aa) Preishöhenmissbrauch
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Der Regelfall des vom Ausbeutungsmissbrauch umfassten Preishöhenmissbrauchs ist das Fordern überhöhter Preise durch marktbeherrschende Anbieter von Waren oder Dienstleistungen. Gleichwohl ist aber auch der umgekehrte Fall des Forderns von missbräuchlich niedrigen Preisen durch marktbeherrschende Nachfrager mit umfasst. Dabei ist ein Preis „missbräuchlich hoch“, wenn er höher ist als er sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würde, sowie „missbräuchlich niedrig“, wenn er von einem marktbeherrschenden Nachfrager unter Ausnutzung seiner Marktmacht niedriger angesetzt wird, als es bei wirksamem Nachfragewettbewerb möglich gewesen wäre. Ersterer Fall betrifft damit das Ausbeuten der Nachfragerseite durch einen marktbeherrschenden Anbieter, während letzterer das Ausbeuten der Anbieterseite durch einen marktbeherrschenden Nachfrager meint.[81] Es findet dabei ein Vergleich zwischen dem tatsächlichen und hypothetischen Preisniveau statt. In der Praxis lässt sich dieser Vergleich oft nur schwierig feststellen. Es haben sich daher unterschiedliche Verfahren herausgebildet, die als Instrument zur Ermittlung des Als-Ob-Wettbewerbs[82] herangezogen werden.
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Führend wird in dem Zusammenhang das sog. Vergleichsmarktkonzept – sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene – angewandt, wonach die möglicherweise überhöhten Preise mit solchen Preisen verglichen werden, die sich auf strukturell vergleichbaren, aber wettbewerblich wirksam organisierten Märkten bilden. Die Märkte müssen in sachlicher, örtlicher und zeitlicher Hinsicht dem betreffenden Markt möglichst nahestehen, womit insbesondere als sachliche Vergleichsmärkte Märkte mit verwandten Waren oder Leistungen in Betracht kommen. In der Ermittlung eines geeigneten anderen Marktes liegt in der Praxis allerdings die größte Schwierigkeit. So muss der Vergleichsmarkt zwar einerseits mit dem in Rede stehenden Markt vergleichbar sein, andererseits muss auf ihm aber wirksamer Wettbewerb bestehen.[83] Dabei wird im Regelfall zur besseren Vergleichbarkeit der Märkte ein Markt herangezogen, der durch wirksamen Wettbewerb einer Vielzahl von Unternehmen geprägt ist. Es kann unter Umständen aber auch bereits der Vergleich mit einem Unternehmen – selbst dann, wenn es sich dabei um ein Monopolunternehmen handelt – ausreichen.[84] Bei der Ermittlung des örtlichen Vergleichsmarkts kann ggf. auch auf ausländische Märkte zurückgegriffen werden müssen, wenn das betreffende Unternehmen im Inland eine Monopolstellung einnimmt und es daher im Bundesgebiet keinen örtlichen Vergleichsmarkt ohne Marktbeherrschung gibt. Zeitlich gesehen kommt der Markt, auf dem das Unternehmen tätig ist, aus einer früheren oder späteren Zeit (vor oder nach Abschluss des missbräuchlichen Verhaltens) in Betracht.[85] Im Rahmen des Vergleichsmarktkonzepts muss allerdings berücksichtigt werden, dass der Vergleichsmarkt mit dem Markt des betreffenden Unternehmens i.d.R. nur bedingt vergleichbar ist, sodass sich nicht bereits unmittelbar aus der Gegenüberstellung von beanstandetem Verhalten und dem Verhalten auf dem Vergleichsmarkt die Missbräuchlichkeit ergibt. Abweichungen sind daher ggf. durch Korrekturzu- und abschläge auszugleichen. Dabei sind zugunsten des betroffenen Unternehmens alle objektiven Strukturmerkmale zu berücksichtigen, die „unabhängig von dem jeweiligen Betreiber bestehen und die sich daher auch bei wirksamem Wettbewerb preiserhöhend auswirken“ würden.[86] Nicht berücksichtigungsfähig sind hingegen unternehmensindividuelle Umstände wie beispielsweise Unternehmensgröße und Umsatz. Da die hierdurch erfolgten Korrekturen im Regelfall nicht genau zu berechnen sind, ist anerkannt, dass bei der Berechnung des wettbewerbsanalogen Preises Sicherheitszuschläge in Ansatz zu bringen sind. Anschließend wird noch ein Erheblichkeitszuschlag angewandt, weil das dem Missbrauchsvorwurf innewohnende Unwerturteil eine erhebliche Überschreitung des hypothetischen Wettbewerbspreises voraussetzt.[87]
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Das Vergleichsmarktkonzept ist jedoch nur eine Möglichkeit der Feststellung eines Preishöhenmissbrauchs. Die Abweichung vom hypothetischen Wettbewerbsverhalten kann auch auf andere Weise festgestellt werden. So kann insbesondere auch auf die Generalklausel zurückgegriffen werden.
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Neben dem Vergleichsmarktkonzept wird zur Feststellung eines Preishöhenmissbrauchs insbesondere auch die sog. Kostenkontrolle herangezogen. Diese kann insbesondere dann Berücksichtigung finden, soweit das Vergleichsmarktkonzept an seine Grenzen stößt, weil zum Beispiel alle in Betracht zu ziehenden Vergleichsmärkte ebenfalls monopolistisch strukturiert sind. Zwar ist der Vergleich mit Preisen eines anderen monopolistischen Unternehmens nicht ausgeschlossen, birgt aber die Gefahr, dass hier ein ebenfalls missbräuchlicher Preis zur Grundlage genommen wird, da dieses Vergleichsunternehmen ebenfalls keinem oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist. Im Rahmen der Kostenkontrolle werden letztlich alle Preisbestandteile (unter anderem Produktionskosten und Gewinne) im Wege der Kostenanalyse einzeln darauf überprüft, ob sie sich auch bei einem wirksamen Wettbewerb ergeben würden.[88]
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Vor allem im europäischen Recht findet neben dem häufig herangezogenen Vergleichsmarktkonzept außerdem das Konzept der sog. Gewinnspannenbegrenzung Anwendung. Dieses untersucht anhand der Kosten des betreffenden Unternehmens, ob die Gewinnspanne unangemessen ist. Im Gegensatz zum Vergleichsmarktkonzept kommt es also nicht auf einen Vergleich mit anderen Unternehmen, sondern ausschließlich auf das Unternehmen selbst an.[89] Nach dem Verständnis des EuGH geht es dabei um einen „überhöhten Preis […], der in keinem angemessenen Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Wert der erbrachten Leistung“ steht.[90] Da dies im Grunde auf eine Preisfestsetzung nach allgemeinem Gerechtigkeitsempfinden hinausläuft, hat sich dieses Konzept im deutschen Recht bisher nicht durchgesetzt.[91] Allerdings hat der deutsche Gesetzgeber das Konzept der Gewinnspannenbegrenzung für marktbeherrschende Anbieter von Elektrizität oder leitungsgebundenem Gas (Versorgungsunternehmen) in § 29 S. 1 Nr. 2 GWB übernommen und sich dabei ausdrücklich auf die europäische Gesetzgebung berufen.[92]
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Das GWB enthält in § 19 Abs. 2 Nr. 3 eine eigenständige Regelung der sog. Preisspaltung, die aber als ein Unterfall des Preishöhenmissbrauchs eingestuft werden kann. Dieser Fall des Preisstrukturmissbrauchs soll ungerechtfertigte Preisdifferenzierungen eines marktbeherrschenden Unternehmens erfassen. Es handelt sich um eine besondere Erscheinungsform des Preismissbrauchs in Gestalt einer Preisspaltung desselben Anbieters auf verschiedenen vergleichbaren Märkten und bei gleichartigen Abnehmern. Der Unterschied zum normalen Fall des Ausbeutungsmissbrauchs liegt insbesondere darin, dass das eigene Verhalten des Unternehmens auf vergleichbaren Märkten und nicht ein fiktiver Wettbewerb auf dem betreffenden Markt zum Maßstab genommen wird. Eine solche Preisspaltung wird dann angenommen,[93] wenn die Preispolitik eines Herstellers für verschiedene Waren oder Abnehmer in sich widersprüchlich, willkürlich oder sonst sachlich nicht zu rechtfertigen sind.[94] Dabei trägt das marktbeherrschende Unternehmen die Beweislast für die sachliche Rechtfertigung der Preisspaltung.[95]
bb) Konditionenmissbrauch
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Ein weiterer Fall des Ausbeutungsmissbrauchs ist der sog. Konditionenmissbrauch.