Wyatt Earp Staffel 12 – Western. William Mark D.. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark D.
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740969233
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den Mann, der hinterm Schreibtisch saß.

      Er mußte sehr groß sein, hatte breite Schultern und ein seltsam eindrucksvolles Gesicht, das von Wind und Wetter tief gebräunt war und etwas markant Männliches ausstrahlte.

      Das tiefschwarze dichte, wellige Haar war zurückgekämmt, und zwischen seinen weißen Zähnen hielt er eine große schwarze Zigarre. Er trug ein rotes Halstuch und eine glänzende schwarze Lederjacke.

      Seine ausdrucksvollen Hände hielten ein Schreiben in der Hand, das er eingehend studierte.

      Plötzlich und unerwartet blickte er über den Rand des Schreibens hinweg auf die beiden Männer, die der Sheriff hereingebracht hatte.

      Keiner von ihnen hatte auch nur eine Sekunde überlegt, wer dieser Mann sein könnte. Darüber gab es für sie keinen Zweifel.

      Dieser Mann war niemand anders als Wyatt Earp!

      Als er sie jetzt so ansah, empfanden die beiden jedoch etwas Grundverschiedenes.

      Jerry Clanton spürte den Blick des Marshals bis in die Nerven. Er wühlte sein Blut auf und ließ wilden Haß in ihm aufsteigen. Zugleich aber senkte der Blick des Missouriers etwas wie eine Vorahnung kommenden Unglücks in sein Gemüt.

      Ganz anders war es bei dem Mörder Jake Lead. Der forschende Blick aus den dunkelblauen Augen des Marshals jagte ihm eine panische Angst ein!

      Vor drei Jahren noch hatte er diesen Mann restlos bewundert, obgleich er ihn niemals gesehen hatte. Jede Nachricht, die in den Gazetten über Wyatt Earp erschien, hatte Jake ausgeschnitten und daheim in ein altes Buch geklebt. Immer und immer wieder hatte er sie abends beim Kerzenschein in seiner Dachkammer gelesen.

      Wyatt Earp! Der König der Western-Sheriffs.

      Jake Lead hatte einmal davon geträumt, auch ein solcher Sheriff zu werden. Ein Mann, vor dem sie alle zitterten. Daß es nur die Banditen waren, die vor dem großen Gesetzesmann zu zittern hatten, war ihm eigentlich niemals klargeworden.

      Und nun stand er vor ihm als Festgenommener. Hinter ihm stand der baumlange Luke Short, und rechts der Georgier. Jake hatte ihn bis jetzt noch nicht bemerkt; erst die dünnen Tabakswolken seiner Zigarette, die zu der Lampe auf dem Schreibtisch zogen, machten ihn auf den Spieler aufmerksam.

      Wyatt Earp und Doc Holliday – sie waren einmal seine großen Ideale gewesen!

      Ideale? Nein, Jake Lead wußte gar nicht, was ein Ideal war. Er hatte eigentlich nur davon geträumt, einmal so berühmt zu werden wie die beiden. Und gefürchtet von jedermann. Aber er hatte niemals begriffen, daß Wyatt Earp nicht so sehr ein gefürchteter, sondern vor allem ein geachteter Mann war.

      Obgleich Lead dem Marshal jetzt als Gesetzesübertreter gegenüberstand, war immer noch etwas von der früheren Verehrung für diesen Mann in ihm.

      Er vermochte den forschenden Blick des Marshals nicht zu ertragen, senkte den Kopf und blickte auf seine staubigen Stiefelspitzen.

      Plötzlich stieg die Erinnerung an die vergangene Nacht in ihm auf. Würgende Angst erfaßte ihn und wollte wie eine Eisenklammer nach seiner Kehle greifen. Wenn der Marshal auch nur den leisesten Wind von dieser Sache bekam, war es zu Ende!

      Es war einen Augenblick still in dem Office. Dann sagte Luke Short: »Das sind die beiden Burschen, Marshal.«

      Wyatt blickte Jerry Clanton an.

      »Wie heißen Sie?«

      »Mein Name ist Clanton«, sagte Jerry und blähte sich ordentlich dabei auf.

      »Vorname?« fragte der Marshal völlig unbeeindruckt.

      »Jerry.«

      Wyatt wandte sich sofort an Lead.

      Unaufgefordert spie er hervor: »Mein Name ist Leaven, William B. Leaven.«

      »Wo kommen Sie her, Mr. Leaven?«

      »Aus dem Norden. Ich wohne in einer kleinen Stadt unweit von Flaggstaff.«

      »Wie heißt die Stadt?«

      »Carlson City.«

      »Seit wann sind Sie in Tombstone?«

      »Seit heute.«

      Blitzschnell kam die nächste Frage, die den Verbrecher wie ein Keulenschlag traf: »Sind Sie über Fairbanks geritten?«

      »Nein.«

      Damned! Ich habe es zu schnell gesagt, hämmerte es im Hirn des Verbrechers. »Warten Sie, Fairbanks?« fragte er schnell. »Ich weiß nicht, vielleicht verwechsle ich den Namen. Wo liegt das?«

      Der Marshal überging die Frage und wandte sich an Jerry Clanton.

      »Es liegt eine Anzeige gegen Sie wegen grober und schwerer Körperverletzung vor, Jeremias Clanton.«

      »Ich ersuche Sie, Marshal, mich nicht Jeremias, sondern Jerry zu nennen.«

      Wyatt überging auch diesen Einwurf und stellte mit spröder Stimme fest: »Was haben Sie zu dieser Anklage zu sagen?«

      »Der Mann hat mich doch beleidigt.«

      »Inwiefern?« Hageldicht fielen die Fragen des Marshals.

      »Ich habe keinen Grund, im einzelnen zu erörtern, was der Kerl mir nachgerufen hat. Jedenfalls hat er mich beleidigt, und dafür habe ich ihn zurechtgewiesen.«

      »Zurechtgewiesen«, wiederholte der Marshal und lehnte sich im Stuhl zurück. »Ist das eine Art, einen dreiundsiebzigjährigen Mann zurechtzuweisen?«

      »Er hat mir nicht gesagt, daß er dreiundsiebzig ist.«

      »Sind Sie der Ansicht, Mr. Clanton, daß Ihnen jeder Mann sein Alter erst sagen muß, um zu erwarten, daß Sie ihn nicht verprügeln?«

      Jetzt mußte Jerry Clanton schlucken. Der Marshal hatte ihn in die Enge getrieben.

      Aber Wyatt hatte sich schon an Lead gewandt.

      »Mr. Leaven, was hat Sie veranlaßt, auf den Cowboy Jefferson zu schießen?«

      »Ich habe es dem Sheriff schon gesagt, Mister«, erklärte der Bandit. »Mr. Clanton war in Notwehr.«

      »In Notwehr? Wer hat denn sein Leben bedroht?«

      »Es waren drei Banditen, die hereinkamen.«

      »Die drei Männer sind Cowboys, Mr. Leaven«, belehrte ihn der Marshal. »Und soweit ich informiert bin, hatten sie die Absicht, Jeremias Clanton für das, was er mit dem alten Mann aufgestellt hatte, zur Rechenschaft zu ziehen. Welchem Richter wollen Sie erzählen, daß Clanton sich in Lebensgefahr befunden habe?«

      Lead senkte den Kopf und starrte wieder auf seine staubigen Stiefelspitzen. Dann stotterte er: »Ich weiß es nicht, Marshal. Jedenfalls glaubte ich, er befände sich in Lebensgefahr… sonst hätte ich niemals geschossen.«

      »Sind Sie immer so schnell mit der Waffe zur Hand, Mr. Leaven?«

      Heiße Angst stieg in dem Verbrecher auf. Hatte die Stimme des Marshals bei dieser Frage nicht einen besonders eigenartigen Klang gehabt? Mitten in dieser Angst schoß dem Banditen ein Gedanke durchs Hirn, den er sofort ausspuckte.

      »Ich weiß nicht, ob man Ihnen gesagt hat, daß der Mann, auf den ich geschossen habe, auch den Revolver gezogen hatte, Marshal!«

      Wyatt Earp hatte den Blick auf sein Gesicht geheftet.

      Jake Lead schluckte und sah zur Seite.

      »So, er hatte also auch einen Revolver gezogen?«

      »Ja, das hatte er. Ich hätte ja sonst nicht geschossen.«

      »Well, das wird untersucht werden.« Und ganz unvermittelt fragte der Marshal noch mal: »Und über Fair­banks sind Sie nicht gekommen?«

      »Nein…, das heißt, ich kenne die Stadt nicht.«

      Wyatt Earp stand auf, nahm seinen schwarzen Hut vom Wandhaken und setzte ihn sich auf.