"Ja. Und du?"
"Eine kleine Schramme."
Wirklich blutete er an der Wange, aber der Riß konnte nicht
gefährlich sein.
"Kommt heran!" bat ich. "Wir bilden eine gerade Linie. Wer uns
von der Seite sieht, wird uns von weitem für einen einzigen Reiter
halten."
Diese List wurde befolgt, aber die Bebbeh, welche sich hinter
uns befanden, konnten nicht getäuscht werden, und wir
bemerkten gar bald, daß wir von einer ansehnlichen Schar
verfolgt wurden.
"Sihdi, werden sie uns einholen?" fragte Halef.
"Wer weiß es! Es kommt darauf an, welche Art von Pferden sie
"Wer weiß es! Es kommt darauf an, welche Art von Pferden sie
reiten. Aber, Hadschi Halef Omar, was ist's mit deinem Auge?
Ist es schlimm?"
Sein Auge war geschwollen, trotzdem nur wenige Minuten seit
dem Ueberfalle vergangen waren.
"Es ist nichts, Sihdi," antwortete er. "Dieser Bebbeh war fünfmal
länger als ich und hat mir einen kleinen Hieb gegeben.
Hamdulillah, er wird es nicht wieder tun!"
"Du hast ihn doch nicht getötet?"
"Nein. Ich weiß, daß du dies nicht willst, Effendi."
Es gewährte mir allerdings eine nicht geringe Freude, daß keiner
der Feinde von uns an seinem Leben geschädigt worden war.
Dies mußte uns, selbst vom Standpunkte der reinen Berechnung
aus betrachtet, lieb und beruhigend sein; denn wenn wir den
Bebbeh ja in die Hände fielen, so hatten sie doch wenigstens
keine Blutrache an uns zu nehmen.
Wir setzten unsern Galopp wohl über eine Viertelstunde lang
fort. Der Kampfplatz war uns dabei aus den Augen
geschwunden, aber die Verfolger waren hinter uns geblieben. Sie
hatten sich geteilt. Diejenigen, welche gute Pferde hatten, waren
uns näher gekommen, während die Anderen weit zurückblieben.
"Emir, sie werden uns einholen, wenn wir nicht schneller reiten,"
"Emir, sie werden uns einholen, wenn wir nicht schneller reiten,"
meinte Amad el Ghandur.
"Wir dürfen unsere Tiere nicht jetzt gleich zu sehr anstrengen.
Uebrigens haben sich die Verfolger getrennt, und es ist besser,
einmal mit ihnen zu reden, als sich von ihnen abhetzen zu lassen."
"Maschallah! Du willst mit ihnen sprechen?" rief Mohammed
Emin.
"Allerdings. Ich hoffe, sie so weit zu bringen, daß sie von der
Verfolgung abstehen. Reitet weiter! Ich werde hier halten
bleiben."
Sie ritten im gleichen Tempo weiter. Ich aber stieg vom Pferde,
nahm meine Waffen zu mir, setzte mich zur Erde und richtete das
Gesicht gegen die Verfolger.
Als sie noch ungefähr tausend Schritte entfernt waren, nahm ich
mein Turbantuch herab und wehte damit durch die Luft. Sie
fielen sofort aus dem Galopp in Schritt und hielten auf der Hälfte
der soeben angegebenen Entfernung an. Nach einer kurzen
Besprechung kam einer von ihnen näher herbeigeritten und
fragte:
"Warum sitzest du an der Erde? Ist es List oder Wahrheit?"
"Ich will mit euch reden."
"Mit uns allen oder nur mit einem?"
"Mit uns allen oder nur mit einem?"
"Mit einem, den ihr euch wählen und mir dann senden werdet."
"Du hast deine Waffen bei dir."
"Er kann die seinigen auch mitbringen."
"Lege sie weit von dir; dann wird einer von uns kommen."
"Dann muß auch er die Waffen zurücklassen!"
"Er wird sie ablegen."
Ich erhob mich, legte die beiden Dolche und die Revolver auf die
Erde und hing die Büchse und den Stutzen an den Sattel. Dann
setzte ich mich wieder nieder. Diese Leute konnten unmöglich
wissen, wie viele und was für Waffen ich bei mir trug; es wäre
mir also leicht gewesen, wenigstens die Revolver bei mir zu
behalten; aber ich wollte ehrlich gegen sie sein, um von ihnen
ebenso ehrlich behandelt zu werden.
Ich zählte elf Mann. Der mit mir gesprochen hatte, kehrte zu
ihnen zurück und sprach mit ihnen. Dann stieg er ab, legte seine
Büchse, seinen Wurfspieß und sein Messer nieder und kam
langsam auf mich zugeschritten. Er war ein schöner, schlank
gebauter Mann von vielleicht fünfzig Jahren. Seine schwarzen
Augen funkelten mich feindselig an, aber er setzte sich still und
wortlos grad vor mich hin.
wortlos grad vor mich hin.
Da ich schwieg und er ungeduldig war, begann er doch endlich
die Unterhaltung, indem er fragte:
"Was willst du von uns?"
"Ich will mit dir sprechen."
"So sprich!"
"Ich kann nicht."
"Allah! Warum?"
Ich zeigte hinter mich.
"Siehe, ich trug mehr Waffen bei mir, als ihr erwarten konntet,
und habe sie alle von mir getan. Auch du hast mir versprochen,
die deinigen abzulegen. Seit wann sind die Bebbeh Lügner
geworden?"
"Lüge ich etwa?"
"Was tut die Keule unter deinem Gewande?"
Ich sah an einer Erhöhung seines Brustkleides, daß er eine Keule
darunter verborgen hatte. Er errötete sichtlich, griff unter das
Gewand und warf die Waffe hinter sich.
"Ich hatte sie vergessen," entschuldigte er sich.
Der Umstand, daß er sie fortwarf, überzeugte mich, daß es nicht
auf eine Treulosigkeit gegen mich abgesehen gewesen war. Er
hatte mir nicht getraut und sich also heimlich vorsehen wollen. Ich
begann:
"So! Nun sei Frieden zwischen uns, bis unsere Unterredung zu
Ende ist. Versprichst du mir dies?"
"Ich verspreche es."
"Reiche mir deine Hand darauf!"
"Hier, nimm sie!"
"Warum verfolgt ihr uns?" fragte ich nun.
Er blickte mir ganz erstaunt in das Angesicht.
"Bist du toll?" rief er. "Ihr beraubt uns; ihr kommt als Feinde, als