The S-Files: Die Succubus Akten. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

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Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783947550586
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segelte in hohem Bogen davon.

      Das Publikum verharrte wie in Schockstarre, doch sie achtete nicht darauf. »Das war ein Fehler«, spie sie Lars entgegen, dessen Gesicht über ihrem Griff eine bläuliche Farbe annahm.

      Dann stand Miguel neben ihr. »Nicht«, sagte er.

      Sie erkannte, wie das Barett, das er alle Folgen hindurch getragen hatte, verrutschte. Darunter kamen Hörner zum Vorschein.

      Hörner wie ihre eigenen.

      Ein Inkubus.

      Sie blinzelte die Tränen weg und ließ Lars los. Mit einem dumpfen Laut fiel er zu Boden.

      »Sieht so aus, als hätten wir ähnliche Ideen gehabt«, meinte Miguel ruhig.

      Allmählich beruhigte sich das Brennen auf ihrer Haut wieder. Vielleicht würden die Spuren ja schneller wieder verschwinden, als sie befürchtet hatte.

      »Ähnliche Ideen?«, fragte sie barsch. »Mir ging es um das Spiel. Um die Auswahl«, sagte sie.

      »Und ich wollte wissen, ob ich mich in dieser Show gegen menschliche Konkurrenten durchsetzen kann. Ganz ohne - du weißt schon.«

      »Und was jetzt?«

      Er deutete auf Lars, der am Boden saß und entsetzt zu ihnen empor sah. »Lass ihn gehen.«

      »Warum?«

      »Ich mag ihn.«

      Sie seufzte. Na schön, sollte Miguel seinen Willen haben. »Hier sind wir aufgeflogen«, sagte sie. »Verschwinden wir.«

      Er nickte. Hinter seinem Rücken flimmerte es, dann erschienen ledrige Schwingen. »Ich würde immer noch gern was mit dir was trinken gehen«, sagte er freundlich zu Lars. »Das erste Bier geht auf mich.«

      Dann breitete er die Flügel aus und stieg in die Luft. Nach einigen Metern verschwand er in einer schwarzen Rauchwolke.

      Auch Samara wandte sich an Lars. »Du weißt nicht, was dir entgangen ist.«

      Damit stieß auch sie sich vom Boden ab und wechselte, eine Rauchwolke hinterlassend, in die andere Welt.

      Nele Sickel

      H

      ier«, sagte Mutter und hielt mir einen Lippenstift vor die Nase. »Versteck damit dein Succubussmile, ehe du zur Beichte gehst.«

      Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen das kühle Metall unserer Zimmertür, unterdrückte dabei ein Stöhnen. Am liebsten hätte ich gebockt wie früher als junges Mädchen. Nur hatten wir diese spezielle Diskussion mittlerweile zu oft geführt, als dass ich noch Spaß daran hätte haben können. Also nahm ich das blöde Ding einfach.

      »Leihst du mir wenigstens deine Mirror-App zum Auftragen?«

      Mutter verschränkte die Arme. »Wozu? Du willst doch nur noch mal sehen, wie voll und rot sie sind, ehe du sie verdeckst. Oder willst du kontrollieren, ob deine Wimpern immer noch so dicht sind? Ob das goldene Haar noch glänzt, hm?«

      »Jetzt hör aber auf. Ich will es richtig machen, sonst nichts.«

      »Du kriegst das schon hin. Kannst doch sonst immer alles allein.«

      Wie ich sagte: Diskussionen waren völlig sinnlos. Also öffnete ich den Lippenstift, fand darin ein kränkliches Beige und schmierte mir das auf die Lippen. So entstellt lächelte ich Mutter an, bleckte die Zähne.

      »Besser?«

      »Kaum. Schlag diese verdammten Hexenaugen nieder, wenn du draußen bist, und lass die Haare unter der Kapuze.«

      Wenn sie gewusst hätte … Ich seufzte bloß. »Schon klar. Wie immer.«

      »Und bleib nicht so lange!«

      »Nur so lange, wie der Herr Pfarrer mich dort haben will, Mutter.«

      Ich wandte mich um, betätigte das Türterminal und schlüpfte hinaus, ehe ich mir einen weiteren Insult von ihr einfangen konnte.

      Kaum war ich auf der Straße, sah ich die hohen Mauern der Cathedral vor mir aufragen. Grau wie die Häuser links und rechts, nur viel höher und mit einem großen, neongelb blinkenden Kreuz anstelle der unaufgeregten Werbetafeln in Pastelltönen, die auf diese Drogerie und jenes Restaurant hinwiesen. Eine Drohne summte leise über meinen Kopf hinweg. Zwei Männer und eine Frau in beigen Arbeitsoveralls warfen mir im Vorbeigehen neugierige Blicke zu. Ich schlug die Kapuze über das allzu blonde Haar und senkte den Blick auf den Asphalt zu meinen Füßen. So ungern ich tat, was Mutter mir auftrug, gerade heute war es keine gute Idee, aufzufallen.

      Der Weg kam mir länger vor als sonst. Wieder und wieder spielte ich in Gedanken den Streit durch, den ich gerade vermieden hatte. Hörte mir an, wie verdorben ich doch wäre. Warf Mutter an den Kopf, dass – wäre ich wirklich ein Dämon, wie sie sagte – sie sich lieber fragen sollte, mit wem sie da herumgehurt hatte, um mich zu zeugen. Bekam darauf zu hören, dass ich die Hure sei, nicht sie.

      Meine Handflächen wurden feucht. Ich ballte die Fäuste, versenkte sie so tief in den Manteltaschen, dass meine Knöchel über die groben Salzkörner kratzten, die sich da im Stoff verfangen hatten. Vielleicht hatte Mutter recht. Womöglich war ich verdorben, unrein. Aber dafür war ich wenigstens jemand. Mehr als ein betender, psalmenleiernder Schatten. Und ich wollte doch nichts Böses. Ich wollte nur endlich wissen, wie es war.

      Noch gut fünfzig Meter von der Cathedral entfernt, trat ich bereits in ihren Schatten. Prompt heizte die Luft sich auf, wurde stickiger trotz des freien Himmels über meiner Kapuze. Der Asphalt füllte sich mit Füßen. Ich hielt den Blick gesenkt, die Hände in den Taschen. Mein Smartphone in der Mantelinnentasche drückte schwer gegen meine Brust. Den Lieferdienstflyer, den ich daneben geschoben hatte, spürte ich nicht. Hätte ich mich getraut, hätte ich danach getastet, hätte ihn herausgeholt und noch einmal die Wünsche nach Verbindung und Zärtlichkeit gelesen, die ich heimlich an den Rand gekritzelt hatte. Doch ich wagte es nicht. So kurz vor der Cathedral hatte die Stadt tausend Augen.

      Weihrauch lag schwer in der Luft. Ich war immer wieder überrascht, dass man ihn nicht nebelhaft umherschweben sah, wenn man durch das gigantische Tor in den Vorraum trat. Ich stellte mich in die Schlange vor dem Spendenscanner, zückte mein Smartphone, berührte flüchtig eine raue Ecke des Flyers und versuchte, nichts als Erleichterung dabei zu fühlen, dass er noch da war.

      Aus den offenen Löchern links und rechts im Boden klangen Klagelaute. Dort hungerten und dürsteten Sünder, weil sie ihre Spende nicht entrichtet hatten oder weil sie sich in der Kirche entblößt hatten oder – na ja, eben weil sie etwas getan hatten, was man in Gottes Haus nicht tat. Direkt unter mir kauerte eine Frau, die mich schmerzlich an meine Mutter erinnerte. Derselbe strenge Kurzhaarschnitt, die gleichen müden Schultern im mausgrauen Kleid. Sie klagte nicht, schaute nur voll stechender Reue herauf. Das Loch im Boden war so breit, die Zelle so niedrig, ich hätte mich mit dem Oberkörper hinunterhängen und sie heraufziehen können. Doch ich tat es nicht. Weil sie es wohl nicht gewollt hätte. Vor allem aber, weil ich nicht hergekommen war, um die Heldin zu spielen. Ich war hier, um etwas Verbotenes zu wagen – und hoffentlich mit heiler Haut davonzukommen.

      Die Schlange rückte weiter. Ich kam an die Reihe, ließ mein Smartphone scannen und gab meine Einwilligung zur Spendenbuchung mit einem flüchtigen Daumendruck. Sonst machte ich mir immer Sorgen darum, wie hoch der gewünschte Betrag diesmal sein mochte, doch heute schaute ich gar nicht hin. Ich konzentrierte mich auf meinen Atem, auf meine Haltung. Ruhig jetzt, auch wenn mein Herz raste. Ich hatte das hier lange vorbereitet. Ich hatte den richtigen Mann gefunden, den richtigen Ort auch. Salz und Salbei waren gestreut, alle Zauber gewirkt, bis auf den letzten, den, den ich in meiner Mantelinnentasche trug. Wenn es einen richtigen Moment gab, dann war es dieser.

      Ich atmete tief ein und aus. Der Weihrauch