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des Pferdefürsten der Ostmark und ein Vorplatz

      befanden.

      Der Turm war das Wahrzeichen der Stadt und fand sich als Symbol auf

      den grünen Rundschilden der Pferdelords aus Merdonan wieder. Seine

      nadelförmige Silhouette war schon aus großer Entfernung zu erkennen, denn

      er erhob sich hoch über die Wehrmauer und jedes andere Gebäude. Und so

      hoch er war, so alt war er auch, ja, es hieß sogar, er sei zu Zeiten der alten

      Königreiche errichtet worden. Man bezeichnete ihn auch als Ostwache, denn

      von seiner obersten Plattform aus hatte man einen weiten Blick über das

      Land, vor allem nach Osten hin, wo sich hinter mächtigen Gebirgszügen das

      Land der Dunklen Mächte befand.

      Der Mann, der gerade die zahlreichen Stufen zur Plattform des Turmes

      emporstieg, hatte seine besten Jahre bereits hinter sich, und der lange Aufstieg

      fiel ihm schwer. Doch Bulldemut, der Pferdefürst der Ostmark, wurde von

      Sorgen und düsteren Vorahnungen geplagt, die ihn immer wieder zum

      Ausblick hinauftrieben.

      Obwohl er keine Rüstung und nur sein ledernes Wams über der wollenen

      Kleidung trug, schwitzte er vor Anstrengung. Soeben hatte er den grünen

      Umhang der Pferdelords mit dem schwarzen Saum der Ostmark abgelegt und

      trug ihn nun lose über dem Arm. Er beneidete seinen Begleiter um die

      Mühelosigkeit, mit der dieser die Stufen erklomm.

      Trotz seines gesetzten Alters war Bulldemut von schlanker Gestalt, und

      man hätte sein markantes Gesicht als freundlich bezeichnen können, wenn

      man des Pferdefürsten aufbrausendes Temperament nicht kannte. Der

      Schwerthieb eines Feindes hatte einst sein rechtes Ohr abgetrennt, aber

      Bulldemut vermisste es nicht besonders, zumal sein damaliger Gegner einen

      schmerzlicheren Verlust hatte einstecken müssen.

      »Ich bewundere Euch für die Leichtigkeit, mit der Ihr diese endlosen

      Stufen nehmt, Hoher Herr Mor«, brummte Bulldemut und warf seinem Ersten

      Schwertmann einen neidvollen Blick zu. »Auch Ihr seid nicht mehr der

      Jüngste, doch Euch scheinen die Jahre weniger zuzusetzen.«

      Mor erwiderte den Blick seines Herrn und erlaubte sich ein sanftes

      Lächeln. »Das täuscht, mein Hoher Lord. Ich weiß die Anstrengung nur gut

      zu verbergen.«

      Bulldemut stieß ein leises Grunzen aus. »Ich sollte besser unten in meinem

      Amtsraum sitzen und mich auf Euren Blick und Euer Wort verlassen, statt

      mich hier heraufzuquälen.«

      Mor hätte fragen können, warum der Pferdefürst es dann nicht tat, aber er

      kannte die Antwort. Es war besser, die Dinge mit eigenen Augen zu sehen,

      bevor man sein Urteil fällte, Mor würde es nicht anders halten.

      Sie nahmen die nächsten Stufen, und Bulldemut verharrte einen Moment,

      um wieder zu Atem zu kommen. Er sah seinen Ersten Schwertmann an.

      »Habt Ihr es je bereut, nach Merdonan gekommen zu sein?«

      Mor brauchte nicht lange zu überlegen und schüttelte den Kopf. »Nein. Ich

      fühle mich wohl und spüre das Vertrauen, das Ihr und die Euren mir

      entgegenbringen.«

      Bulldemut nickte und legte die freie Hand kurz auf Mors Schulter. »Ich

      weiß, Ihr werdet es nicht enttäuschen. Nun gut, lasst uns die letzten Stufen

      nehmen. Bald haben wir die Plattform erreicht.«

      Einst war Mor Söldner gewesen und als Wachmann eines Händlers tätig,

      der aus der fernen Stadt Alneris stammte. Unterwegs hatte die Handelsgruppe

      den Händler Helderim aus der Hochmark getroffen und war gemeinsam mit

      ihm nach Merdonan gereist. Mor hatte die blinde Habgier seines damaligen

      Herrn nie geschätzt und war erfreut gewesen, als der Händler Helderim ihm

      anbot, in seine Dienste zu treten. Gemeinsam hatten sie ein Abenteuer

      bestanden, das sie bis in die Stadt des Königs des Pferdevolkes führte, wo

      Mor den Pferdefürsten der Ostmark kennengelernt hatte. Das Schicksal hatte

      es wohl gefügt, dass Mor das Angebot von Bulldemut annahm, der kurz zuvor

      seinen Ersten Schwertmann verloren hatte. Mor hatten Zweifel geplagt, denn

      er kam als Fremder in die Hauptstadt der Ostmark und wurde dennoch Führer

      ihrer Wache. Aber die Pferdelords und Schwertmänner hatten ihn auf Anhieb

      akzeptiert. Mor empfand dies als ungewöhnlich, und die Offenherzigkeit der

      Menschen Merdonans stachelte seinen Ehrgeiz an, ihr Vertrauen in ihn zu

      rechtfertigen.

      Eigentlich war es die Abenteuerlust, die ihn hierhergeführt hatte. Er

      stammte aus der weißen Stadt Alneris, aber dort hatte er sich immer eingeengt

      gefühlt, und so war er gerne mit dem Händler herumgereist. Aber hier, in

      Merdonan, hatte er eine Aufgabe zu erfüllen. Er spürte ebenso wie Bulldemut,

      dass der Stadt Gefahr entgegenzog.

      Endlich erreichten sie den Absatz unterhalb der Luke der Turmplattform.

      Mor schlug mit der Faust gegen das Metallblatt und hörte, wie Füße

      scharrten.

      »Wer begehrt Zutritt zur Wache?«, klang eine gedämpfte Stimme zu ihnen

      hindurch.

      »Der Pferdefürst und der Erste Schwertmann«, erwiderte Mor.

      Er unterdrückte ein Lächeln. Schon oft war er hier heraufgekommen, und

      normalerweise war die Wache nicht so förmlich. Wie sollte sich ein Feind

      auch durch das Haus des Pferdefürsten zur Plattform heraufschleichen? Die

      beiden Schwertmänner der Wache mussten ein Gespür dafür haben, dass es

      der Hohe Lord war, der sie aufsuchte, oder es gab ein geheimes, vor Mor

      bislang verborgen gebliebenes Signalsystem, das die Männer vorwarnte.

      Die schwere Eisenluke wurde angehoben, und helles Licht blendete Mor

      und Bulldemut für einen Moment. »Seid willkommen, Hoher Lord und Hoher

      Herr«, grüßte einer der Schwertmänner förmlich und reichte Bulldemut

      helfend die Hand.

      Doch der Pferdefürst stieß sie grunzend zurück. »Ich vermag