Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johann Gottfried Herder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066398903
Скачать книгу

       XV.

       XVI.

       XVII.

       XVIII.

       XIX.

       XX.

       XXI.

       XXII.

       XXIII.

       XXIV.

       Beschluß.

      I.

       Inhaltsverzeichnis

      Der Laokoon des Herrn Leßings, ein Werk, an welchem die drei Huldgöttinnen unter den menschlichen Wissenschaften, die Muse der Philosophie, der Poesie, und der Kunst des Schönen, geschäftig gewesen, ist in unsrer jetzigen kritischen Pestilenz in Deutschland, für mich eine der angenehmen Erscheinungen gewesen, um welche Demokritus die Götter bat, als um die Seligkeit seines Lebens. Ich würde dasselbe auch sehr wohlfeil mit der Bildsäule vergleichen können, von der es den Namen hat, wenn nicht die Mine des Vollendeten, des Schriftstellerischen εποιησε eben die wäre, die dieser Laokoon am wenigsten annehmen will. Es mag also diese Sprache durch Kunstvergleichungen immer unsern Schönheitskünstlern des Styls bleiben: ich will den Laokoon als eine Sammlung von Materialien, als einen Zusammenschuß von Collektaneen betrachten – auch als solcher allein, verdient er Betrachtung gnug.

      Für mich hat Laokoon an sich selbst Schönheit gnug, als daß er blos durch den Kontrast mit einem andern gewinnen dörfte. Vor und hinter demselben, was L. gegen W. habe, sind entweder nichts als Parerga, für die beide sie ansehen werden, oder wenigstens trifft nichts auf Winkelmanns Hauptzweck, die Kunst; und Laokoon also, als Abhandlung über die Gränzen der Poesie und Malerei, hat Werth und Vortreflichkeit; aber ihn als Streitschrift, als Prüfung der ganzen Winkelmannischen Werke betrachten zu wollen, ist meines Erachtens der falscheste Gesichtspunkt, und der Genius eines Leßings und Winkelmanns sind auch zu verschieden, als daß ichs von mir erlangen könnte, sie gegen einander abzumessen.

      Wo Leßing in seinem Laokoon am vortreflichsten schreibt, spricht – der Kritikus: der Kunstrichter des Poetischen Geschmacks: der Dichter. Wie Sophokles Philoktet leide, und die Helden Homers weinen, und Virgils Laokoon den Mund öfnen, und körperliche Schmerzen auf dem Theater winseln dörfen – wie Virgil, Petron und Sadolet den Laokoon bilden, und der Dichter den Künstler, und der Künstler den Dichter nachahmen könne – wer spricht hier überall, als der Kunstrichter des Poeten? Dieser ists, der dem Philoktet des Chateaubrun einen Streich giebt, der Spence'n und Caylus ihre Fehler zeiget, der Homers Poetische Wesen claßificirt, und Poetische von der Malerischen Schönheit unterscheidet – überall der Kunstrichter des Dichters: das ist sein Geschäft. Und sein Zweck derselbe. Dem falschen Poetischen Geschmack entgegen zu reden, die Grenzen zwoer Künste zu bestimmen, damit die eine der andern nicht vorgreifen, vorarbeiten, zu nahe treten wolle: das ist sein Zweck. Was er auf diesem Wege von dem Innern der Kunst findet, freilich nimmt ers auf; aber mir noch immer Leßing, der Poetische Kunstrichter, der sich selbst Dichter fühlt.

      Winkelmann aber, ein Lehrer Griechischer Kunst, der selbst in seiner Kunstgeschichte mehr darauf bedacht ist, eine Historische Metaphysik des Schönen aus den Alten, absonderlich Griechen, zu liefern, als selbst auf eigentliche Geschichte. Und also auf eine Critik des Kunstgeschmack noch uneigentlicher. Um den falschen Geschmack andrer Zeiten und Völker ist ihm nie als um Hauptzweck zu thun; den züchtigt er blos, wenn er neben oder unmittelbar vor den Alten ihm zu Gesicht kommt: denn sonst, wie oft hätte er nach seiner vornehmen Griechischen Idee züchtigen, und seine Hand in Nebenstreichen ermüden müssen! Und schreibt er also nicht als Critikus des Kunstgeschmacks; wie weit entfernter vom Kunstrichter der Poesie? Als Künstler las er die Dichter, als Kunstlehrer brauchet er sie, und würde nicht so haben schreiben können, wenn er auch selbst die Dichter anders, und nicht als Künstler gelesen. Er, dem wie jenem Griechischen Künstler, die Schönheit selbst, (aber die Kunstschönheit) erschienen war; bezaubert von ihr, suchte er ihre Gestalt also mit Feuer in seinen Geist gemalt, brennend in seinem Auge, und sich in seinem Herzen regend – diese Gestalt der Kunstschönheit, dieß Bild der Liebe, suchte er allenthalben, wollte sie auch im bloßen Abglanz sehen, vermuthete sie selbst, wie Kleists Amynt seine geliebte Lalage, auch in Fußtritten, auch im Bilde des Wassers, auch im Hauche des Zephyrs, der freilich von einer andern Lalage, (der Schönheit des Dichters) kommen konnte. Im Gefühl also dieser bildenden und nicht dichtenden Schönheit stand er auch vor Virgils Laokoon, wie vor dem Laokoon des Polydorus, und so muß er gelesen werden: denn das sind Schranken der Menschlichen Natur, auf Einmal nur Eines sehen zu können, was man will, und wie man will – Dieß eine war bei Winkelmann die Kunst. Soll ich ihm also Kenntniß der Alten absprechen, weil er Homer nicht als Dichter, sondern als Künstler, nicht also des Poetischen Wesens seiner Muse wegen, nicht wie Leßing gelesen? Soll ich ihm einen Seitenblick, den er auf die Poesie wirft, um seine Kunst zu erläutern, und gesetzt dieser Seitenblick träfe auch nicht