Von Bagdad nach Stambul - 400 Seiten. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742705907
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mögen ihre Waffen behalten, und auch wir beide wollen die

       unserigen wieder nehmen."

       Er nickte stumm und kehrte zurück. Ich steckte Dolche und

       Revolver wieder in den Gürtel und stieg zu Pferde. Dann winkte

       ich den Gefährten. Die Atmosphäre war so rein und klar, daß sie

       selbst auf eine solche Entfernung hin meine Armbewegung

       erkennen konnten. Sie folgten dem Winke und kamen herbei.

       Bald hielten wir in einer Reihe nebeneinander und fünf Bebbeh

       uns gegenüber.

       "Welcher ist der andere Franke?" fragte der Anführer.

       Ich deutete auf Lindsay und antwortete:

       "Dieser!"

       Ueber die ernsten Züge der Kurden glitt eine Art von Lächeln,

       und der Sprecher meinte:

       "Ich glaube, daß er ein Franke und ein Christ ist, denn er hat die

       Nase eines Khansir (* Schwein.), die man Rüssel nennt."

       Das war denn doch mehr, als ich ihm erlauben durfte.

       "Diese Art von Nasen habe ich in Alep und Diarbekr bei vielen

       Gläubigen gesehen," antwortete ich.

       Gläubigen gesehen," antwortete ich.

       Er fuhr empor:

       "Schweig, Giaur!"

       Ich ließ mein Pferd einen Schritt vortreten.

       "Höre, Mann, du sagtest vorhin, daß du lesen könnest. Hast du

       vielleicht auch den Kuran gelesen?"

       "Was geht es dich an!"

       "Ich frage allerdings nicht viel nach dem Buche des Propheten,

       denn ich bin ein Christ; du aber bist ein Moslem und solltest tun,

       was Mohammed befiehlt! Hat er nicht gesagt: »Wer einen Feind

       ehrt, den lieben die Tapferen; wer aber einen Feind schändet,

       den lieben die Feiglinge!« Du hast deine Lehre von dem

       Propheten erhalten und denkst, du hättest die richtige; wir haben

       die unserige von Isa Ben Marryam erhalten und glauben, daß sie

       die richtige sei; wir haben also beide das Recht, uns Giaurs zu

       nennen. Du hast es getan, ich aber nicht; denn es ist nicht fein

       und schön, einen Menschen ärgern zu wollen. Wer seinen

       Mitmenschen in den Staub tritt, der beschmutzt sich selbst.

       Merke dir das, Bebbeh!"

       Er blieb vor Erstaunen über meine vermeintliche Kühnheit eine

       ganze Weile wortlos; dann aber riß er zornig den Dolch aus dem

       Gürtel.

       Gürtel.

       "Mensch, willst du, du, du mir Lehren geben? Du, ein Christ, den

       Allah und der Prophet verdammen mögen! Soll ich dich

       zerreißen, wie man einen Lappen zerreißt? Ich war bereit, euch

       ziehen zu lassen; nun aber gebiete ich euch: Macht euch von

       hinnen, ihr Unreinen! Euren Abstand sollt ihr wieder erhalten;

       dann aber möge euch der Scheïtan in die Dschehenna führen!"

       Ich sah, daß dies seinen vier Männern aus dem Herzen

       gesprochen war; aber ich sah auch, daß die Blicke der beiden

       Haddedihn und Halefs mit zorniger Erwartung auf mir hafteten.

       Auch der Engländer beobachtete mich scharf, um sein Tun ganz

       nach dem meinigen zu richten. Da er von der Unterhaltung nichts

       verstand, so mußte ich ihn aufmerksam machen:

       "Sir, wenn ich schieße, so schießt auch, aber nur auf die Pferde!"

       "Yes! Schön! Prachtvoll!" antwortete er.

       Nun erklärte ich dem Bebbeh in ruhigem Tone:

       "Gut, wir werden reiten; vorher aber muß ich dir eins erst sagen:

       Glaube nicht, daß wir um Frieden gebeten haben, weil wir uns

       vor euch fürchten! Wir lieben nur deshalb den Frieden, weil wir

       nicht das Blut von Menschen vergießen wollen. Du hast es

       anders gewollt; so siehe nun, was die Folgen sind!"

       "Ihr? Euch nicht fürchten?" höhnte er. "Hast du nicht hier dich vor

       "Ihr? Euch nicht fürchten?" höhnte er. "Hast du nicht hier dich vor

       uns in den Staub gesetzt und um Barmherzigkeit gebeten, Giaur?"

       "Sage dieses Wort nicht noch einmal, Bebbeh, sonst kommt es

       über dich wie der Blitz über den Baum! Ich wollte den Frieden

       haben, um euretwillen, und ich will euch beweisen, daß wir euch

       verachten. Wir wollen nicht einen Vorsprung von euch geschenkt

       haben, sondern der Kampf mag sofort beginnen. Kommt heran!"

       "So sei es!" rief er und griff nach seinem Dolch. In demselben

       Augenblick aber schoß mein Pferd mit einem langen Satze an

       dem seinigen vorüber; ich ergriff ihn beim Arm und riß ihn vom

       Pferde. Vier Schüsse krachten - noch zwei, und als ich den

       Rappen rasch wandte, sah ich die Pferde der Bebbeh sich mit

       ihren Reitern am Boden wälzen.

       "Fort! Schnell!"

       Wir jagten vorwärts. Ich riß den Bebbeh zu mir empor und gab

       ihm einige saftige Ohrfeigen mit den Worten: "Das ist für den

       »Giaur«!" Dann ließ ich ihn fallen. Er kam hart neben den Hufen

       des Pferdes, doch ohne von ihnen verletzt zu werden, zur Erde

       nieder. Das alles war so schnell geschehen, daß erst jetzt die

       Bebbeh unter einem lauten Wutgeheul ihre Pferde in Bewegung

       setzten.

       "Habe ich recht oder unrecht gehandelt?" fragte ich die

       Haddedihn während des Reitens.

       "Emir," antwortete Mohammed Emin, "du hast recht gehandelt;

       der Mann hat nicht nur dich, sondern auch uns beleidigt. Er darf

       kein Krieger mehr sein, denn er ist von einem Christen in das

       Gesicht geschlagen worden. Das ist schlimmer als der Tod und

       wird fürchterlich gerächt. Hüte dich, jemals in die Hände der

       Bebbeh zu fallen; du müßtest unter entsetzlichen Martern

       sterben!"

       In zehn Minuten hatten die Bebbeh wieder zwei Abteilungen

       gebildet; nur war die vordere jetzt weniger zahlreich, da fünf ihrer

       Pferde erschossen waren. Ich wartete noch eine Weile, bis der

       Abstand zwischen ihnen sich noch mehr vergrößert hatte, und

       gebot dann Halt. Die sechs vordersten Reiter hätten uns den

       ganzen Tag nicht aus den Augen verloren, denn ihre Pferde

       waren ausgezeichnet. Darum mußten wir diese Tiere erschießen.

       Dies erklärte ich den Haddedihn, stieg vom Pferde und ergriff die

       Büchse.

       "Schießen?" fragte Lindsay, der diese Anstalt beobachtete.