Von Bagdad nach Stambul - 400 Seiten. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742705907
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entfernte Dinge aufmerksam machte."

       "Ich glaube dir. Allah ist groß!"

       "Freudige Dinge ahne ich nie vorher. Aber zuweilen erfaßt mich

       eine Unruhe, eine Angst, als hätte ich etwas Böses begangen,

       eine Unruhe, eine Angst, als hätte ich etwas Böses begangen,

       dessen Folgen ich nun fürchten müsse. Dann ist sicher und

       regelmäßig etwas geschehen, was mir Schaden bringt. Und wenn

       ich später die Zeit vergleiche, so stimmt es ganz genau: die

       Gefahr hat in demselben Augenblick begonnen, an welchem mich

       die Angst überfiel."

       "So wollen wir auf die Warnung achten, welche dir Allah

       sendet."

       Meine Besorgnis äußerte ihre Wirkung auch auf die Gefährten.

       Das Gespräch stockte, und wir lagen wortlos beieinander, bis

       der Tag anbrach. Kaum aber war es möglich, den Blick in die

       Ferne zu richten, so kam Halef hereingeeilt und meldete, daß er

       viele Reiter gesehen habe. Ihre genaue Zahl hatte er nicht

       unterscheiden können.

       Ich trat zum Pferde, nahm das Fernrohr aus der Satteltasche und

       folgte Halef. Man erkannte mit dem bloßen Auge draußen auf

       der Ebene eine Menge dunkler Gestalten; durch das Rohr

       konnte ich sie deutlicher unterscheiden.

       "Sihdi, wer ist es?" fragte Halef.

       "Die Bejat sind es."

       "Aber ihrer sind nicht so viele!"

       "Sie kehren mit dem Raube zurück. Sie führen die Herden der

       "Sie kehren mit dem Raube zurück. Sie führen die Herden der

       Bebbeh bei sich. Wie es scheint, reitet der Khan mit einer Schar

       schnell voran. Er wird also eher da sein, als die Andern."

       "Was tun wir?"

       "Hm! Warte! Ich werde dir Nachricht geben."

       Ich kehrte zu den Gefährten zurück und unterrichtete sie von

       dem, was ich gesehen hatte. Sie waren gleich mir überzeugt, wir

       hätten von dem Khan nichts zu befürchten. Wir konnten ihm

       keinen andern Vorwurf machen, als daß er uns von seinem

       Vorhaben keine Mitteilung gemacht hatte. Wäre dies geschehen,

       so hätten wir uns ihm nicht angeschlossen; denn es lag ja sicher

       eine Gefahr für uns darin, in der Gesellschaft eines

       Herdenräubers gesehen zu werden. Wir kamen überein, ihn zwar

       vorsichtig, aber doch höflich zu empfangen.

       Nun kehrte ich, vollständig bewaffnet, zu Halef zurück.

       Der Khan kam mit seinem Trupp im Galopp herbei, und ehe fünf

       Minuten vergangen waren, hielt er sein Pferd vor mir an.

       "Sallam, Emir!" grüßte er. "Du hast dich wohl gewundert, mich

       nicht bei euch zu sehen, als du erwachtest.

       Aber ich hatte ein dringliches Geschäft zu besorgen. Es ist

       gelungen. Blicke hinter dich!"

       Ich sah nur ihm ins Gesicht.

       "Du hast gestohlen, Khan Heider Mirlam!"

       "Gestohlen?" fragte er mit ganz erstaunter Miene. "Wer seinen

       Feinden nimmt, was er ihnen nehmen kann, ist der ein Dieb?"

       "Die Christen sagen: ja, er ist ein Dieb, und du weißt, daß ich ein

       Christ bin. Warum aber hast du gegen uns geschwiegen?"

       "Weil wir dann Feinde geworden wären. Du hättest uns

       verlassen?"

       "Allerdings."

       "Und die Bebbeh gewarnt?"

       "Ich hätte sie nicht aufgesucht, und ich wußte ja auch nicht,

       welches Lager oder welchen Ort du überfallen wolltest. Aber

       wäre mir ein Bebbeh begegnet, so hätte ich ihn von der Gefahr

       benachrichtigt, die ihm drohte."

       "Siehest du, Emir, daß ich recht habe! Ich konnte nur zweierlei

       tun: - entweder mußte ich dir mein Vorhaben verschweigen, oder

       ich mußte dich gefangen nehmen und mit Gewalt bei mir

       behalten, bis alles vorüber war. Da ich dein Freund war, so habe

       ich das erstere getan."

       "Ich aber bin in der Nacht in das Lager zu den zehn Männern

       gegangen, die du dort zurückgelassen hattest," lautete meine

       ruhige Antwort.

       "Was wolltest du bei ihnen?" fragte der Khan.

       "Sie gefangen nehmen."

       "Allah! Warum?"

       "Weil ich erfuhr, daß du uns verlassen hattest. Ich wußte nicht,

       was mir geschehen könnte; darum nahm ich alle da gebliebenen

       Bejat gefangen, um sie als Bürgschaft meiner Sicherheit zu

       gebrauchen."

       "Herr, du bist ein sehr vorsichtiger Mann; aber du konntest mir

       trauen. Was hast du mit dem Bebbeh getan?"

       "Nichts. Ich bekam ihn gar nicht zu sehen, denn er war

       entflohen."

       Der Khan entfärbte sich und rief:

       "Derigh (* Persische Interjektion für "o wehe!")! Das ist ja ganz

       unmöglich! Das kann mir alles verderben.

       Laß mich hinein zu diesen Hunden, welche sicher geschlafen

       haben, als sie wachen sollten!"

       Jetzt erst sprang er vom Pferde, ließ es stehen und stürmte

       zwischen den Felsen hindurch dem Lagerplatze zu. Wir folgten

       ihm beide, Halef und ich. Zwischen dem Khane und seinen

       Leuten gab es nun eine Szene, die kaum zu beschreiben ist. Er

       tobte wie ein angeschossener Eber, teilte Fußtritte und

       Faustschläge aus und war nicht eher zu beruhigen, als bis er seine

       Kräfte erschöpft hatte. Ich hätte diesem Manne eine solche Wut

       gar nicht zugetraut.

       "Laß deinen Zorn schwinden, Khan," bat ich schließlich. "Du

       hättest diesen Mann doch frei lassen müssen."

       "Ich hätte es getan," zürnte er; "aber heut noch nicht, denn mein

       Plan soll nicht verraten werden."

       "Welches ist dein Plan?"

       "Wir haben alles mitgenommen, was wir bei den Bebbeh

       gefunden haben. Jetzt nun wird das Gute von dem Schlechten

       getrennt. Alles Wertvolle schicke ich auf weiten, aber sicheren

       Umwegen zu den Unserigen; alles Schlechte aber nehmen wir

       Andern, die wir zu den Dschiaf gehen, mit uns. Unterwegs lassen

       wir es stellenweise zurück. Auf diese Art lenken wir die

       Verfolgung auf uns; die Bebbeh glauben, sie seien von einer

       Abteilung der Dschiaf überfallen worden, und meine Leute