertschaft elfischer Krieger in voller
Kampfrüstung.
Kapitel 6
Helemunt und seine Frau Verinya hatten einige Jahreswenden lang ein kleines
Gehöft in der Ostmark betrieben. Es lag südlich der Stadt Merdonan in einer
Senke, die von sanften Hügeln und einem kleinen Wald umgeben war. Der
besseren Sicht wegen hätte Helemunt das Haus lieber auf einem der Hügel
errichtet, um Ausblick auf eine mögliche Gefahr zu haben, aber Verinya
schätzte die Bequemlichkeit der Wasserstelle, die sich in der Senke befand,
und wollte nicht wegen jedem Eimer unnötig weit laufen.
Helemunt hatte das Gehöft einst von seinem Vater übernommen. Seine
Mutter war schon lange tot, gestorben an einem Fieber, und das Gehöft war
auf die Bedürfnisse von Helemunts Vater und ihm selbst abgestimmt
gewesen. Sie hatten von der Jagd auf wildes Hornvieh und Geweihtiere gelebt
und gelegentlich Fleisch und Felle nach Merdonan gebracht, um sie gegen
jene Dinge einzutauschen, die sie selbst benötigten. Sie hatten ein
genügsames Leben geführt, bis Helemunts Vater vor drei Jahreswenden
friedlich eingeschlafen war. Helemunt hatte sich allein um das Gehöft
gekümmert, doch bald war ihm seine Einsamkeit bewusst geworden, und bei
einem Markt in Merdonan hatte er schließlich Verinya kennengelernt. Es war
wohl Liebe auf den ersten Blick gewesen, und kaum einen Mondwechsel
später hatte der Stadtälteste die Trauung vollzogen. Helemunt und Verinya
teilten nun, dem Brauch des Pferdevolkes gemäß, Zügel und Wasserflasche.
Helemunt dachte gelegentlich, dass Verinya wohl das lange Ende der
Zügel erwischt hatte, denn ihre Ansprüche hatten ihm zunehmend Sorge
bereitet. Seine junge Frau war das bequemere Leben in der Stadt gewohnt,
und auch wenn sie sich nicht laut beklagte, so wirkten ihre Blicke doch
gelegentlich enttäuscht und vorwurfsvoll. Während ihrer Besuche in Weilern
oder in der Stadt blühte sie förmlich auf, und Helemunt begriff, dass sie sich
einsam fühlte. Er hoffte, ein gemeinsames Kind könne diese Einsamkeit
vertreiben, und so bestieg er sie reichlich, aber Verinya wurde einfach nicht
schwanger.
Ihr Unmut stieg, und sie zeigte es Helemunt immer deutlicher. Mal
beklagte sie sich über die Enge des Hauses, dann über die eintönige
Ernährung oder die viel zu seltenen Besuche in der Stadt. Obwohl Helemunt
sich Mühe gab, ihr ein liebender und fürsorglicher Mann zu sein, waren seine
eher unbeholfenen Versuche, sie aufzumuntern, von wenig Erfolg gekrönt.
Die Erträge, die Helemunts Jagd einbrachte, erlaubten ihnen ein
sorgenfreies Überleben, doch zu mehr reichte es nicht. Bald wurde Helemunt
klar, dass Verinya mehr erwartete. Er versuchte eine kleine Zucht mit Schafen
oder Hornvieh zu beginnen, aber ihm fehlten die Kenntnisse eines Züchters,
und ein schwerer Eissturm im vergangenen Winter hatte seinem Zuchtbullen
das Leben gekostet.
Schweren Herzens hatte Helemunt schließlich zugestimmt, nach Merdonan
zu ziehen. Während ihm der Entschluss nicht leichtgefallen war, die weiten
Ebenen der Ostmark gegen die engen Mauern der Stadt zu tauschen, war
Verinya regelrecht aufgeblüht und konnte es kaum erwarten, das Gehöft zu
verlassen. Dennoch dauerte es etliche Monde, bis es endlich so weit war, denn
es war nicht leicht, in Merdonan eine vernünftige Bleibe zu finden.
Ein Weiler konnte sich beliebig ausdehnen. Die Gebäude waren um den
zentralen