die Trümmer der einst trotzigen Burgfeste Rheingrafenstein
erblickt. Auf der Kauzenburg saß ein junger
Rheingraf, jagdlustig, mutig, der wünschte sich eine
Burg auf diesen ungeheuren Felsen, stattlich wie die
Ebernburg und der Landstuhl der Sickinger, unnahbar
dem Feinde – und mit solchen Wünschen weilte er
einstens sehnend und sinnend in der Nähe der Felsriesen,
deren Gipfel noch kein Mensch erstiegen hatte.
Da gesellte sich einer zu ihm, den man nicht gern
nennt, der las in des jungen Rheingrafen Seele den
Wunsch und redete ihn an und sprach: Eine Burg da
droben, eine schöne stattliche, feste, ja, die wär' Euch
recht! Nicht so? Fehlt nur der Baumeister – ja – und
wenn einer käme, und baute sie über Nacht – dem
verschriebet Ihr wohl einen stattlichen Lohn? Was
gäbet Ihr solchem? Sagt es an! – Ihr redet wunderlich,
erwiderte der Rheingraf. Seid Ihr der Mann, der das
vermag, so fordert und bestimmt den Lohn. – Nur
eine einzige Seele – die Seele dessen, der zuerst
durchs Fenster der neuen Burg herab ins Tal der Nahe
und über alle die Täler und Berge ausschaut – das ist
wohl wenig für eine stattliche Grafenburg. – Kommt
heute abend wieder her, ich will es in Überlegung ziehen!
sagte der Rheingraf und verließ gedankenvoll
den Ort – eine Seele seinem Wunsche zu opfern,
dünkte ihm sündlicher Frevel, und doch war sein
Wunsch stark und groß. Daheim ließ er seinen Burgpfaffen
kommen und offenbarte dem den Handel. Der
Pfaffe schlug viele Kreuze und riet ernstlich ab, warnte
gar treu vor des bösen Feindes List und Tücken
und rückte sein schwarzes Käppchen auf dem Scheitel
wohl hin und her. Da trat des Rheingrafen junges
Ehegemahl herein und hörte das Gespräch und ließ
erst den Pfaffen hinausgehen, dann sagte sie: Laß
jenem nur gewähren, versprich ihm, was er begehrt,
das andere findet sich. – Da ritt der Ritter wieder hinaus
ins Nahetal und hielt ganz allein am Fuß der Felsen,
und es dämmerte schon, oben aber sprang eine
schwarze Gestalt von Fels zu Felsen, einer Gemse
gleich, und mit einem Male stand der Fremde auch
unten im Tale. Was machtest du da droben? fragte der
Ritter. Ich nahm einstweilen die Maße, antwortete
jener und fragte: Nun, soll ich? Fast hätte der Rheingraf
gesagt: In Gottes Namen – da wäre es gleich aus
gewesen – er besann sich und sagte bloß: Ja – aber
bis morgen früh fertig, und daß nichts fehle, Bergfried,
Mushaus, Palas, Luginsland, Mauern, Brücken,
alles, was zu einer stattlichen Burg gehört. – Am andern
Morgen glänzte die Burg flammenrot ins Nahetal
herab, alle Welt war erstaunt, solch Wunder- und
Zauberwerk war noch nicht da gewesen. Der Rheingraf
ritt nun hinauf, und der Architekt der Nacht führte
ihn in dem neuen herrlichen Eigentum umher, zeigte
ihm Hallen und Säle, Brücken und Gänge und öffnete
im Palas ein hohes Bogenfenster, die herrliche
Aussicht bewundern zu lassen. Aber der Ritter sah
nicht hinaus, er sagte spöttisch: Machet zu, hier
zieht's, wir sind warm vom Steigen. Morgen wollen
wir die Kauzenburg verlassen und hier heraufziehen.
Ihr räumt wohl den Platz und nehmt ein Zimmer im
Wächterturme? Nicht? – Der Teufel zog ein schiefes
Maul, er hatte sich schon unendlich darauf gefreut,
dem Rheingrafen einen Stoß aus dem Fenster in die
schwindelnde Tiefe zu geben und mit dessen Seele davonzufahren.
Am andern Morgen kamen der Rheingraf und die
Gräfin, und der Burgkaplan, und das Hofgesinde, die
Leibdiener, die Jäger, die Knappen, die Stallleute, die
Wächter, die Hundejungen, die Hühnerwärter, die
Schloßmägde, die Käsemutter, die Zwergin und die
Pferde, die Kühe, die Esel, die Rüden, der Meeraffe,
die Katzen. Es war ein Zug, schier gleich dem des
Erzvaters Noah, da er in den Kasten einging, zu Roß,
zu Esel, zu Wagen – alles auf das neue Schloß.
Die junge Gräfin scherzte freundlich mit dem Burgkaplan,
da droben werde es sehr zugig sein, sie wolle
ihm ein wärmeres Käpplein nähen, er möge ihr das
alte zum Muster einmal leihen – und als sie oben angelangt
war, ließ sie durch die Knappen auch ein Eselfüllen
hinauf in den Palas führen, und hieß es halten,
und band ihm das Pfaffenkäpplein auf den Kopf,
und ließ das Fenster öffnen und das Füllen daranstellen,
das schaute gar fromm und bedächtiglich zum
Fenster hinaus und spitzte die Ohren und witterte die
frische Morgenluft. Der Teufel hatte lange schon still
lauernd seitwärts gegenüber auf der Turmzinne gesessen,
jetzt sah er das Fenster sich öffnen, sah des Pfaffen
ihm wohlbekanntes Käppchen zum Vorschein
kommen, und fuhr im Nu hin, und krallte seiner Meinung
nach den Pfaffen heraus, und schmetterte ihn ins
Tal, und fing die Seele auf. Herrgott, was der Teufel
für einen Zorn hatte, als er von einer Tochter Evas
sich überlistet sah und statt einer Pfaffenseele eine
Eselsfüllenseele in den Klauen hielt! –
80. Der Stiefel voll Wein
Auf dem Steine, wo nun fortan dieser Rheingraf fröhlich
hauste, ging es zum öftern gar hoch her. Da saßen
eines Abends die Wild- und Rheingrafen und eine
große Schar Ritter von den Nachbarburgen im Saale
beisammen und zechten baß, und die Humpen kreisten.
Da saßen Ritter von Sponheim, von Dhaun, von
der Ebernburg, von Flörsheim, von Stromberg und
tranken scharf und fest. Jetzt hob der Rheingraf einen
mächtigen Reiterstiefel auf den Tisch und goß den