196 Ebd. 89.
197 Es war aufgefallen, daß Pesch d. ö. von »Segen« sprach und mit diesem Wort die messianische Gestalt Jesu, das Passamahl und das Abendmahl charakterisieren konnte, ohne sich darüber ausdrücklich Rechenschaft zu geben.
198 Vgl. J. Laporte, La Doctrine eucharistique chez Philon d’Alexandrie. Paris 1972.
199 Vgl. H. W. Beyer, Art. Eulogein u. a.: ThWNT II 751–763.
200 Ebd. 756.
201 Vgl. ebd. 758.
202 Ebd. 758.
203 Vgl. A. Hänggi – I. Pahl (Hg.), Prex eucharistica. Textus e variis liturgiis antiquioribus selecti. Freiburg/Schw. 1968, 13–34 (abgek. Prex).
204 Ebd. 15.
205 Die Begriffe »Heiligen, Erwählen, Sprechen« etc. nehmen an der Sinnstruktur der Eulogia teil und bezeichnen vor allem das katabatische Moment des Segens.
206 Vgl. atl. Festtheologie, die ein Fest als »Memoriale« bestimmte: Prex (s. Anm. 203) 15.
207 Die Begriffe doxazein, timan, ainein etc. sind Sinnäquivalente zu eulogein (LXX).
208 Vgl. L. Lies, Wort (s. Anm. 41).
Anthropologische Zugänge zur Eucharistie
I. VORBEMERKUNGEN
Die Feier der Eucharistie begeht unsere Erlösung. Das eucharistische Brot und der eucharistische Wein sind Heilmittel zur Unsterblichkeit (Irenäus). Die Eucharistie als Feier und als sakramentale Gabe hat mit unserem Leben zu tun. Die Eucharistie feiert kein uns total fremdes Geheimnis, weil sie auch uns feiert. In der Eucharistie feiern wir unser Leben, wie Gott es annimmt, und in den eucharistischen Gestalten empfangen wir uns im Leibe Christi selbst. Wir liegen mit unserer These ganz auf der Linie des hl. Augustinus, der einmal auf die Frage, was denn die Christen in der Eucharistie feiern und empfangen, gesagt hat: Sie feiern und empfangen, was sie sind: Leib Christi. Es muß also auch einen anthropologischen, d.h. vom Menschen ausgehenden Zugang zur Eucharistie geben. Ich möchte diesen Zugang aufzeigen an vier existentiellen Fragen der Menschen. Es sind Fragen, die unsere Existenz prägen: Wer bin ich? Wer liebt mich? Wer macht mich frei, auch von meinem Befreier? Und schließlich: Wem darf ich mich eine Ewigkeit schenken?
II. ANTHROPOLOGISCHE ZUGÄNGE
1. Die anamnetisch bestimmte Existenz des Menschen und Eucharistie oder die Frage: »Wer bin ich?«
a) Der Mensch – eine erinnerungsbestimmte Existenz
An der existentiellen Frage »Wer bin ich?« kann ich ablesen, daß mir meine Existenz fraglich ist. Ich muß meine Geschichte abschreiten und herausfinden, wie ich zu dem geworden bin, der ich heute bin. Ich muß die Menschen um mich herum, die mein Leben kennen, bitten, ob sie mir sagen können, wie und wer ich einmal war und wie ich zu dem wurde, der ich nun heute bin.
Dieses Gedächtnis ist keineswegs ein von anderen Menschen isoliertes Nachgrübeln, sondern eine gemeinschaftliche Aufgabe. Wer ich bin, können mir immer nur die anderen sagen. Die existentielle Frage nach meinem Woher ist eine Frage, die sich auch andere stellen, die zu mir gehören oder zu denen ich gehöre. Die existentielle Frage nach dem »Wer bin ich?« fragt ja einschlußweise auch danach, wer zu mir gehört und zu wem ich gehöre. Alle wollen wir voneinander wissen, wer wir sind, welche Gemeinsamkeiten wir haben und zu welcher Zukunft jeder von uns und wir alle zusammen berufen sind.
Aus dem Interesse, welche gemeinsame Zukunft wir haben, d.h. wer wir in Zukunft sein werden, lernen wir, daß unser Fragen nach uns selbst nicht nur nach rückwärts gewandt ist, sondern sich auch nach vorwärts richtet in die Zukunft. Und wieder ruft jeder von uns dem anderen zu: Wer kann mir sagen, wer ich sein werde: morgen, übermorgen, in alle Ewigkeit.
Bei diesen Fragen dulden wir keinen Aufschub der Antwort. Denn heute müssen wir leben, heute müssen wir wissen, wer wir sind, weil wir heute die sein müssen, die wir tatsächlich sind. Heute quält uns oft Belastendes der Vergangenheit und belastet uns Hoffnungslosigkeit der Zukunft.
Kurzum, der Mensch zeigt in der existentiellen Frage »Wer bin ich«, mit der er sich gedenkend und suchend in die Vergangenheit und Zukunft wendet, um seine Gegenwart zu bewältigen, seine anamnetische, zu deutsch: gedächtnisorientierte Existenz.
b) Die Eucharistiefeier und die eucharistischen Gaben sind von anamnetischer Wirklichkeit
(1) Die Eucharistiefeier als Anamnese
Schon auf den ersten Blick zeigt die Eucharistiefeier ihren Gedächtnischarakter. Die eucharistischen Hochgebete zeigen es in ihrem Blick zurück und voraus. Menschen schreiten im Gedenken ihre gemeinsame Geschichte ab, fragen nach ihrer Zukunft, um zu wissen, wer sie sind: von Gott in Christus und im Heiligen Geist von Anfang an und bis in alle Ewigkeit angenommene und in ihrer Geschichte begleitete Personen, die in dieser Geschichte mit Christus eine Gemeinschaft bilden. Wer in diese Gemeinschaft eintritt, der feiert seine existentielle Frage »Wer bin ich«, in dem er dem einen Gott in drei Personen begegnet. Dieser dreifaltige Gott hat eine Geschichte mit den Menschen. Es ist eine Geschichte von Schöpfung in Liebe, von Rettung aus eigener und fremder Not. In der eucharistischen Gedächtnisfeier gedenken die Menschen, die sich Kirche nennen, des Heilswerkes, das der himmlische Vater als Heilswerk zur Rettung der Menschen durch Menschwerdung, Leben, Leiden und Auferstehen seines Sohnes in der Kraft des Heiligen Geistes wirkte. Das Gedenken der Eucharistiefeier steigt bei all unserem Zurück und Voraus mit Jesus zugleich auf zum himmlischen Vater: »So sehr hast du die Welt geliebt, heiliger Vater, daß du deinen eingeborenen Sohn als Retter gesandt hast, nachdem die Fülle der Zeiten gekommen war. Er ist Mensch geworden durch den Heiligen Geist, geboren aus der Jungfrau Maria. Er hat wie wir als Mensch gelebt, in allem uns gleich außer der Sünde. Den Armen verkündete er die Botschaft vom Heil, den Gefangenen Freiheit, den Trauernden Freude. Um deinen Ratschluß zu erfüllen, hat er sich dem Tod überliefert, durch seine Auferstehung den Tod bezwungen und das Leben neu geschaffen« (IV. Hochgebet).
In diesem Gedenken an Jesus gedenkt die Kirche ihrer Stiftung in Gottes Ratschluß, seinen Sohn zur Sammlung aller Menschen ins Fleisch zu senden: »Denn durch deinen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus, und in der Kraft des Heiligen Geistes erfüllst du die ganze Schöpfung mit Leben und Gnade. Bis ans Ende der Zeiten versammelst du dir ein Volk, damit deinem Namen das reine Opfer dargebracht werde vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang« (III. Hochgebet).
In diesem Gedenken der Kirche an ihre eigene Stiftung durch den dreifaltigen Gott, im feierlichen Erwähnen der in Christus erfolgten Konzentration der Heilsgeschichte gedenkt der himmlische Vater auch unser. Er beantwortet unsere und auch meine existentelle Frage »Wer bin ich?«: »Als du (der Mensch) im Ungehorsam deine Freundschaft mit mir, deinem Gott, verlorst und der Macht des Todes verfielst, habe ich, dein Gott, dich dennoch nicht verlassen, sondern voll Erbarmen allen und besonders auch dir geholfen, mich zu suchen und zu finden. Immer wieder habe ich den Menschen und dir meinen Bund angeboten und sie und auch dich durch die Propheten gelehrt, das Heil zu erwarten. So sehr habe ich, euer und dein heiliger Vater, die Welt geliebt, daß ich meinen eingeborenen Sohn als Retter zu dir gesandt habe« (IV. Hochgebet). Im Gedächtnisvollzug der Eucharistiefeier sagt der uns hörende und an uns denkende Gott uns selbst, wer wir sind: Wir alle sind, weil wir in seiner Liebe geworden sind. In seiner Liebe haben wir Bestand und sind in Christus gerettet.
Ein Mensch, der dieser Liebe innegeworden ist und erfahren hat, wer er von Gott her ist, kann dann zusammen mit denen, die Eucharistie feiern, den himmlischen Vater lobpreisen: »Ich preise dich, Vater im Himmel, denn so sehr hast du mich und meine Welt geliebt, heiliger Vater, daß du mir und denen, die zu mir gehören, deinen eingeborenen Sohn als Retter gesandt hast, nachdem die Fülle der Zeiten gekommen war. Er ist Mensch wie ich geworden