wasserhelle Blor des Zwergenvolkes hatte es Malvin angetan. Nichts trübte
die Sinne eines Mannes schneller als dieses Zeug, das die Herren Zwerge zu
jeder Mahlzeit tranken und wie Wasser durch die Kehlen rinnen ließen.
Inzwischen kannten Malvins Gäste die erstaunliche Standfestigkeit der
Zwerge, und keiner war mehr leichtfertig genug, sich auf ein Wetttrinken mit
ihnen einzulassen.
Natürlich würde Malvin das erstandene Blor nicht unverdünnt ausschenken
können. Jeder gute Pferdelord würde nach zwei Gläsern die Lanze strecken,
das stand fest. Aber Malvin hatte einen Gerstensaft gebraut, dem er einen
Spritzer Blor hinzufügte und den er, den netten Herren Zwergen zur Ehre, auf
den Namen »Zwergenglanz« getauft hatte. Nur für ausgewählte Gäste,
worunter Malvin solche verstand, die trinkfest genug waren und mehrere
Gläser vertrugen. So wie der gute Herr Dorkemunt, der an dem Rennen
teilnahm.
Vom südlichen Eingang der Stadt her ertönte Geschrei, das sich entlang
der Straße fortpflanzte und Malvin dazu brachte, sich vergnügt die Hände zu
reiben. Das Rennen hatte die Stadt erreicht und näherte sich nun seinem Ende.
Bald würde es lange Gespräche und durstige Kehlen geben. Über dem
Geschrei wurde das Schlagen metallbeschlagener Hufe auf dem Pflaster
hörbar. Neben dem Schankwirt nahm eine junge Frau ihren Säugling von der
Brust und zog hastig einen kleinen Knaben an sich, der Anstalten machte,
neugierig auf die Straße zu laufen. Malvin reckte sich wie die anderen vor.
»Wer liegt vorne? Dorkemunt oder Nedeam?«
Er hatte vorsorglich nicht gewettet und behielt seine Meinung für sich.
Dies gab ihm die Möglichkeit, bei einem Meinungsaustausch neutral zu
bleiben, die Scherben zu zählen und weiter auszuschenken.
»Ein langer Dünner«, schrie eine Frau aufgeregt. »Ich glaube, das ist
Lotwin aus dem Quellweiler.«
»Bei den Abgründen«, brummte einer. »Wieso der? Ich habe auf
Dorkemunt gewettet.«
»Dorkemunt? Bist du toll? Nedeam hat das bessere Pferd.«
»Ihr guten Herren.« Malvin hob beschwichtigend die Hände. »Es scheint
wirklich Lotwin zu sein.«
Jetzt konnten sie es alle sehen. Der dürre Pferdelord hatte sich weit
vorgebeugt und trieb sein Pferd mit Hacken und Zügelenden an. Männer und
Frauen jubelten den Reitern zu, denn nun tauchten auch schon die Verfolger
auf, Nedeam und Dorkemunt, praktisch Kopf an Kopf, und dahinter die
anderen. Die Reiter näherten sich dem Knick in der Straße, doch Lotwin
schaffte es nicht, sein Pferd zu beherrschen. Es lag wohl an dem glatten
Straßenpflaster, dass der große Hengst für einen Augenblick rutschte, gerade
genug, um allzu dicht an eines der Vordächer zu geraten. Lotwin, der den
Fehler machte, sich in diesem Moment nach seinen Verfolgern umzusehen,
erkannte die Gefahr zu spät. Im letzten Moment sprang er aus dem Sattel,
während sein Reittier unter dem Vordach hindurchpreschte und die dortigen
Zuschauer mit panischen Sprüngen zur Seite stieben ließ. Lotwin indes
krachte schwer gegen die Kante des hölzernen Daches, ruderte verzweifelt
mit den Armen, um Halt zu finden, und rutschte dann nach unten ab. Mit
einem vernehmlichen Stöhnen stürzte er auf sein Gesäß, während die anderen
Reiter an ihm vorbeipreschten.
»Jetzt ist Dorkemunt vorne«, sagte die Frau lakonisch.
»Genau genommen Lotwins Pferd«, wandte jemand ein, der offensichtlich
auf den dürren Pferdelord des Quellweilers gesetzt hatte.
»Die Pferde zählen nicht«, brummte ein anderer. »Nur die Reiter.«
»Ach ja?« Lotwins Anhänger drehte sich wütend um. »Wie soll denn der
Reiter ohne Pferd ins Ziel kommen? Natürlich zählt das Pferd.«
Malvin lächelte. Hier schien die Grundlage zu einer wundervollen
Diskussion gelegt zu werden. Er legte die Arme um die Schultern der beiden
Männer. »Ach, ich sehe, Ihr guten Herren, hierüber sollte man einmal in Ruhe
sprechen. Am besten bei einem guten Blutwein oder Gerstensaft. Habt Ihr
übrigens schon den wundervollen ›Zwergenglanz‹ gekostet?«
Er schob die Männer in den Schankraum und stellte dabei mit Bedauern
fest, dass die Reiter längst verschwunden waren und er nun gar nicht wusste,
wer vorne lag. Wer würde das Rennen wohl gewinnen?
Darüber waren sich auch Dorkemunt und Nedeam nicht einig.
»Ich liege vorne«, rief Nedeam triumphierend, während sie Seite an Seite
aus der Stadt heraus- und der Burg entgegengaloppierten.
»Ah, allenfalls um eine Lippenlänge«, schrie Dorkemunt vergnügt, »und
das auch nur, weil dein Stirnfleck die Zähne fletscht und seine Lippen
vorstülpt.«
Zunächst war es ihnen gleichgültig gewesen, wer gewinnen würde. Aber
während des Ritts hatte sie der Ehrgeiz gepackt, und nun gaben sie sich
redlich Mühe, als Erster in den Burghof einzureiten. Tatsächlich erwies sich
Nedeams Hengst Stirnfleck auf der Geraden als das kraftvollere und
schnellere Tier. Allmählich schob sich der braune Hengst mit dem großen
weißen Fleck auf der Stirn nach vorne.
»Orks«, brüllte Dorkemunt plötzlich warnend.
Instinktiv wandte Nedeam sich um und zögerte kurz, während Dorkemunt
grinsend an ihm vorbeizog. Er verlor kostbare Augenblicke, die dem
kleinwüchsigen Pferdelord reichten, um als Sieger durch das Burgtor zu
reiten.
Nedeam zog einen Schmollmund, als er hinter seinem Mentor und Freund
in den Burghof einritt, während rundum die Menschen dem Sieger zujubelten
und nach und nach auch die anderen Reiter die Ziellinie überquerten. »Da
waren