Der neue Landdoktor Staffel 9 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980528
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Das werde ich niemals herausfinden, wenn ich diesen Anruf nicht annehme, dachte sie. »Hallo, Pascal«, meldete sie sich.

      »Hallo, Fenja, es geht um die Taxushecke in Ihrem Garten. Ich würde sie mir gern ansehen. Ich möchte Ihnen die abgeknickten Bäumchen gern ersetzen. Sie sagten zwar, das sei nicht nötig, ich würde es aber trotzdem gern tun.«

      »Wann möchten Sie denn kommen?«

      »Ginge es heute Nachmittag? Ich werde Sie auch bestimmt nicht lange stören.«

      »Um drei, ich lege eine Pause ein und wir trinken den Kaffee, zu dem ich Sie ohnehin einladen wollte.«

      »Wunderbar, dann bis später.«

      »Bis später«, sagte Fenja. Ich verspreche mir nichts, ich erhoffe mir nichts, ich werde nur eine Tasse Kaffee mit ihm trinken, dachte sie.

      Mit ihrer Ruhe war es aber jetzt vorbei. Obwohl sie es nicht wollte, unterbrach sie immer wieder ihre Arbeit und stellte sich vor, wie die Begegnung mit Pascal verlaufen würde. Um zwölf ging sie in die Küche, um einen Käsekuchen mit Kirschen zu backen. Um zwei stand sie vor ihrem Kleiderschrank und überlegte, was sie anziehen sollte. Da sie ihn in den Garten begleiten würde, musste es etwas Bequemes sein. Sie entschied sich für ihre gelbe Jeans und einen leuchtend blauen Pulli mit dreiviertellangen Ärmeln. Sie trug einen zarten Lippenstift auf, tuschte ihre Wimpern und bürstete ihr Haar schließlich gegen den Strich, was ihm noch mehr Fülle verlieh.

      Als es um kurz nach drei an der Haustür klingelte, stand sie noch vor dem Spiegel in ihrem Schlafzimmer. Sie zuckte zusammen, und ihr Herz klopfte schneller. Egal, was sie Kendra versprochen hatte, sie freute sich über diesen Besuch von Pascal.

      »Alles in Ordnung?«, fragte Pascal, als sie ihm die Tür öffnete und ihn überrascht anschaute.

      »Ja, alles gut, ich sehe Sie nur zum ersten Mal im Stehen«, sagte sie. Pascal war größer, als sie gedacht hatte, sein Haar war gekämmt und der Schmerz war aus seinem Gesicht gewichen.

      »Stimmt, bei unserer ersten Begegnung lag ich Ihnen zu Füßen«, entgegnete er lächelnd.

      »Wollen wir zuerst in den Garten gehen?«, fragte Fenja.

      »Gern«, erklärte er sich mit ihrem Vorschlag einverstanden.

      »Sie werden fünf neue Bäume brauchen«, stellte er fest, nachdem er sich die Hecke angesehen hatte. »Ich werde Sie Ihnen nächste Woche vorbeibringen und auch gleich einpflanzen. Im Moment kann ich wegen meiner geprellten Rippen leider noch nicht so gut mit der Schaufel arbeiten.«

      »Sie sollten sich ohnehin noch ein bisschen schonen. Schließlich sind sie gestern erst vom Himmel gefallen.«

      »Aber ich bin gut gelandet«, sagte er und hielt Fenjas Blick fest.

      »Der Kaffee ist schon fertig«, sprach sie schnell weiter, weil sein Blick sie nervös machte. »Kommen Sie, gehen wir ins Haus«, sagte sie.

      Sie hatte auch den Tisch schon gedeckt. Der Kuchen stand auf einem gläsernen Tortenteller, den Kaffee hatte sie in eine weiße Porzellankanne gefüllt und auf ein Stövchen gestellt. Sie hatte blaue Stoffservietten auf die weißen Kuchenteller mit dem Veilchenmuster gelegt und die passenden Tassen dazugestellt.

      »Selbst gebacken?«, fragte Pascal, als sie ihm ein Stück von dem noch warmen Käsekuchen auf den Teller legte.

      »Ich backe ganz gern«, sagte sie, so als sei es überhaupt nichts Besonderes, dass sie für ihn einen Kuchen gebacken hatte. »Ich hoffe, Sie mögen Käsekuchen.«

      »Ja, sehr gern sogar«, versicherte er ihr und versuchte ein Stück. »Er schmeckt mir besser als der in dem Café in der Garmischer Fußgängerzone, in dem ich manchmal frühstücke. Und der Käsekuchen dort ist wirklich ausgezeichnet.«

      »Danke für das Lob.« Sie trank einen Schluck Kaffee und hoffte, dass er ihr nicht ansah, wie nervös sie war. Wenigstens hier in ihrem sicheren Bereich wollte sie selbstbewusst wirkte. Ihr ursprüngliches Vorhaben, ihm während ihres ersten Treffens zum Kaffee von ihrer Krankheit zu erzählen, hatte sie erst einmal aufgegeben. Wenn es wirklich stimmte, was Kendra über ihn gesagt hatte, musste sie sich diese Blöße erst gar nicht geben.

      »Ich weiß von Kendra, dass Sie Sprüche für Glückskekse schreiben. Ich stelle mir das schwer vor, sich ständig etwas Neues auszudenken.«

      »Manchmal ist es mühsam, aber meistens geht es ganz gut. Im Gegensatz zu Ihrem Job trage ich keine Verantwortung. Sie müssen Ihren Schülern alles beibringen, was sie für ihre Prüfung benötigen, und Sie sind für ihre Sicherheit verantwortlich. Das stelle ich mir enorm stressig vor.«

      »Für mich steht die Ausbildung im Vordergrund, dass wir heil wieder unten ankommen, ist für mich selbstverständlich, darüber denke ich nicht nach. Würde ich in ständiger Angst um eine sichere Landung leben, könnte ich diesen Beruf nicht ausüben.«

      »Nein, vermutlich nicht«, stimmte sie ihm zu. Und schon habe ich mich wieder als Angsthase geoutet, dachte sie.

      »Ein Fahrlehrer lebt übrigens gefährlicher als ein Fluglehrer. Wir können zwar beide jederzeit das Steuer übernehmen, falls ein Schüler versagt, aber in der Luft sind wir meistens allein und haben genügend Platz, auf der Straße sieht das anders aus. Aber natürlich, die Gefahr eines Absturzes ist gegeben, wenn man sich dort oben bewegt, das habe ich vorgestern bewiesen.«

      »Was glücklicherweise gut ausging. Hatten Sie irgendwann den Wunsch, große Maschine zu fliegen?«, wollte Fenja wissen.

      »Nein, ich möchte das Fliegen erleben. Eine Verkehrsmaschine ist mit so viel Technik ausgestattet, das hat mit dem eigentlichen Fliegen nicht mehr viel zu tun. Es sei denn, es tritt ein Notfall ein, dann muss der Pilot beweisen, was er kann. Glücklicherweise kommt das nicht oft vor. Was halten Sie von einem Spaziergang, Fenja, bevor sie wieder an ihren Schreibtisch zurückgehen?«

      »Tut mir echt leid, das geht nicht, ich muss meinen Abgabetermin einhalten.« Fenja umfasste ihre Tasse und trank einen Schluck Kaffee. Sie hatte das Gefühl, dass er ihr ansehen würde, dass sie ihn gerade anlog. Sie hätte auch liebend gern etwas mit ihm unternommen, aber solange sie ihm nichts von ihren Problemen erzählt hatte, lief sie Gefahr, dass ihn einer ihrer Panikanfälle unvorbereitet traf, das wollte sie auf keinen Fall riskieren.

      »Dann verschieben wir das auf ein anderes Mal.« Auch wenn sie seinem Blick auswich, spürte Pascal doch, dass er sie in eine unangenehme Lage gebracht hatte. Offensichtlich hatte Kendra ihm nichts vorgemacht, was Fenjas psychische Verfassung betraf. Da Fenja nicht erwähnt hatte, dass Kendra ihr von ihrem Cafébesuch gestern erzählt hatte, erwähnte er ihn auch nicht. So brachte er sich nicht in Gefahr, etwas Falsches zu sagen, das Fenja möglicherweise verletzt hätte. »Es wäre schön, wenn Sie mich anrufen, sobald Sie wieder mehr Zeit haben«, sagte er.

      »Das mache ich«, versicherte sie ihm.

      Vielleicht sollte ich noch hinzufügen, dass ich sie gern wieder besuche, sonst ruft sie mich möglicherweise gar nicht an, weil sie befürchtet, aus dem Haus gehen zu müssen, dachte Pascal, als er sie ansah. Er entschied sich aber dagegen, weil er sicher war, dass ihr dann klar war, dass er ihr Problem kannte, und dann würde sie sich erst recht unwohl fühlen. Als er sich zehn Minuten später von ihr verabschiedete, hoffte er, dass sie den Mut fand, sich wieder bei ihm zu melden.

      Kendra hat recht, ich werde mich nicht mehr mit ihm treffen. Ich schaffe es nicht einmal, einen Nachmittag mit ihm zu verbringen, dachte sie, als sie von der Haustür aus zuschaute, wie sein Wagen, ein dunkler Kombi, dessen Kofferraum genügend Platz für seinen Gleitschirm bot, aus ihrem Blickfeld verschwand. Sie hatte bereits vor einem Spaziergang, dessen Verlauf sie selbst hätte bestimmen können, kapituliert.

      »Bitte nicht«, stöhnte sie und warf die Haustür zu. Sie stützte sich mit beiden Händen gegen die Wand neben der Tür und versuchte, ruhig zu atmen. Irgendwie musste sie die aufsteigende Panik in den Griff bekommen. »Ich bin im Haus, alles ist gut, es kann mir nichts passieren«, sagte sie laut zu sich selbst und atmete tief ein und aus. Nachdem sie sich ein bisschen beruhigt hatte, kochte sie sich einen Baldriantee und ging