und laßt uns reden!"
Die Bejat nahmen die Pferde; nur das meinige blieb in der Hand
Halefs, der recht gut wußte, was mir lieb und angenehm war.
Wir Andern nahmen bei dem Khan Platz. Die Flamme leuchtete
hell auf uns herüber, so daß wir einander ganz genau erkennen
konnten. Der Bejat war ein in den mittleren Jahren stehender
Mann von sehr kriegerischem Aussehen. Seine Züge waren offen
und Vertrauen erweckend, und die achtungsvolle Entfernung, in
welcher sich seine Untergebenen von ihm hielten, ließ auf einen
ehrliebenden und selbstbewußten Charakter schließen.
"Kennst du bereits meinen Namen?" erkundigte er sich.
"Nein," antwortete ich.
"Ich bin Heider Mirlam (** Löwe Mirlam.), der Neffe des
berühmten Hassan Kerkusch-Bey. Hast du von ihm gehört?"
"Ja. Er residierte in der Nähe des Dorfes Dschenijah, welches an
der Poststraße von Bagdad nach Tauk liegt. Er war ein sehr
tapferer Krieger, aber er liebte dennoch den Frieden, und jeder
Verlassene fand guten Schutz bei ihm."
Er hatte mir seinen Namen gesagt, und nun erforderte es
natürlich die Höflichkeit, ihm auch den meinigen zu nennen.
Darum fuhr ich fort:
"Dein Kundschafter wird dir bereits gesagt haben, daß ich ein
Franke bin. Man nennt mich Kara Ben Nemsi - - -"
Er konnte trotz der bekannten orientalischen Selbstbeherrschung
einen Ausruf des Erstaunens nicht unterdrücken:
"Ajah - oh! Kara Ben Nemsi! So ist dieser andere Mann, der
eine rote Nase hat, der Emir aus Inglistan, welcher Steine und
Schriften ausgraben will?"
"Hast du von ihm gehört?"
[Tafel Nr. 1: Allo (Zu S. 52.) "Ja, Herr; du hast mir nur deinen
[Tafel Nr. 1: Allo (Zu S. 52.) "Ja, Herr; du hast mir nur deinen
Namen genannt, aber ich kenne dich und ihn. Der kleine Mann,
welcher dein Pferd hält, ist Hadschi Halef Omar, vor dem sich so
viele Große fürchten?"
"Du hast es erraten."
"Und wer sind die beiden Andern?"
"Das sind Freunde von mir, welche ihre Namen in den Kuran
legten (* Ausdruck für: aus wichtigen Gründen unerkannt
bleiben.). Wer hat dir von uns erzählt?"
"Du kennst Ibn Zedar Ben Huli, den Scheik der Abu Hammed?"
"Ja. Er ist dein Freund?"
"Er ist nicht mein Freund und nicht mein Feind. Du brauchst dich
nicht zu sorgen; ich habe ihn nicht an dir zu rächen."
"Ich fürchte mich nicht!"
"Das glaube ich. Ich traf mit ihm bei Eski Kifri zusammen, und da
erzählte er mir, daß du schuld bist, daß er Tribut zu zahlen hat.
Sei vorsichtig, Herr! Er wird dich töten, wenn du in seine Hände
fällst."
"Ich befand mich in seiner Hand, ohne daß er mich getötet hat.
Ich war Gefangener; aber er konnte mich nicht festhalten."
Ich war Gefangener; aber er konnte mich nicht festhalten."
"Ich habe es gehört. Du hast den Löwen getötet, ganz allein und
in der Dunkelheit, und bist dann mit der Haut desselben
davongeritten. Glaubst du, daß auch ich dich nicht halten könnte,
wenn du mein Gefangener wärest?"
Dies klang verdächtig, doch ich antwortete ruhig:
"Du könntest mich nicht halten, und ich wüßte auch nicht, wie du
es anfangen solltest, um mich gefangen zu nehmen."
"Herr, wir sind zweihundert, ihr aber seid nur fünf!"
"Khan, vergiß nicht, daß zwei Emire aus Frankhistan unter diesen
fünf sind, und daß diese zwei so viel zählen wie zweihundert
Bejat!"
"Du sprichst sehr stolz!"
"Und du fragst sehr ungastlich! Soll ich an der Wahrheit deines
Wortes zweifeln, Heider Mirlam?"
"Ihr seid meine Gäste, obgleich ich die Namen dieser beiden
Männer nicht kenne, und sollt Brot und Fleisch mit mir essen."
Ein rücksichtsvolles Lächeln umspielte seine Lippen, und der
Blick, welchen er auf die beiden Haddedihn warf, sagte mir
genug. Mohammed Emin war infolge seines prachtvollen,
schneeweißen Bartes unter Tausenden zu erkennen.
schneeweißen Bartes unter Tausenden zu erkennen.
Auf einen Wink des Khan wurden einige viereckige Lederstücke
herbeigebracht. Auf diesen servierte man uns Brot, Fleisch und
Datteln, und als wir ein Weniges davon genossen hatten, wurde
uns für unsere Pfeifen Tabak gereicht, für den uns der Khan
eigenhändig Feuer gab.
Jetzt erst konnten wir uns als seine Gäste betrachten, und ich gab
Halef einen Wink, mein Pferd zu den übrigen Rossen zu bringen.
Er tat dies und nahm dann auch bei uns Platz.
"Welches ist das Ziel eurer Wanderungen?" erkundigte sich der
Khan.
"Wir reiten nach Bagdad zu," antwortete ich vorsichtig.
"Wir ziehen nach Sinna," hob er wieder an. "Wollt ihr mit uns
reiten?"
"Wirst du es erlauben?"
"Ich werde mich freuen, euch bei mir zu sehen. Komm, reiche
mir deine Hand, Kara Ben Nemsi! Meine Brüder sollen deine
Brüder sein und meine Feinde deine Feinde!"
Er reichte mir seine Hand entgegen, und ich schlug ein. Er tat
dasselbe auch mit den Andern, die sich mit mir herzlich freuten,
hier so ganz unerwartet einen Freund und Beschützer gefunden
hier so ganz unerwartet einen Freund und Beschützer gefunden
zu haben. Wir sollten es später zu bereuen haben. Der Bejat
meinte es nicht böse mit uns; aber er glaubte, an uns eine gute
Erwerbung gemacht zu haben, die ihm großen Nutzen bringen
werde.
"Welche Stämme trifft man von hier bis Sinna?" erkundigte ich
mich.
"Hier ist ein freies Land, wo bald dieser und bald jener Stamm
seine Herden weidet; wer der Stärkere ist, der bleibt."
"Zu welchem Stamme seid ihr geladen?"
"Zu dem der Dschiaf."
"So freue dich deiner Freunde; denn der Stamm der Dschiaf ist
der