Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980672
Скачать книгу
bitte, lass das.«

      »Was soll ich lassen?«, fragte er leise.

      »Will mir bitte endlich jemand helfen!«, rief Sibylle, die im Eingang des Zeltes stand und mit einem ihrer hohen Absätze zwischen zwei Dielen hängengeblieben war.

      »Ich mach das schon«, sagte Rudi, als Florian sich von Ela löste und Sibylle zur Hilfe eilen wollte. Er hatte die Aufhängung der Scheinwerfer über der Bühne geprüft und stieg rasch von der Leiter herunter, um Sibylle aus ihrer misslichen Lage zu befreien.

      »Dass ich mich darauf eingelassen habe, Florian in einem Zelt auftreten zu lassen, das war ein Fehler«, schimpfte Sibylle. »Ich hoffe, wir kommen heil aus dieser Sache heraus. Ich will mir gar nicht vorstellen, was hier draußen in der Wildnis alles passieren kann. Am Ende kommt noch unsere Bühnenausstattung abhanden.«

      »Meine Männer und ich schlafen hier auf dem Gelände im Tourbus, wir passen schon auf«, versicherte ihr Rudi.

      »Trotzdem, ich bin froh, wenn das hier vorbei ist.«

      »Die Musikanlage!«, rief ein junger Mann im schwarzen Overall, der ins Zelt hereinstürmte.

      »Dann legt los, bisher sieht alles ganz ordentlich aus«, stellte Sibylle fest. »Ich gehe davon aus, dass die Musiker inzwischen im Hotel eingetroffen sind. Hast du einen Tisch für heute Abend reserviert, Ela?«

      »Für acht Personen. Rudi und seinen Leuten wird das Essen hierher geliefert.«

      »Gut, dann wäre alles geklärt. Gehen wir, Florian. Ela, du wartest, bis die Musikanlage ausgeladen ist und überprüfst, ob alles da ist.«

      »Ich bin sicher, dass Rudi dazu keine Hilfe benötigt. Ela kann ruhig mit uns ins Hotel kommen«, widersprach Florian.

      »Wirklich, ist das so?«, sagte Sibylle, während Rudi zu Boden schaute und in sich hineinlächelte. »Gut, wenn Ela hier nicht gebraucht wird, dann kann sie vom Hotel aus ein paar Anrufe für mich erledigen.«

      Irgendetwas findet sie immer, damit ich keine Zeit mit Florian verbringe, dachte Ela.

      »Statt in diesem Kaff zu gastieren, hätten wir lieber noch eine weitere Stadt besuchen sollen. Dort hätte man uns eine Halle zur Verfügung gestellt, wir hätten mehr Zuschauer gehabt und einen größeren Gewinn. Wenigstens haben sie ein ordentliches Hotel«, tröstete sich Sibylle.

      »Es ist doch auch ein Gewinn, seine treuesten Fans glücklich zu machen.«

      »Du meine Güte, Ela, wir sind doch kein Wohltätigkeitsunternehmen«, erwiderte Sibylle genervt.

      »Die Fans bezahlen für ihr Glück.«

      »Womit sie recht hat, Sibylle. Entschuldigt mich einen Moment.« Florian ging um den Truck herum und begrüßte die drei jungen Männer, die mit der Musikanlage angekommen waren.

      »Deine Einstellung gefällt mir nicht«, zischte Sibylle.

      »Aber es müsste dir gefallen, dass Florian ein bisschen Freizeit durch unseren Aufenthalt in Bergmoosbach gewinnt.«

      »Frei kann er sich nehmen, wenn die Leute ihn nicht mehr sehen wollen. Du solltest inzwischen begriffen haben, wie schnell so eine Karriere zu Ende sein kann. Ein falsches Foto, ein falsches Interview, ein skandalöser Auftritt und es ist vorbei. Du solltest dir in Zukunft gut überlegen, was du so von dir gibst. Haben wir uns verstanden?«

      »Ja, haben wir.« Ela spürte, dass sie Sibylle herausgefordert hatte, sie wollte sie nicht weiter reizen.

      »Du weißt schon, dass weniger Einnahmen während der Tournee, auch weniger Einnahmen für jeden von uns bedeuten, aber ich will das jetzt nicht aufbauschen. Das muss ich doch nicht oder?«

      »Sibylle, ich habe dich verstanden«, beteuerte Ela erneut.

      »Gut, fahren wir ins Hotel zurück. Florian, kommst du bitte?!«, rief Sibylle, während sie ungeduldig mit ihren violett lackierten Fingernägeln auf der Motorhaube der Limousine herumtrommelte.

      »Wieso hast du es denn so eilig?«, fragte Ela.

      »Ich habe vor dem Abendessen noch einiges mit Florian zu besprechen, allein in meiner Suite«, fügte sie mit strengem Blick hinzu.

      »Was haben wir zu besprechen?«, wollte Florian wissen, der nur noch ein paar Schritte von ihnen entfernt war.

      »Wenn ich wollte, dass es jemand hört, dann müsste ich dich nicht in meine Suite bitten.«

      »Bitte sehr, Frau von Mangold.« Florians Chauffeur, der sie seit zehn Jahren auf jeder Tournee begleitete, hielt Sibylle die hintere Wagentür auf und half auch Ela beim Einsteigen.

      »Danke, Fred«, bedankte sich Florian bei dem Mann mit dem silbergrauen Haar, der stets einen maßgeschneiderten dunkelblauen Anzug trug, weil elegantes Auftreten zu den Pflichten eines Chauffeurs gehörte, wie er immer wieder betonte.

      »Du hast recht«, sagte Otto, der um den Truck herumschaute und der Limousine nachblickte.

      »Womit?«, wollte Rudi wissen.

      »Die Sache mit Ela und Florian. Ich war vorhin auch im Zelt, als die beiden vor der Bühne standen.«

      »Offiziell haben wir nichts gesehen.«

      »Alles klar«, sagte Otto und sprang wieder in den Truck, um beim Ausladen zu helfen.

      »Ich bin gespannt, wie das weitergeht«, murmelte Rudi und zündete sich eine Zigarette an.

      *

      Ela brachte die Anrufe, die sie für Sibylle erledigen sollte, schnell hinter sich und setzte sich danach auf den Balkon ihres Zimmers, um noch ein bisschen die Sonne zu genießen. Vielleicht hat Anna Bergmann mit ihrer Vermutung, Sibylle könnte hinter Florian her sein, recht, dachte sie, als sie in dem bequemen Liegestuhl lag und auf die kahlen Berggipfel am Horizont schaute.

      Nutzte Sibylle nicht jede Gelegenheit, um mit Florian allein zu sein? Sie war die einzige, die ihn auf längeren Strecken in der Limousine begleitete. Wenn sie mit dem Flugzeug unterwegs waren, saß sie mit ihm allein in der ersten Klasse, genauso im Zug. In jedem Hotel bestand sie darauf, dass ihres und Florians Zimmer nebeneinander oder wenigstens gegenüber lagen. Und dann diese Besprechungen in ihrem Zimmer, die sie immer so großartig ankündigte und die nichts anderes waren als belanglose Plauderstündchen, wie Florian einmal verlauten ließ.

      Aber Sibylle ist seine Managerin, sie steht ihm nun einmal am nächsten, wenn wir unterwegs sind. Er muss sich voll und ganz auf sie verlassen können, versuchte sich Ela Sibylles Verhalten zu erklären und verwarf den Gedanken wieder, dass Sibylle andere Frauen nur deshalb von ihm fernhielt, um ihn für sich allein zu haben.

      Als sie plötzlich wieder diese unangenehme Übelkeit verspürte, nahm sie eine von den Ingwertabletten, die Anna ihr mitgegeben hatte, und ließ sie langsam auf der Zunge zergehen. Es dauerte auch nicht lange, bis es ihr besser ging und sie die Augen schloss, um ein wenig zu schlafen.

      »Moment!«, rief sie, als sie durch das laute Klopfen an ihrer Zimmertür hochschreckte. »Du meine Güte, schon so spät«, sagte sie laut, als sie feststellte, dass die Sonne schon beinahe hinter den Bergen verschwunden war.

      Sibylle hatte das gemeinsame Abendessen für halb acht angesetzt. Ein Blick auf ihr Handy, das auf dem runden Tischchen neben ihr lag, sagte ihr, dass sie verschlafen hatte. Es war bereits kurz vor acht.

      »Verzeihung, Frau Wiesner, ich soll Ihnen ausrichten, dass Sie im Restaurant erwartet werden«, sagte das junge Mädchen in dem blauen Kostüm, das zum Hotelpersonal gehörte.

      »Danke, richten Sie Frau von Mangold aus, dass ich gleich komme.«

      »Das mache ich. Es tut mir leid, dass ich Sie so unsanft geweckt habe«, entschuldigte sich das Mädchen.

      »Sie hatten keine andere Wahl«, entgegnete Ela mit einem freundlichen Lächeln und schloss die Tür. Sie hatte es jetzt eilig.

      Ein paar Minuten später betrat sie das Restaurant und zog so manchen Blick auf sich.