The S-Files: Die Succubus Akten. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

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Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783947550586
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denkt Azarea über ihre alltägliche Arbeit nach. »Na ja, es hat sich schon verändert«, gibt sie zu. »Früher habe ich Männer in ihren Träumen besucht, um ihren Samen zu stehlen.« Die gute alte Zeit. »Man hat mich gefürchtet. Und heute … muss ich auf Beschwörungen von rotzfrechen Gören reagieren und mich ihren Wünschen beugen, weil sich das mit den Träumen nicht mehr rentiert.«

      Midnight zieht gekonnt eine Augenbraue hoch. »Ich wär vorsichtig, wen ich hier ein rotzfreches Gör nenne.«

      Sally winkt ab. »Du sagst doch immer, man soll sich nicht so anstellen.« Zu Azarea gewandt, fährt sie fort: »Das klingt nicht schön.«

      »Es ist nicht schön«, stimmt sie zu. »Vor dreihundert Jahren war ich ein Albtraum! Nichts mit Befehle befolgen und in Kreise beschworen werden! Aber heute…« Sie wirft verzweifelt die Hände hoch und lässt sie wieder fallen. »Du siehst es ja selbst. Pentagramme, Salzkreise, Befehle und Männer, die sich über einen Sukkubus freuen. Die wollen, dass ich vorbeikomme. Die beschwören ausdrücklich einen Sukkubus.«

      Ein leises Kichern entfährt Midnight. »Klar. Gothic-Girls sind in.«

      »Ich bin kein Gothic-Girl.«

      »Natürlich nicht.« Sally gestikuliert beschwichtigend. »Das muss furchtbar sein. Warum beschwört man ausgerechnet einen Sukkubus?«

      In Midnights Augen sieht Azarea, dass die Beschwörerin die Antwort längst kennt und wahrscheinlich amüsant findet. »Um sich mit uns zu paaren«, gibt sie zu. Wenn man es so sagt, klingt es irgendwie peinlich. »Ich meine, das ist eh das, was wir mit den Männern machen. Mein Job. Dafür bin ich geschaffen worden. Aber doch nicht, wenn die Männer wach sind!«

      »Du bist also praktisch eine unfreiwillige Sexarbeiterin«, schlussfolgert Sally. »Das ist nicht lustig, Midnight!«

      Midnight zuckt mit den Schultern und holt eine Flasche Wein und drei Gläser aus einer Schublade unter ihrem Schreibtisch. »Für dich auch?«, fragt sie und wirf Azarea einen fragenden Blick zu.

      »Ich bin nicht zum Weintrinken hier.«

      »Gut, dann halt nicht.« Midnight füllt zwei Gläser und reicht eines davon Sally. Sie scheint sich prächtig zu amüsieren.

      Sally sieht nicht so fröhlich aus. Ihr Gesicht ist ernst, sie sieht Azarea traurig an. »Das ist furchtbar, Azarea«, sagt sie voller Mitgefühl. »Gibt es bei euch einen Personalrat, an den du dich wenden könntest? Eine Gleichstellungsbeauftrage?«

      Ein Personalrat in der Hölle? Azarea schüttelt den Kopf. Und was die Gleichstellungsbeauftragte angeht… Schon zu biblischen Zeiten war allen Dämonen bekannt, dass Frauen so viel Unheil anrichten können wie Männer. Gleichberechtigung in ihrer reinsten Form. »So was kann man auch nicht ändern«, meint sie. »Es ist eben so. In ein paar hundert Jahren sieht alles vielleicht ganz anders aus.« Und sie will wirklich nicht weiter darüber nachdenken. Sie hat fast Urlaub!

      »Was würde denn helfen? Gibt es etwas, das wir Menschen tun können?«

      Weniger vollbusige, paarungswütige Dämonenfrauen ins Internet stellen? Azarea ist nicht sicher, ob das helfen würde. Aber dann fällt ihr etwas ein, wie sie dieses Interview überstehen könnte, und zwar so, dass ihr Vorgesetzter zufrieden mit ihr ist. »Wenn ihr wieder an…« Sie gestikuliert vage nach oben. »Na ja, die große Eminenz und so…«

      »Gott«, hilft Sally aus.

      Azarea verzieht das Gesicht. »Ja, ja. Wenn ihr wieder daran glauben würdet, das würde helfen. Also, richtig glauben. Wie früher.« Sie denkt kurz nach. »Inklusive Hexenverbrennung«, fügt sie hinzu. »Mann, Hexenverbrennungen. Das waren vielleicht Events!«

      Sally runzelt die Stirn. »Da sind unzählige Unschuldige qualvoll gefoltert und verbrannt worden.«

      »Ohne Qual wäre es keine Folter«, gibt Midnight zu bedenken.

      »Das stimmt.« Azarea nickt. »Ich mein ja nur. Mehr Religiosität und weniger, ich weiß nicht, Internet wahrscheinlich. Das würde mir und meinem Berufsstand echt helfen.«

      Zögerlich schreibt Sally auf, was die Dämonin gesagt hat. »Ja, gut…« Sie beißt sich unsicher auf die Unterlippe. »Aber meinst du nicht, dass man mit Aufklärung mehr erreichen könnte? Wäre es nicht schöner, wenn du dir deinen Job selber aussuchen könntest?«

      »Wenn ich mir meinen Job selber aussuchen könnte, würde ich wieder so arbeiten wie vor fünfhundert Jahren.«

      »Das ist nicht sehr emanzipiert, Azarea, ich muss schon sagen.«

      Der schrille Ton einer Türklingel unterbricht Sally. Midnight stellt ihr Weinglas auf den Schreibtisch. »Das ist die Pizza«, verkündet sie. »Können wir Schluss machen, Sally?«

      »Aber…«

      »Ich hab Hunger.«

      »Und ich hab Feierabend«, rutscht es Azarea raus.

      »Oh.« Sally legt ihren Block beiseite und nickt hastig. »Das wusste ich nicht, bitte entschuldige. Vielen Dank, dass du dich meinen Fragen gestellt hast.«

      Midnight verdrehte ihre schwarz umrandeten Augen. »Mach mal dem Pizzaboten auf«, seufzt sie. »Ich banne den Sukkubus.«

      »Sie hat einen Namen«, zischt Sally im Hinausgehen.

      Azarea blickt ihr nach. Was für ein seltsamer Mensch.

      Midnight bemerkt ihren Blick und zuckt mit den Schultern. »Der Deal war gut«, meint sie gelassen. »Ich beschwör ihr einen Sukkubus, sie bezahlt die Pizza. Perfekt, oder?«

      »Ja?«

      »Ja. Nun denn.« Midnight zieht sich die Kapuze über die roten Haare und hebt die Hände zu einer letzten Beschwörung. »Hebe dich hinfort, grässlicher Dämon, und kehre zurück in die Hölle, aus der du gekrochen kamst!«

      Das Pentagramm leuchtet grell auf. Azarea schließt die Augen und schüttelt sich, als sie aus Portal drei tritt. Ihr Kleid wird wieder zu Schuppen, die High Heels zu klauenbewehrten Füßen. Sie streckt die Flügel. Endlich zurück.

      Ihr Vorarbeiter kommt auf sie zu. »Ich erwarte deinen Bericht noch vor deinem Urlaubsantritt!«, keift er.

      Gelassen winkt Azarea ab. »Keine Sorge, den kriegst du.«

      Auf der Erde sitzen Sally und Midnight über ihren Pizzen. Midnight ist zufrieden mit sich; ihre Freundin nicht so. Sie geht wieder und wieder ihre Interviewnotizen durch. »Mann, das kann ich doch so nicht schreiben«, klagt sie.

      Midnight zuckt mit den Schultern. »Ich hab dir gesagt, dass das eine blöde Idee ist.«

      »Ja, aber das sagst du immer.«

      »Und wenn schon. Warum kannst du das jetzt nicht schreiben? Ein Interview mit einem Sukkubus, das hat noch keiner gebracht.«

      »Ja, aber…« Sally schüttelt verzweifelt den Kopf. »Bringt die mittelalterliche Kirche mit all ihren grässlichen Praktiken wieder an die Macht und schaltet das WLAN aus, damit die Sukkubi ein besseres Leben haben? Das geht nicht. Das geht einfach nicht.«

      Midnight seufzt tief. »Es heißt Sukkuben, Sally, nicht Sukkubi.«

      Sally hört sie gar nicht. »Das kann ich so nicht schreiben«, murmelt sie nochmal.

      Adrian Schwarzenberger

      H

      err Chong Yin wohnte in einem kleinen Haus auf dem Hügel, und in dem Haus wohnte auch seine Frau Qingmie. Die war so zart und lieblich, dass sich selbst der