Da sauste die Hand des Mannes klatschend in Croges’ Gesicht.
»Ich werde dich lehren, mit einem Clanton zu sprechen, Freund.«
Jerry packte ihn und stieß ihn in den Stuhl zurück.
Der Alte stürzte polternd damit zu Boden.
Im Eingang standen drei Männer: Carl Handrike, Joe Vlimmers und Irvin ›Ohio‹ Jefferson.
Die drei Männer trampten seit Wochen durch Arizona und suchten einen Job als Weidereiter. Sie waren heute erst in die Stadt gekommen, hatten sich in der Allenstreet umgesehen und dabei höchstwahrscheinlich festgestellt, daß die Saloons für sie da unten zu teuer waren. Aus diesem Grund fanden sie sich jetzt hier in der Fremontstreet in der kleinen Schenke Rod Millers ein.
Verblüfft hatten die drei handfesten Figuren mit angesehen, wie der junge Clanton den Alten mißhandelte. Verblüfft deshalb, weil niemand in der Schenke Anstalten machte, dem alten Mann beizustehen.
Handrike blickte seinen Kameraden Vlimmers an und marschierte dann vorwärts.
»He, Brother«, rief er Jerry Clanton zu.
Der wandte sich um und maß ihn mit einem verächtlichen Blick.
»Was gibt’s?«
»Das war ja eine Heldentat, die wir eben beobachtet haben.«
Eine fahle Blässe überzog das Gesicht Jerry Clantons.
»Schätze, daß das meine Sache ist.«
»Ganz und gar nicht, Brother. Wir haben nämlich etwas gegen Leute, die alte Großväter verprügeln wollen.«
Da trat Jerry rasch auf Handrike zu, hob die rechte Hand zum Schlag, was jedoch eine Finte war, setzte mit der Linken blitzschnell nach und hieb Handrike einen krachenden Faustschlag an die Kinnlade, der den Mann umwarf.
Vlimmers wich geschickt zur Seite und stürmte Jerry dann entgegen. Aber er hatte Pech. Ein furchtbarer Schlag erwischte seine Nasenspitze und trieb ihm das Wasser in die Augen. Er torkelte zurück und trat dem Ohio Man auf die Füße.
Aber Irvin Jefferson war nicht der Mann, dem tatenlos zuzusehen. Er riß seinen Revolver aus dem Halfter und stieß ihn nach vorn.
Er hatte nicht mit Jake Lead gerechnet.
Der hatte seine Waffe schon in der Hand und drückte ab.
Die Kugel traf den Ohio Man rechts oben in der Brust und wirbelte ihn mehrmals um seine eigene Achse, ehe sie ihn im Eingang niederriß.
Jerry Clanton, der den Angriff des Ohio Man nicht mehr hätte parieren können, blickte sich nach Lead um.
»Thanks, Mister.«
Lead feixte ihm zu.
Zusammen verließen die beiden die Schenke.
»Ich glaube, wir sollten uns jetzt etwas beeilen«, meinte Lead.
»Weshalb?«
»Weil es nicht sehr lange dauern wird, bis die Wölfe auftauchen.«
»Wyatt Earp? Oder Luke Short?« Jerry Clanton lachte blechern auf. »Ich habe keine Angst vor ihnen. Sollen sie nur kommen! Ich bin nicht umsonst hierher nach Tombstone geritten. Mein erster Weg galt dem Graveyard. Da liegt mein Vetter Billy seit Jahren unter einem eingefallenen Erdhügel. Die Earps haben ihn da hingeschafft.«
Sie gingen am O.K. Corral vorbei auf die Zweite Straße zu und näherten sich der Allenstreet, wo sie in Humpys Bar verschwanden.
Es dauerte nicht ganz zwanzig Minuten, da flog vorne die Tür von Humpys Bar auf. Und ein riesiger Mann von gewiß acht Fuß Länge füllte den Eingang aus.
Er trug einen weißen Stetson, hatte blauschwarzes Haar und ein tiefbraunes kantiges Gesicht, das von einem schimmernden, smaragdfarbenen Augenpaar beherrscht wurde.
Luke Short! Trotz der Kühle, die der Dezembertag mit sich brachte, trug er auch jetzt weder Jacke noch Weste. Auf seinem roten Hemd links blinkte der große sechszackige Sheriffsstern, den einst Morgan Earp getragen hatte. Tief im Kreuzgurt, mit den Knaufenden nach vorn, steckten zwei große rote Revolver.
Der Texaner warf einen kurzen Blick über den Schankraum und ging dann vorwärts. Er hatte Jerry Clanton entdeckt.
Mir raschen Schritten ging er auf ihn zu und blieb vor seinem Tisch stehen. Er hatte auch Lead gesehen, ohne ihn aber eines Blickes zu würdigen.
»Sie sind Jerry Clanton?«
Der Mann warf den Kopf ins Genick und blickte den Sheriff trotzig an. »Ja. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«
»Das ist noch nicht heraus, Clanton. Stehen Sie auf.«
»Was wollen Sie von mir, Sheriff?« knurrte Jerry.
»Das werden Sie schon erfahren.«
Jerry Clantons Gesicht wurde hart wie Felsstein. Und als er jetzt sprach, hörte es sich an wie Metallstücke, die aufeinander fielen.
»Hören Sie, Short, mein Name ist Clanton.«
»Ja, das weiß ich. Und das genügt mir auch. Kommen Sie mit.«
»Wohin?«
»Ins Office.«
»Was wollen Sie da von mir?«
»Ich habe Ihnen gesagt, das werden Sie da erfahren. Entweder kommen Sie jetzt freiwillig mit, oder ich trage Sie hinüber.«
Jake Lead hatte versucht, sich unbemerkt vom Tisch zu erheben.
Da schnellte ihm plötzlich die lange Linke des Texaners nach, packte ihm an Kragen und schob ihn nach vorn neben Clantons Stuhl.
»Und Sie kommen auch mit.«
»Was wollen Sie denn von mir?«
»Sie haben den Schuß abgegeben.«
»Aber das war doch Notwehr.«
»Waren Sie in Not?« fragte der Texaner rasch.
»Aber Mr. Clanton war in Not.«
»Eben, das wird sich auf dem Office herausstellen!«
Luke Short forderte Jerry noch einmal auf, mitzukommen.
Der aber blieb auf seinem Stuhl hocken und dachte nicht daran, sich zu erheben.
Da packte der Texaner ihn am Kragen, zerrte ihn hoch und schob ihm mitsamt Jake Lead vor sich her aus der Kneipe.
Als sie auf der Straße waren, machte Jerry Clanton sich los.
»Hören Sie, Sheriff! Sie haben kein Recht, mich so anzufassen. Und ich lasse es mir nicht gefallen…«
»Halt die Klappe, Boy. Und sieh, daß du weiterkommst, sonst mache ich dir Beine.«
Es war ein harter Sheriff, der herkulisch gebaute Mann aus Texas. Und einen solchen Sheriff brauchte das wilde Tombstone wie die Luft zum Atmen.
Jake Lead wußte, daß er wieder einmal das Schicksalsrad in die falsche Richtung gedreht hatte.
Als sie das Office erreicht hatten, blieb er plötzlich stehen, duckte sich nieder und rannte mit zwei raschen Schritten vorwärts, um die Straßenecke zu gewinnen.
Da aber hatte er sich in dem Texaner verrechnet.
Short hatte ihn mit wenigen Schritten eingeholt, packte ihn, riß ihn herum und schleuderte ihn vor sich her über den Vorbau dem Office entgegen.
Jerry Clanton stand vor der Tür. Er hatte sich nicht von der Stelle gerührt.
Verblüfft blickte er den Sheriff an.
»Sie haben ziemlich rauhe Manieren, Sheriff!«
»Und Sie reden zuviel!«