2. Die Berufsfreiheit (Art. 12 GG)
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Art. 12 GG sichert „die Freiheit des Bürgers, jede Betätigung, für die er sich geeignet glaubt, als Beruf zu ergreifen“[322] und schützt damit nach der Rechtsprechung ein einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit[323]. Diese hat das BVerfG zum zentralen „Baustein“ seiner Wirtschaftsverfassung entwickelt[324]. Träger des Grundrechts sind nach dem Wortlaut alle Deutschen (s. zu EU-Bürgern und Unternehmen Rn 108 f). Da sich aus Art. 12 GG kein Schutz vor Konkurrenz ableiten lässt (s. zur Wettbewerbsfreiheit Rn 117), sind die meisten Vorschriften des öffentlichen Wirtschaftsrechts auch nicht drittschützend. Auch gegen staatliche Konkurrenz schützen Grundrechte nur ausnahmsweise (ausf Rn 693 ff). Strukturiert werden Eingriff und Rechtfertigung durch die Dreistufentheorie bzw das Verhältnismäßigkeitsprinzip (s. Rn 120 ff).
aa) Beruf und Gewerbe
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Die sachliche Reichweite dieses Schutzes wird durch den Begriff des Berufes bestimmt. Die Berufsfreiheit umfasst nach der Definition des Bundesverfassungsgerichts „jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient“[325]. Angesichts der Weite dieses Begriffes ist insbes die Ausübung eines Gewerbes zentraler Bestandteil der Berufsfreiheit, wie das BVerfG im grundlegenden „Apothekenurteil“ nachdrücklich betont hat[326]. Jedes Gewerbe im Sinne der GewO ist ein Beruf im Sinne von Art. 12 GG, der insoweit auch die „Berufsbilder“ schützt, die das einfache Recht ausdifferenziert[327]. Die Garantie der Berufsfreiheit beschränkt sich allerdings nicht auf traditionell bzw rechtlich fixierte, typische Berufe, sondern überlässt es grundsätzlich der Dispositionsbefugnis des Grundrechtsträgers, sein Berufsbild selbst festzulegen[328]. Von der Berufsfreiheit werden schließlich auch solche Tätigkeiten erfasst, die der Verwaltung oder bestimmten Personen vorbehalten sind, also Spielbankmonopole[329], aber auch die landesrechtliche Regelungen, die die Durchführung des Rettungsdienstes den Hilfsorganisationen vorbehalten[330].
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Problematischer ist die Frage, inwieweit verbotene Tätigkeiten in den Schutzbereich des Art. 12 GG fallen[331]. Nach der Rechtsprechung werden solche Tätigkeiten von Art. 12 GG nicht geschützt, die „schlechthin verboten sind“[332]. Dies bedarf der Konkretisierung, denn man kann dem einfachen Gesetzgeber nicht die Disposition über die Reichweite des Grundrechtsschutzes überlassen. Es ist deswegen dogmatisch überzeugender, dass man die fragliche Tätigkeit unter den Schutzbereich fasst[333] und erst im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung prüft, ob ein staatliches Einschreiten (durch gesetzliche oder behördliche Verbote) gerechtfertigt ist. Zutreffend bringt die Formulierung allerdings umgekehrt zum Ausdruck, dass das Vorhandensein gesetzlicher Regelungen Grundrechtsschutz indiziert. So fällt nicht nur die „Schwarzarbeit“ unter Art. 12 GG, sondern auch die Prostitution, die man nicht erst angesichts der gesetzgeberischen Wertungen in ProstG und ProstSchG nicht mehr als „schlechthin verboten“ ansehen kann[334].
Problematisch ist es, wenn man mit dieser Formulierung die „schlechterdings gemeinschädlichen“ Berufe aus Art. 12 GG auszuklammern versucht[335]. Bei Berufskillern und Drogenkurieren dürfte dieses auf ungeteilte Zustimmung stoßen. Allerdings erweist sich die Abgrenzung im Zusammenhang mit anderen strafrechtlichen Verbotstatbeständen als schwierig. Obwohl das Glücksspiel nach § 284 StGB verboten ist, wird die Veranstaltung von Spiel und Wetten von Art. 12 GG erfasst[336]. Auch bei der kommerziellen Sterbehilfe ist der Schutzbereich eröffnet, erst recht nachdem das BVerfG das entsprechende strafrechtliche Verbot für verfassungswidrig erklärt hat[337] (zu den gewerberechtlichen Konsequenzen vgl Rn 258, 323). Selbst Tätigkeiten, die mit der Menschenwürde des Art. 1 Abs. 1 GG kollidieren, lassen sich nicht ohne weiteres aus ihrem Schutzbereich ausklammern. Sieht man mit dem BVerwG im Betrieb von Laserdromen einen Verstoß gegen die Menschenwürde[338], ist ihr völliges Verbot aber gerechtfertigt[339], da die Menschenwürde sich jeglicher Abwägung entzieht. Vorzugswürdiger ist jedoch die engere Auffassung, die in derartigen „spielerischen Tabubrüchen“ nur dann einen Menschenwürdeverstoß sieht, wenn durch das Spiel eine schlechthin geächtete Emotion erzeugt werden soll oder wenn der Spielende die Grenze zwischen „Spielwelt“ und „Alltagswelt“ überschreitet[340]. Da das vage Kriterium der „Gemeinschaftsschädlichkeit“ also in den Problemfällen nicht weiterhilft, sollte man besser insgesamt darauf verzichten[341]. Insoweit unterscheidet sich Art. 12 GG vom Gewerbebegriff, bei dem das Tatbestandsmerkmal der Erlaubtheit weiterhin sinnvoll ist (s. Rn 216 ff), weil es den Anwendungsbereich von Gewerbe- und allgemeinem Polizei- und Ordnungsrecht abgrenzt (dazu Rn 323).
bb) Wettbewerbsfreiheit
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Die Grundrechte schützen nach wohl allgemeiner Auffassung auch die Freiheit des Einzelnen vor staatlicher Behinderung oder Verzerrung des Wettbewerbs. Das Bundesverfassungsgericht und ihm folgend die überwiegende Literatur und Rechtsprechung verorten die Wettbewerbsfreiheit in Art. 12 GG[342]. Art. 12 Abs. 1 GG sichert in diesem Rahmen die Teilhabe am Wettbewerb nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen[343]; hierzu gehört auch die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen auszuhandeln, so dass staatliche Preiskontrollen an Art. 12 GG zu messen sind[344].
Staatliche Eingriffe in die Wettbewerbsfreiheit können sich vor allem im Zusammenhang mit staatlicher Informationstätigkeit ergeben, die Hinweise oder Warnungen bezüglich einzelner Grundrechtsträger oder Produkte enthält (näher Rn 118)[345] , aber auch im Zusammenhang mit der Subventionierung eines Konkurrenten (s. Rn 820 f). Sofern man allerdings eine besondere Schwere des Eingriffs verlangt, ist ihr Anwendungsbereich gering. Diskutiert wird sie ferner im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe und der wirtschaftlichen Betätigung des Staates. Die bürokratische Bedeutung der Wettbewerbsfreiheit im klassischen Gewerbe-, aber auch im Regulierungsrecht ist gering, da einfachgesetzliche Schutznormen